Frau schaut auf ihr Handy.

Gespräch

Was mit unserer Aufmerksamkeit passiert, wenn ein Smartphone griffbereit ist

Stand
Interview
Jeanette Skowronek
Moderator/in
Jochen Steiner
Jochen Steiner, SWR Kultur Moderator
Onlinefassung
Elisabeth Theodoropoulos

Das Smartphone ist für die meisten nicht mehr aus ihrem Alltag wegzudenken. Eine Studie der Uni Paderborn hat untersucht, ob auch ausgeschaltete Smartphones unsere Konzentration beeinflussen.

SWR2 Impuls Moderator Jochen Steiner im Gespräch mit Janette Skowronek, Doktorandin der Psychologie, die an der Studie mitgearbeitet hat.

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Unsere Aufmerksamkeitsressourcen sind begrenzt

Jochen Steiner, SWR: Dass mein Handy mich ablenkt, wenn es eingeschaltet neben mir liegt, das leuchtet mir ein. Aber warum lenkt es mich auch ab, wenn es ausgeschaltet ist?

Jeanette Skowronek: Vereinfacht gesagt ist es so, dass wir nur begrenzte Aufmerksamkeitsressourcen haben und wir aktiv entscheiden, welchen Gegenständen oder welchen Reizen wir Aufmerksamkeit geben und welchen nicht. Das Smartphone ist dabei ein dauerhafter Reiz von außen, der diesen Prozess stört.

Und das Besondere an dem Smartphone ist, dass wir bei anderen Gegenständen, wie zum Beispiel einer Tasse, das nicht dauerhaft unterdrücken müssen. Da schafft das Gehirn das sozusagen automatisch, das zu unterdrücken. Aber wir haben jetzt festgestellt, dass es bei dem Smartphone nicht so ist, also dass das Smartphone dauerhaft Ressourcen nimmt.

Kette aus Menschen, die alle in ihre Smartphones schauen.
Das Smartphone fordert durchgehend unsere Aufmerksamkeit.

Konzentrationstest mit und ohne Smartphone neben sich durchgeführt

Jochen Steiner, SWR: Wie haben Sie das untersucht?

Jeanette Skowronek: Wir hatten eine Gruppe an Personen, die einen Konzentrationstest gemacht hat, wo das Smartphone ausgeschaltet neben ihnen lag, und der Bildschirm war auch abgedeckt. Die andere Gruppe hat genau den gleichen Konzentrationstest gemacht, konnte das Smartphone aber aus dem Raum rauslegen. Dann konnten wir die Werte der beiden Konzentrationstest miteinander vergleichen. Insgesamt haben 42 Menschen mitgemacht.

Jochen Steiner, SWR: Das sind nicht so viel. Aber trotzdem würden Sie sagen, dass die Ergebnisse ein Stück weit repräsentativ sind?

Jeanette Skowronek: Man muss auf jeden Fall bedenken, dass es eine kleine Stichprobe ist. Aber trotzdem zeigt die Studie, dass da auf jeden Fall Effekte sind und das Smartphone also einen Einfluss auf uns hat. Trotzdem sollte da weiter dran geforscht werden.

Junger Mann sitzt vor Computer und führt Konzentrationstest durch.
Die Teilnehmenden der Studie haben einen Konzentrationstest durchgeführt, dabei lag ihr Smartphone ausgeschaltet neben ihnen. Die Kontrollgruppe hat den Konzentrationstest ebenfalls durchgeführt, aber ihr Smartphone war in einem anderen Raum.

Teilnehmende mit Smartphone neben sich haben signifikant schlechter abgeschnitten

Jochen Steiner, SWR: Können Sie die Ergebnisse noch mal kurz zusammenfassen?

Jeanette Skowronek: Wir konnten zeigen, dass das ausgeschaltete Smartphone negative Einflüsse auf die Konzentration hat. Also, dass die Personen, die das Smartphone neben sich hatten, um einiges schlechter abgeschnitten haben im Vergleich zu den Personen mit dem Smartphone, welches im anderen Raum lag.

Und das Besondere an unserer Studie ist, dass wir zeigen konnten, dass auch einfachere und alltägliche Aufgaben von der Anwesenheit des Smartphones negativ beeinflusst werden. In der Studie waren es Aufgaben, bei denen man nur nach Zeichen schauen sollte, um diese dann weg zu streichen. Eine eigentlich simple Aufgabe, auf die das Smartphone trotzdem schon einen negativen Einfluss hatte.

Smartphone als dauerhafter Störfaktor für Informationsverarbeitung

Jochen Steiner, SWR: Können Sie mir erklären, was da in unserem Gehirn abläuft? Wenn ich weiß, das Smartphone ist ausgeschaltet, liegt neben mir, und trotzdem kann ich mich nicht so gut konzentrieren.

Jeanette Skowronek: Sie müssen sich das so vorstellen, dass wir aktiv auswählen müssen, welchen Reizen wir Beachtung schenken. Und dafür brauchen wir die sogenannten exekutiven Funktionen. Also das ist ein Bereich in unserem Gehirn, der uns hilft, zu planen und auch spontane Impulse zu unterdrücken.

Das Smartphone ist dabei ein dauerhafter äußerer Reiz, ein dauerhafter Störfaktor, der in diesem Prozess Ressourcen oder Kapazitäten im Gehirn nimmt. Und wichtig dabei ist auch noch zu wissen, dass diese Kapazitäten nur begrenzt sind. Und wenn das Smartphone, das dann nimmt, dann haben wir nicht mehr genug Kapazitäten, um uns auf andere Dinge zu konzentrieren, um Aufgaben zu lösen. Und dadurch wird unsere Leistung dann schlechter.

Person schaut auf ihr Smartphone, im Hintergrund kommt eine Straßenbahn.
Durch das Smartphone wird unsere Informationsverarbeitung gestört.

Smartphone in anderen Raum legen hilft

Jochen Steiner, SWR: Ist es dann ausreichend, dass Smartphone in einen anderen Raum zu legen, in dem man nicht arbeitet?

Jeanette Skowronek: Ja, wir konnten zeigen, dass das ausreicht. Andere Studien zeigen, dass das eingeschaltete Smartphone dann immer noch ablenkt, besonders wenn es klingelt. Das hat auch einen starken Einfluss. Aber das ausgeschaltete Smartphone rauslegen reicht, um diesem Effekt entgegenzuwirken.

Jochen Steiner, SWR: Haben Sie vor in der Zukunft weiter daran zu forschen?

Jeanette Skowronek: Ja. Es gibt jetzt grobe Pläne, dass wir hier in der Arbeitsgruppe weiterforschen möchten, wie sich Digitalisierung und digitale Geräte auf kognitive und sozioemotionale Bereiche auswirken. Hier würden wir gern eine große Altersspanne untersuchen, also den Einfluss auf Kinder bis hin zu Erwachsenen, weil es auch alle betrifft.

Gast in Restaurant legt sein Handy weg, um während des Essens auf sein Handy zu verzichten.
Wenn man sein Handy bewusst in einen anderen Raum weglegt, hat das einen positiven Einfluss auf unsere Aufmerksamkeitskapazität.

Jochen Steiner, SWR: Also wer produktiv und konzentriert arbeiten will, der sollte sein Handy ausschalten und in einen anderen Raum legen, sagt die Psychologin Janette Skowronek von der Uni Paderborn. Sie hat mit Kolleginnen und Kollegen herausgefunden, dass uns auch ein ausgeschaltetes Handy ablenkt, wenn es neben uns liegt.

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