Psychologin Elisabeth Raffauf

Die Ängste der Jugend: Wie wir unseren Kindern helfen, mutig in die Welt zu gehen

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Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen
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Moderator Torsten Helber aus dem SWR1 Team. Zu hören unter anderem im Musik Klub Country oder in SWR1 Die Nacht.

Krisen, Krieg, Klimawandel und die grundsätzlichen Herausforderungen des Lebens: Kinder und Jugendliche haben Angst. Wie wir sie ermutigen und ihnen helfen können, verrät Psychologin Elisabeth Raffauf.

Psychologin Elisabeth Raffauf schaut in die Kamera. Sie verrät, wie wir unseren Kindern helfen, mutig in die Welt zu gehen.

Das sind die Ängste der Jugend | Elisabeth Raffauf | Psychologin

Kinder machen nach, was Erwachsene vormachen.

Krisen, Krieg, Klimawandel: Die Jugend hat Angst!

Der Wunsch mancher Eltern, ihre Kinder in einer "heilen Welt" aufwachsen zu lassen, ist verständlich. Aber: "das geht nicht", sagt Psychologin Elisabeth Raffauf. Kinder spüren, wenn Mama oder Papa unsicher sind oder selbst Angst haben und bekommen viel über den Krieg, den Klimawandel oder Politik aus ihrem Umfeld mit.

Kinder haben Angst vor dem Rechtsruck. Kinder sagen, sie haben Angst, dass 'ich oder einer meiner Freunde ausgewiesen wird'. Aber es gibt auch Jugendliche, die sagen: 'Ich habe Angst vor zu vielen Fremden'. Es gibt beides und wir müssen beides im Blick haben und über beides sprechen.

Als Psychologin ist Elisabeth Raffauf regelmäßig mit Kindern und Jugendlichen im Gespräch und weiß, wie Kinder die Sorgen der Eltern übernehmen. Sprechen Eltern zum Beispiel oft darüber, ob sie genug Geld verdienen oder ihren Job behalten, reagieren Kinder darauf.

Jüngere Kinder sagen dann: 'Ich glaub, ich geb meiner Mama ein bisschen von meinem Taschengeld, damit die genug Geld hat'.

So könnt ihr als Eltern euren Kindern helfen

Die Pandemie war schon herausfordernd und für die Jüngsten der Gesellschaft vielleicht etwas schwieriger zu meistern. Aktuell bedrückt sie der Krieg in Europa und die generelle Sorge, die grundsätzlichen Herausforderungen im Leben nicht zu schaffen.

Wichtig für Eltern sei es, ein Vertrauensverhältnis zu ihren Kindern aufzubauen. Die Kinder sollen wissen: Wenn sie eine Frage haben, werden sie nicht ausgelacht und ernst genommen. Wenn sie traurig sind, werden sie getröstet und in jedem Fall werden sie respektiert. Alle Gefühle seien menschlich und in Ordnung, so Raffauf. Auch Wut, Trauer oder Ängste haben ihren Platz und es ist gut darüber zu sprechen.

Es kann auch Situationen geben, in denen das Kind nicht mit den Eltern sprechen möchte. In diesem Fall rät Raffauf dazu, zu überlegen, wie Eltern den Weg zu anderen Vertrauenspersonen frei machen können. Das Kind könnte zum Beispiel mit Vertrauenslehrer:innen, Verwandten oder, wenn es ganz schwierig ist, auch Psycholog:innen sprechen.

Was tun, wenn es meinem Kind nicht gut geht?

Wer merkt, dass es seinem Kind nicht gut geht oder es sich irgendwie verändert, sollte es ganz normal ansprechen, rät die Expertin. Möchte das Kind zum Beispiel nicht mehr essen, nicht mehr in die Schule gehen, schläft schlecht oder hat oft Bauchschmerzen, ist der erste Schritt zu fragen: "Wie geht’s dir? Das und das fällt mir auf. Was läuft bei dir?"

Der Satz "Du brauchst keine Angst haben" soll ein Kind beruhigen, helfe aber eigentlich nicht. Denn wenn das Kind Angst fühlt, wird diese durch den Satz nicht genommen. Deswegen sei es erstmal gut, zu fragen, woher die Angst kommt, rät Raffauf.

Die Psychologin erwähnt das Beispiel einer Mutter, die sagt, ihr Kind habe Angst, alleine auf einer bestimmten Straße zu gehen. Sie sage ihrem Kind "das kannst du doch". Das stimme vielleicht aus Sicht der Mutter, aber interessant sei doch erstmal zu verstehen, warum das Kind dort nicht laufen möchte, so Raffauf. Vielleicht gab es mal eine schlechte Erfahrung oder es besteht die Sehnsucht, dass noch jemand mitkommt. Darüber sollte man sprechen und gemeinsam überlegen, wie das Kind sicherer gemacht werden kann, damit es das Gefühl hat, dort laufen zu können.

Es ist wichtig, dass Kinder von uns Herausforderungen kriegen und wir ihnen nicht alles abnehmen. Aber gleichzeitig ist es wichtig, Ängste ernst zu nehmen und zu verstehen, woher eine Angst kommt.

Entspannter leben: Perfektion ist lebensfeindlich

"Perfektion ist lebensfeindlich" und "gut ist gut genug" sind zwei Sätze aus dem Buch von Elisabeth Raffauf. Das sei auch für Eltern wichtig, die das Gefühl haben, sie müssten als Eltern alles richtig und perfekt machen, meint die Psychologin. Das übertrage sich auch auf die Kinder und der Leistungsdruck in der Schule, alles richtig machen zu müssen, nehme zu. Es sei dann umso wichtiger, Kindern zu vermitteln: Fehler sind erlaubt. Und viele Fehler lassen sich korrigieren. Auch das sollten Kinder lernen.

Fehler sind wichtig. An Fehlern lernen wir. Wir wollen Kindern beibringen, wie man gut mit Fehlern umgeht.