Digitaltrainer Daniel Wolff

Was Kinder am Handy und im Internet wirklich erleben

Stand

Daniel Wolff ist Gymnasiallehrer und Vater. Er gibt Tipps für den Umgang von Kindern und Jugendlichen mit Smartphones. Und er weiß, wie Eltern dabei am besten unterstützen können.

Wenn Eltern ihren Kindern ein Smartphone geben, ist das ein lebensverändernder Moment. Vor allem jüngere Kinder müssen wir am Anfang ganz, ganz intensiv begleiten.

Digitaltrainer Daniel Wolff lacht in die Kamera.

Kinder und Handys: Das solltet ihr wissen | Daniel Wolff | Digitaltrainer

Instagram, YouTube, WhatsApp: die Medienwelt von Kindern

Schon Babys und Kleinkinder greifen fasziniert nach den Smartphones der Eltern. Bildschirm und Haptik der Geräte scheinen auf Kinder eine magische Anziehungskraft auszuüben. Sie wachsen heute als "Digital Natives" wie selbstverständlich mit den digitalen Endgeräten auf und konsumieren die Inhalte dieser kleinen Alleskönner oft ziemlich unkritisch. Digitaltranier Daniel Wolff kritisiert, dass wir mit einem falschen Blickwinkel auf den Medienkonsum von Kindern und Jugendlichen schauen:

Wir müssen viel mehr darüber reden, was macht Social Media mit den Kindern? Wie fühlt sich ein 8-Jähriger, der zum ersten Mal auf die dunklen Seite von YouTube schaut? Wie fühlt sich eine 11-Jährige alleine auf Instagram? Das sind für mich die viel wichtigeren Themen.

Baden-Württemberg

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Eltern unterschätzen oft die Macht der Handys

Später dann sitzen Social Media, Influencer und Co. mit der Familie am Esstisch, oft haben Influencer mehr Zugang zu den Kindern als die eigenen Eltern. Die unterschätzen oft die Macht der Handys auf ihre Kinder. Extreme Inhalte mit Mobbing, Abzocke bis hin zu Pornographie und Rassismus, denen Kinder dann oft ziemlich schutzlos ausgeliefert sind, ohne dass die Eltern etwas mitbekommen, sind keine Seltenheit.

Wir wissen, ein Großteil des Internet-Verkehrs ist Pornographie. Es gibt 200 Millionen Hardcore-Porno-Seiten. Und jeder, der sagt 'Wir hatten damals ja auch den Playboy', hat keine Ahnung, was den Kindern heute zur Verfügung steht.

Was erleben Kinder in den sozialen Medien? 

Hardcore-Pornographie, Videos von realer Gewalt bis hin zu Hinrichtungen – Kinder und Jugendliche sind mit den Ängsten und Belastungen, die das auslöst, allein gelassen. Denn darüber mit den Eltern zu sprechen hieße: Gefahr laufen, das Handy zu verlieren.

Natürlich sehen die Kinder nicht dauernd nur schlechte Dinge, aber: Die werden eingestreut. Besonders nachts schaffen es die Algorithmen der sozialen Medien, die Kinder wach zu halten, indem sie immer mal wieder etwas Krasses einstreuen. Und dann sehen die Kinder plötzlich Dinge, die Erwachsene auf denselben Apps nie zu sehen kriegen.

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Pornographie, Gewalt und Mobbing im Netz - was tun?

Innerhalb von nur wenigen Stunden Nutzung erkenne der Algorithmus die Präferenzen der Kinder und verwandle das Angebot in ein "Feuerwerk der Sensationen", das exakt auf den persönlichen Geschmack zugeschnitten sei. Kein Wunder, dass Kinder und Jugendliche dann nachts stundenlang am Smartphone hingen, mit der Folge von massivem Schlafmangel.

Wenn ich frage 'wer hat [am Smartphone] schon mal die Nacht durchgemacht', dann melden sich in der Grundschule einzelne. Ab der 5./6. Klasse eine Handvoll,  ab den 7./8. Klassen 20 bis 40 Prozent.

Bei den besonders beliebten Klassenchats gehe es gerade nachts noch heftiger zu als tagsüber. Inklusive Mobbing. Daniel Wolff hat einen wichtigen Tipp für Eltern, wenn sie mitbekommen, dass ihr Kind online gemobbt wird. Die erste Reaktion sollte nicht Wut und Entsetzen sein: 

Nehmt Euer Kind in den Arm und sagt zu ihm: 'Hör zu, Du bist das beste Kind der Welt! Ich liebe Dich und Du und ich, wir halten jetzt zusammen, bis wir zwei dieses Problem aus der Welt geschafft haben.' Weil: Ihr Kind braucht jetzt nicht Ihre Angst und Wut, sondern Ihre volle Unterstützung. Ihr Kind hat selbst Angst und Wut genug gehabt in den letzten Wochen.

Und noch einen weiteren, wichtigen Tipp gibt Daniel Wolff den Eltern mit: Den Kindern sagen, dass man ihnen das Smartphone nicht wegnimmt, egal mit welchem Erlebnis sie zu einem kommen. Nur so würden die Kinder sich trauen, schlimme Dinge, die sie im Internet sehen, mit den Eltern zu besprechen. 

Heilbronn

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Was macht exzessive Internet-Nutzung mit Kindern und Jugendlichen?

Die Jim-Studie aus Baden-Württemberg hat gezeigt: Jugendliche aus Deutschland zwischen 12 und 19 sind im Schnitt pro Tag 213 Minuten am Smartphone. Daniel Wolff findet es allerdings wichtig, auch noch alle anderen digitalen Medien im Haushalt dazu zu zählen: Spiele-Konsole, Tablet, Computer und den Streaming-fähigen Fernseher.

Das ergebe dann eine tägliche Internet-Nutzung von sechseinhalb Stunden. Augenfällig wird diese Zahl, wenn man sie mit den Schulstunden der Jugendlichen vergleicht. 

Der durchschnittliche deutsche Jugendliche ist mehr am Smartphone als im Schulunterricht und insgesamt täglich doppelt so lange im Internet wie in der Schule.

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Nachts im Internet: Kinder als Zielscheibe sozialer Medien

Gerade die häufige nächtliche Nutzung der sozialen Medien sei besonders problematisch, sagt Daniel Wolff. Die Kinder und Jugendlichen würden nachts regelrecht eintauchen in einen "Ozean Internet". Und von den Betreibern der Social Media Plattformen möglichst lange dort gehalten werden, denn damit verdienten sie ihr Geld. Die Algorithmen befeuerten sie regelrecht mit Dingen, die auf sie zugeschnitten sind, sagt Wolff. Die Folge:

Kinder sind erschöpft, apatisch, oft auch aggressiv, weil sie zu wenig geschlafen haben. Vor allem aber fällt mir auf, dass sie resignieren.

Baden-Württemberg

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Tipps vom Digitaltrainer und Vater für Eltern und Kinder

Digitaltrainer Daniel Wolff gibt Workshops, u.a. in Schulen in ganz Deutschland. Er ist selbst Vater von drei, inzwischen erwachsenen, Kindern und weiß, dass auch er in deren Jugend viele Fehler im Umgang mit sozialen Medien gemacht hat.

Diese Erfahrung will er jetzt weitergeben. Und auch zeigen, dass Eltern sich auseinander setzen müssen mit der nächsten großen Entwicklung, mit denen Kinder und Jugendliche jetzt schon im Netz konfrontiert sind: künstliche Intelligenz.

Wenn im Silicon Valley irgend jemand einen Schalter umlegt – wie zum Beispiel WhatsApp, das hat jetzt eine KI eingebaut – wird das weltweit an Milliarden Nutzer ausgespielt, auch an Kinder. Und plötzlich haben 8-Jährige eine KI. Über diese Dinge müssen wir unbedingt sprechen. [...] Da kann nicht schnell ein Schulbuch gedruckt werden. Deshalb brauchen wir jemanden, der schnell auf Themen reagieren kann, die in der digitalen Welt wichtig sind für Kinder und Jugendliche.

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