Deutschland ist wiedervereinigt und orientiert sich neu - auch international. 10 Jahre nach dem Mauerfall beteiligt sich die Bundesrepublik erstmals an einem militärischen Kampfeinsatz.
25.4. bis 11.5.1983 "Stern" veröffentlicht angebliche Hitler-Tagebücher
25.4. bis 11.5.1983 | Am 25. April 1983 lädt der "Stern" zu einer internationalen Pressekonferenz und verkündet: Bislang unbekannte Tagebücher Adolf Hitlers seien aufgetaucht und der "Stern" werde sie jetzt veröffentlichen. Die Tagebücher würden bereits 1932, vor Hitlers Machtübernahme, beginnen, die letzten Aufzeichnungen stammten von Mitte April 1945, also kurz vor Hitlers Tod. An diesen Tagebüchern gibt es von Anfang an Zweifel – allerdings nicht beim Chefredakteur des "Stern", Peter Koch, der auf der Pressekonferenz die sorgfältigen Prüfungen durch seine Redaktion betont. Hier zu hören sind Berichte von jenem 25. April bis zum 11. Mai 1983, als nicht nur die Tagebücher als Fälschung entlarvt sind, sondern auch der Name des Fälschers bekannt wird.
19.10.1986 / 1995 Blick hinter die Kulissen des Verkehrswarnfunks
19.10.1986 / 1995 | Hören Sie zum Thema Verkehrsfunk im Archivradio zunächst ein Interview mit dem Erfinder des Verkehrsfunk-Signals, Werner Hinz, aus dem Jahr 1995. Er erklärt, wie der Verkehrsfunk entstanden ist.
Darauf folgt ein Gespräch mit dem Leiter der Redaktion "Auto und Verkehr", Hermann Orgeldinger und dem Leiter des Lagezentrums im Landespolizeipräsidium Karl Tränkle vom 19.10.1986. Sie geben einen akustischen Einblick hinter die Kulissen des Verkehrswarnfunks.
Januar 1990 Stasi-Mitarbeiter installieren eine Wanze in einer Wohnung
Januar 1990 | Die Aufnahme ist "typisch Stasi": Die Kontrolle der Staatsorgane geht so weit, dass man sich beim Installieren von Abhörmikrofonen selbst abhört. Bemerkenswert auch: Die Aufnahme stammt aus der HVA, also der Abteilung für Auslandsspionage. Das könnte ein Hinweis darauf sein, dass diese Wanze in einem Bundesrepublikanischen Haus installiert wurde. Laut Erschließungsakte wird das Band auf Januar 1990 datiert. Also aus der Zeit nach dem Mauerfall, das zeigt, dass der Auslandsgeheimdienst der Stasi bis zur Wiedervereinigung weiter aktiv war.
Die Aufnahme besteht praktisch nur aus Geräuschen. Am Anhang hört man noch eine Stimme, ansonsten nur, wie verschiedene Frequenzbereiche und Kanäle getestet werden. Im Original enthält diese Aufnahme auch einige Stellen, wo ein Agent und eine Agentin sich unterhalten und am Schluss sogar eine – vermutlich – Vase zertrümmern. Diese Passagen dürfen wir aus Gründen des Persönlichkeitsrechts nicht veröffentlichen.
15.1.1990 Ansturm auf Stasi-Zentrale in Ostberlin
15.1.1990 | Nach der Stürmung der Stasi-Gebäude in Erfurt, in Leipzig, Suhl und Rostock ist am 15. Januar 1990 auch die Zentrale in Ostberlin dran. Es ist der Höhepunkt der Proteste. Wütende Bürgerinnen und Bürger stürmen die Zentrale in der Normannenstraße. Die Besetzung eskaliert.
11.2.1990 Mandelas berühmte Rede nach seiner Freilassung
11.2.1990 | Eine Stunde nach seiner Freilassung am 11. Februar 1990 aus dem Gefängnis bei Kapstadt spricht Nelson Mandela (18.7.1918 - 5.12.2013) in Anzug und Krawatte zu seinen Anhängern. Er streckt erst eine, dann beide Fäuste in die Luft. „Ich stehe hier nicht als Prophet, sondern als euer bescheidener Diener.“ So beginnt er seine Rede. Die Apartheid habe keine Zukunft, erklärt er und appelliert an die weißen Mitbürger, sich am Aufbau eines neuen Südafrikas zu beteiligen. Doch bevor er seine Rede beginnen kann, wird er zunächst zwei Minuten lang begeisternd begrüßt.
12.2.1990 Arved Fuchs und Reinhold Messner haben Antarktis durchquert
12.2.1990 | Reinhold Messner und Arved Fuchs haben es geschafft. Sie sind die ersten Menschen, die die Antarktis zu Fuß über den Südpol durchquert haben. 2700 Kilometer haben sie weitgehend ohne technische Hilfsmittel durchs Ewige Eis zurückgelegt, als sie am 12. Februar 1980 die McMurdo-Bucht erreichen. Nur auf dem letzten Stück hatten sie Gleitschirme benutzt, die sie und ihre Schlitten kräftig voranbrachten. Zwei Tage später läuft auf SDR1 dieses Interview mit Arved Fuchs.
25.4.1990 Attentat auf Oskar Lafontaine
25.4.1990 | Oskar Lafontaine ist im Jahr der Wiedervereinigung Kanzlerkandidat der SPD. Im April 1990 ist allerdings noch nicht klar, dass es bereits im Dezember gesamtdeutsche Wahlen geben würde. Lafontaine kämpft vor allem im Westen. Am 25. April greift ihn eine Frau auf einer Veranstaltung an und sticht ihm in den Hals.
25.4.1990 Hubble-Weltraumteleskop wird ins All gebracht
April 1990 | Die Errichtung des Hubble-Weltraumteleskops ist 1990 ein großer Meilenstein für die Astronomie. Fast so revolutionär wie die Entdeckung des Teleskops selbst vor 400 Jahren durch Galileo Galilei: In die Sterne gucken ohne eine störende Erdatmosphäre dazwischen, die den Blick trübt – das war das Ziel. Das Weltraumteleskop hat seitdem nicht nur viele schöne scharfe Bilder aus den Tiefen des Weltalls geliefert, sondern auch Erkenntnisse über die Expansion des Universums, über Schwarze Löcher und darüber, wie sich Galaxien entwickeln und wie sie mit anderen Galaxien kollidieren. Im April 1990 wird das Hubble-Teleskop mit einem Space Shuttle 600 Kilometer hoch ins All gebracht und soll am 25. April in Betrieb genommen werden. Von der NASA in Washington berichtet USA-Korrespondent Michael Heine.
6.6.1990 Ältestes Angela-Merkel-Interview im SWR Archiv: DDR-Regierungssprecherin unter Lothar de Maizière
6.6.1990 | Vor der Wiedervereinigung war Angela Merkel Regierungssprecherin (zunächst stellv.) unter dem DDR-Ministerpräsidenten Lothar de Maizière. Das älteste Interview mit ihr im SWR-Archiv stammt vom 6.6.1990. Darin äußert sie sich zu Presseberichten, wonach die DDR-Regierung angeblich noch kurz vor der Wiedervereinigung eine Verfassungsänderung plane. Merkel weist das zurück und spricht lediglich von einem „Verfassungsgrundsätzegesetz“, das offenbar für Irritationen gesorgt habe. Das diene aber lediglich dazu, die Wiedervereinigung überhaupt erst möglich zu machen. Angela Merkels Laufbahn in Tonaufnahmen: http://swr.li/merkel
1.7.1990 D-Mark für die DDR: Stunde Null auf dem Alexanderplatz
1.7.1990 | Mit dem Juli kommt die Währungsunion. Eine Filiale der Deutschen Bank am Alexanderplatz gibt schon um Mitternacht die ersten DM-Scheine aus. Der Andrang ist groß. Es gibt Tumulte. Im Getümmel werden Menschen ohnmächtig und verletzt. Wer nicht an den Schalter kommt, ist sauer. Wer schon die D-Mark in der Tasche hat, singt und feiert auf dem Platz die Nacht der Währungsunion.
Aber nicht jedem ist nach Feiern zumute. Konrad Weiß, Mitglied der Bürgerrechtsbewegung und Regisseur, kommt in Südfunk Aktuell zu Wort. Er findet, die Währungsunion komme zu schnell und die ideellen Werte der Bewegung würden vergessen.
Ereignisse in chronologischer Reihenfolge
2.8.1990 Beginn des Zweiten Golfkriegs
Am 2. August 1990 marschieren irakische Truppen auf Befehl von Machthaber Saddam Hussein im Nachbarland Kuwait ein. Damit beginnt eine Eskalation, die in den sogenannten Zweiten Golfkrieg mündet, der manchmal auch als Erster Irak-Krieg bezeichnet wird.
31.8.1990 Der Einigungsvertrag
31.8.1990 | Der Wille war da, aber es der Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der DDR war kein Selbstläufer. Es wurde gerungen und brauchte einige Anläufe, bis die Wiedervereinigung schriftlich besiegelt wurde. Die schwierigsten Verhandlungsthemen waren: Der Umgang mit den Stasi-Unterlagen und die Frage der Abtreibung.
17.9.1990 Stasi-Affären – Angela Merkel appelliert als DDR-Regierungssprecherin an die Presse
17.9.1990 | September 1990. Seit Wochen stehen Vorwürfe im Raum, dass sechs Minister der nach dem Mauerfall gewählten demokratischen DDR-Regierung Stasi-Spitzel gewesen sein sollen. Abgeordnete der Volkskammer verlangen nun Klarheit, während die Minister selbst über eine Verleumdungsklage nachdenken. Eine solche Schlammschlacht drei Wochen vor der Wiedervereinigung und den anschließend geplanten Neuwahlen – das kommt den Regierungsparteien natürlich ungelegen. Regierungssprecherin Angela Merkel wendet sich mit einem Appell an die Presse. Angela Merkels Laufbahn in Tonaufnahmen: http://swr.li/merkel
3.10.1990 Der Moment der Wiedervereinigung
3.10.1990 | Es ist Mitternacht: Auf dem Platz der Republik läuten die Glocken und dann spricht Bundespräsident Richard von Weizsäcker die ersten Worte zum wiedervereinigten Deutschland.
Obwohl fast alle Rundfunkanstalten diesen Moment übertrugen, ist er nur in den wenigsten archiviert. Bemerkenswert auch: Nach der kurzen Ansprache Weizsäckers hört man ihn noch sagen "Jetzt muss die Nationalhymne kommen". Nach den ersten Tönen ermuntert ihn Hannelore Kohl noch: "Sag was zur Hymne." Doch dabei bleibt es. Nach der Nationalhymne ist dieser "offizielle Teil" erledigt.
12.10.1990 Attentat auf Wolfgang Schäuble
12.10.1990 | 1990 war Wolfgang Schäuble Innenminister. Es ist der 12. Oktober, die Wiedervereinigung liegt gerade eine gute Woche zurück, die ersten gesamtdeutschen Bundestagswahlen stehen im Dezember bevor. Wolfgang Schäuble ist auf einer Wahlkampfveranstaltung in seinem Wahlkreis in der badischen Ortenau, als ein Mann zwei Schüsse auf ihn abfeuert. Schäuble wird lebensgefährlich verletzt. Am nächsten Morgen berichtet der Südwestfunk.
12.10.1990 Winfried Kretschmann denkt wegen Parteiausschluss-Forderung über Parteiwechsel nach
12.10.1990 | 1990, lange bevor Winfried Kretschmann erster Grüner Ministerpräsident in Baden-Württemberg wird, ärgert er sich über seine Partei. Damals ist er noch einfacher Landtagsabgeordneter, und an der Basis gibt es Stimmen, die seinen Parteiausschluss fordern.
Anlass ist der Streit um eine Sondermüllverbrennungsanlage. Kretschmann hatte eine fraktionsübergreifende Arbeitsgruppe initiiert. Die kam aber zu keinem gemeinsamen Ergebnis. Die CDU hält daran fest, den Sondermüll in Kehl zu verbrennen, SPD und Grüne wollen das nicht.
Die Grünen kritisieren Kretschmann dafür, dass er sich überhaupt bei der Suche nach einer Sondermüllverbrennung beteiligt. Kretschmann stinkt das und er droht seinerseits, die Partei zu verlassen und sich zum Beispiel bei SPD oder CDU zu engagieren.
4.11.1990 Henry Kissinger im Gespräch mit Dieter Kronzucker
4.11.1990 | Deutschland ist seit einem Monat wiedervereinigt. Ein guter Zeitpunkt für ein ausgiebiges Gespräch mit dem ehemaligen US-Außenminister Henry Kissinger (1923 - 2023), dessen politisches Leben wesentlich bestimmt war vom Ost-West-Konflikt in all seinen Ausprägungen. Von der Kuba-Krise über den Vietnamkrieg bis zum Eisernen Vorhang in Europa, der Deutschland 40 Jahre lang in Ost und West geteilt hat.
Kissinger, der 1923 als Heinz Alfred Kissinger im fränkischen Fürth geboren wurde, floh mit seiner Familie 1938 vor den Nazis in die USA, später wird er sicherheitspolitischer Berater und schließlich Außenminister unter Richard Nixon.
Im Gespräch mit Dieter Kronzucker blickt er auf sein Leben zurück, auf die Weltlage nach dem Mauerfall und er geht auch auf die Kritik ein, die viele an seiner Politik geübt haben.
8.12.1990 DDR-Spion Guillaume bedauert Brandt-Rücktritt
8.12.1990 | Als angeblicher DDR-Flüchtling war Günter Guillaume mit seiner Frau Christel 1956 nach Westdeutschland gekommen. Nach einigen Jahren Partei-Arbeit in der SPD schaffte er es schließlich bis ins Kanzleramt von Willy Brandt. Seine Enttarnung löste den größten Spionage-Skandal der Bundesrepublik aus, in dessen Folge Willy Brandt als Kanzler zurücktrat.
Nachdem Guillaume einen Teil seiner Haftstrafe wegen Landesverrats abgesessen hatte, durfte er bei einem Gefangenen-Austausch 1981 in die DDR zurückreisen.
Am 8. Dezember 1990 erläutert der nunmehr arbeitslose Ex-Agent im Interview sein Bedauern über den Rücktritt Willy Brandts.
13.1.1991 Lothar Späth tritt nach "Traumschiff-Affäre" zurück
13.1.1991 | Lothar Späth tritt zurück. Es ist nach Hans Filbinger der zweite Rücktritt eines baden-württembergischen Ministerpräsidenten. Grund für Späths Rücktritt waren von befreundeten Unternehmen bezahlte Privatreisen in seiner Amtszeit. Späth war in der Bevölkerung beliebt, holte regelmäßig für die CDU im Land die absolute Mehrheit. Doch die durch Presserecherchen zutage getretenen Vorwürfe machen ihm zu schaffen. Am Tag vor seinem Rücktritt wehrt er sich noch einmal.
28.4.1991 Neue Einreisebestimmungen für Juden aus der Sowjetunion
28.4.1991 | Nach dem Fall des Eisernen Vorhangs wandern viele Juden aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland aus. Im Februar treten für sie neue Einreisebestimmungen in Kraft. Doch die erweisen sich als extrem bürokratisch und stellen die Einwanderer vor große Hindernisse. Eine Reportage vom 28. April 1991.
30.4.1991 Der letzte Trabi rollt in Zwickau vom Band – Ende einer Ära
30.4.1991 | Der Trabant war das Auto der DDR. Trabant – heute klingt der Name fast schon befremdlich. Doch Trabant heißt "Begleiter" – das Pendant zum russischen Wort "Sputnik". Das war kein Zufall: 1957 schickten die Sowjets mit Sputnik 1 den ersten Satelliten ins All, 1958 rollte in Zwickau der erste Trabant vom Band. Jedes zweite Auto in der DDR war ein Trabi – bis 1991. Am 30. April 1991 endete die Produktion des kleinen zweitürigen Zweitakters. Ein großer Einschnitt für die Menschen in Zwickau.
31.5.1991 Start der ICE-Züge – mit peinlicher Panne
31.5.1991 | Kaum vorstellbar: Bis 1991 war der Intercity das Schnellste, was die Bahn zu bieten hatte. Doch dann die Revolution: Bahnfahren mit 250 Stundenkilometern, von München nach Hamburg in fünfeinhalb Stunden. Züge mit Büroabteilen und Kopfhöreranschluss. Die neuen Züge sollten ursprünglich HGZ heißen, Hochgeschwindigkeitszüge, aber dann entscheidet sich die Bundesbahn doch für den international verständlicheren Namen Intercityexpress, kurz ICE. Baden-Württembergs Ministerpräsident Erwin Teufel ist begeistert bei der großen Einweihungsfeier am Stuttgarter Hauptbahnhof und spricht von einer „neuen Epoche 5000 Jahre nach der Erfindung des Rades“.
Es sind nicht nur die schnellen Züge, die das Bahnfahren beschleunigen, sondern auch zum Beispiel der neue Durchgangsbahnhof Kassel-Wilhelmshöhe, oder neue Trassen wie die zwischen Göttingen und Würzburg sowie Stuttgart und Mannheim, die für den ICE reserviert sind und ein paar Abkürzungen mit sich bringen. Allerdings: Bei der Schnupperfahrt von Stuttgart nach Mannheim, in der auch ordentlich Prominenz mitfährt, kommt es gleich – imagegerecht – zu einer Verspätung.
20.6.1991 Drogenboss Pablo Escobar kommt ins "Gefängnis"
20.6.1991 | Anfang der 1990er-Jahre war der Kolumbianer Pablo Escobar der mächtigste Drogenboss der Welt. In den vorausgegangenen 15 Jahren hatte er die Kokainproduktion industrialisiert, das Medellín-Kartell aufgebaut und er war Schätzungen zufolge damals der reichste Mensch auf der Erde. Seine Skrupellosigkeit war so grenzenlos wie sein Ehrgeiz. Zahllose Polizisten und Politiker wurden bestochen oder ermordet. Kolumbien verwandelte sich faktisch in ein Bürgerkriegsland, in dem sich Armee und Drogenmafia bekämpften. Auch US-Präsident George Bush erklärte Escobar zum Staatsfeind Nummer 1. 1991 schließlich kam es zu Friedensverhandlungen zwischen Escobar und der Regierung mit einer kuriosen Abmachung: Escobar stellt sich der Polizei und kommt ins Gefängnis – in ein Privat-Gefängnis, das er zuvor selbst nach seinem Geschmack hat bauen lassen, und das er zwar nicht verlassen darf, wo er aber letztlich machen kann, was er will.
25.6.1991 Kroatien und Slowenien erklären Unabhängigkeit
25.6.1991 | Das ehemalige Jugoslawien beginnt zu zerbrechen. Slowenien und Kroatien erklären ihre Unabhängigkeit. Sie wollen sich damit von der Herrschaft des serbischen Präsidenten Milosevic befreien, der in den Jahren zuvor die Provinzen immer mehr entmachtet und diktatorische Züge angenommen hat. Slowenien und Kroatien sind die beiden nördlichsten und wirtschaftlich stärksten Provinzen. Ihre Unabhängigkeit wollten sie eigentlich erst einen Tag später erklären, aber dann prescht zunächst Kroatien vor. Daraufhin schafft auch Slowenien noch am selben Abend Fakten.
Dass Serbien die Unabhängigkeitserklärungen nicht einfach so akzeptieren würde, war klar, doch die Regierung in Belgrad ging gleich schon am nächsten massiv gegen die abtrünnigen Staaten vor.
Die Länder der Europäischen Gemeinschaft erkannten Slowenien und Kroatien noch nicht gleich als unabhängige Staaten an. Das passierte erst ein halbes Jahr später, vor allem auch der deutsche Außenminister Hans-Dietrich Genscher setzte sich dafür ein, als Versuche, durch Verhandlungen die Gewalt einzudämmen nicht geholfen haben.
2. bis 4.7.1991 Angriffe auf Ljubljana – Jugoslawienkriege beginnen mit "10-Tage-Krieg"
2. bis 4.7.1991 | Kaum haben Slowenien und Kroatien am 25. Juni 1991 ihre Unabhängigkeit erklärt, startet die Jugoslawische Volksarmee zahlreiche Luftangriffe, zunächst auf die slowenische Hauptstadt Ljubljana. Von dort meldet sich am 2. Juli Korrespondent Johannes Grotzky im Süddeutschen Rundfunk.
Die serbische Regierung gibt Slowenien relativ schnell auf. Zum einen, weil dort keine größere serbische Minderheit lebt, zum anderen, weil sie schnell merkt, dass sie keine Kontrolle mehr über das Land gewinnen kann. Am 4. Juli berichtet Johannes Grotzky davon, wie sich junge Soldaten der jugoslawischen Volksarmee von Bussen in Ljubljana abholen und nach Hause bringen lassen.
19. bis 25.8.1991 Putsch gegen Gorbatschow – Sowjetunion in Auflösung
19. bis 25.8.1991 | Mit seinen demokratischen und marktwirtschaftlichen Reformen in der Sowjetunion macht sich Präsident Michail Gorbatschow viele Gegner auch in der eigenen Kommunistischen Partei, der KPdSU. Gorbatschow will die Sowjetunion zusammenhalten, aber den nicht-russischen Republiken dabei mehr Eigenständigkeit erlauben. Dies soll in einem Vertrag am 20. August 1991 besiegelt werden. Doch dazu kommt es nicht. Gorbatschow, der in den Tagen zuvor Urlaub auf der Krim macht, wird am 19. August festgehalten, ein selbsternanntes Staatskomitee erklärt in Moskau den Ausnahmezustand. Bei den Putschisten handelt es sich um hochrangige Parteimitglieder, unter ihnen Gorbatschows Vize Gennadi Janajew. Es ist der Beginn einer turbulenten Woche, an deren Ende der Putsch zwar beendet ist und Gorbatschow wieder im Amt, doch das Machtzentrum wird sich zum russischen Präsidenten Boris Jelzin verlagern und die baltischen Staaten sowie die Ukraine werden ihre Unabhängigkeit erklären. | http://swr.li/putsch-gegen-gorbatschow
22.9.1991 Rechtsextreme Gewalt in Hoyerswerda
22.9.1991 | In der sächsischen Kreisstadt Hoyerswerda werden am 17. September 1991 auf dem Markt vietnamesische Händler angegriffen. Das ist der Anfang von fünf Tagen mit rechtsextremen Ausschreitungen in der Stadt. Neonazis werfen Brandsätze auf ein Asylbewerberheim, hunderte Anwohnerinnen und Anwohner, darunter auch Familien mit ihren Kindern, applaudieren, die Polizei kapituliert.
Der Bundestag debattiert hitzig über die Ereignisse in Sachsen. Ein Bericht aus Hoyerswerda von den Tagen der Ausschreitungen am 22. September 1991.
27.9.1991 Entdeckung des Ötzi: Reinhold Messner ist vor Ort
27.9.1991 | Am 19.9.1991 entdecken deutsche Urlauber beim Wandern in den Ötztaler Alpen eine Gletschermumie. Es ist der später nach seinem Fundort benannte Ötzi, die zu dem Zeitpunkt älteste Mumie der Welt – ein sensationeller historischer Fund. Direkt nach der Entdeckung gehen die Spekulationen los. Wie alt ist die Leiche? Was trieb der Mann in den Bergen? Was war die Todesursache? Einer der Ersten am Fundort ist der Extrembergsteiger Reinhold Messner, der nach einem ersten Augenschein der Gletschermumie seine Theorien zur Herkunft des Ötzi entwickelt. In einer Aufnahme vom 27.9.1991 schildert er seine Eindrücke.
Der Mann im Eis wird zu einem Fall für die internationale Spitzenforschung. Prähistoriker Konrad Spindler erläutert ein paar Tage später, am 30.9.1991, im Interview seine ersten Erkenntnisse zum Ötzi.
21.12.1991 Ende der Sowjetunion – Ukraine wird Teil der GUS
21.12.1991 | Nach dem Putsch im August und den Unabhängigkeitsbestrebungen der ehemaligen sowjetischen Republiken ist die Entwicklung nicht mehr aufzuhalten. Noch im selben Jahr, kurz vor Weihnachten, wird die Sowjetunion offiziell aufgelöst. Auf der Konferenz von Alma-Ata, dem heutigen Almaty in Kasachstan, schließen sich am 21. Dezember 1991 viele der ehemaligen Republiken, darunter die Ukraine, mit Russland zur sogenannten Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zusammen. | http://swr.li/ende-der-sowjetunion
Juni 1992 Rio-Konferenz 1992: Appell der 12-jährigen Severn Suzuki
Juni 1992 | Die große UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro gilt als Meilenstein der Klimapolitik. Es ging in Rio zwar auch um den Erhalt der Artenvielfalt und Maßnahmen gegen die Wüstenbildung, aber in Bezug auf den Klimawandel gilt die Rio-Konferenz als der Beginn der globalen Klimapolitik mit ihren seitdem regelmäßigen Gipfeltreffen.
Ein Star neben all den Politikern war die damals 12-jährige Severn Suzuki, die einen persönlichen und bewegenden Appell an die Erwachsenen richtete.
Wenn die Erwachsenen schon nicht wüssten, wie die Umweltprobleme auf diese Planeten gelöst werden könnten, so die damals 12-Jährige, dann sollten sie zumindest damit aufhören, dem Planeten weiter Schaden zuzufügen.
Im Internet kursiert das Video ihrer Rede unter dem Titel: "Das Mädchen, das die Welt für sechs Minuten zum Schweigen brachte."
Severn Suzuki, Tochter des Umweltaktivisten David Suzuki, wuchs in Vancouver und Toronto auf. Als Neunjährige gründete sie die Umweltorganisation ECO, eine Umweltorganisation für Jugendliche. Gemeinsam mit Mitgliedern von ECO gelang es Suzuki, Geld zu sammeln, um am Umweltgipfel in Rio 1992 teilnehmen zu können. Später hat Severn Suzuki Biologie studiert und ist nach wie vor als Umweltaktivistin tätig. Heute lebt sie mit ihrer Familie in British Columbia.
26.5.1993 Der Asylkompromiss – Bundestagsdebatte zur Änderung des Asylrechts
26.5.1993 | Im Mai 1993 nehmen die Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Stellung zur umstrittenen Änderung des Asylrechts. Es äußern sich Wolfgang Schäuble von der CDU/CSU, Hans-Ulrich Klose für die SPD, Hermann Otto Solms von der FDP und Gregor Gysi (PDS).
Erste Urwahl in der SPD: Scharping wird Parteichef
14.6.1993 | Eine Urwahl soll entscheiden, wer den SPD-Vorsitz übernimmt. Zur Wahl stehen: der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping, sein Amtskollege aus Niedersachsen, Gerhard Schröder – später wird er Bundeskanzler – und die hessische Bundestagsabgeordnete Heidemarie Wieczorek-Zeul. Die meisten, nämlich 40 Prozent der Stimmen, bekommt am 14.6.1993 Rudolf Scharping.
1994 wird Rudolf Scharping Kanzlerkandidat der SPD, doch ohne Erfolg. Die SPD verliert die Bundestagswahl 1994. Die Stimmung kippt, die Unzufriedenheit mit Scharping wächst. 1995 tritt Oskar Lafontaine auf dem legendären Parteitag in Mannheim gegen ihn an und löst Scharping als SPD-Chef ab.
2. bis 4.12.1993 Pablo Escobars Tod und Beerdigung
2. bis 4.12.1993 | Ende 1993 kommen kolumbianische Sicherheitskräfte zusammen mit US-Drogenfahndern dem Kokainboss Pablo Escobar auf die Spur. Mithilfe abgehörter Telefonate können sie ihn in einer Wohnung in Medellin orten.
Wenige Tage zuvor hatte Escobars Ehefrau zusammen mit den Kindern versucht, nach Deutschland zu fliehen, um sich vor Escobars Konkurrenten vom Cali-Kartell in Sicherheit zu bringen. Sie wurde aber am Frankfurter Flughafen festgehalten und wieder nach Kolumbien abgeschoben.
Drei Tage später gelingt es den Sicherheitskräften, Escobar zu finden und in seine Wohnung einzudringen. Er versucht zu fliehen und wird dabei erschossen.
28.2.1994 Klima-Pionier Hermann Flohn: Wie die Forschung den menschengemachten Klimawandel erkannte
28.2.1994 | Hermann Flohn, Meteorologe und Klimaforscher, schildert im Süddeutschen Rundfunk die Entdeckung des menschengemachten Klimawandels durch die Wissenschaft. Flohn hat die Möglichkeit eines menschengemachten Klimawandels bereits in seiner Habilitation 1941 beschrieben. Doch bis das Thema in der Politik Gehör fand, sei es ein weiter Weg gewesen.
7.4.1994 Präsidentenmord in Ruanda – Beginn des Bürgerkriegs
7.4.1994 | Am 6. April 1994 werden gleich zwei afrikanische Präsidenten ermordet. Der Staatschef von Ruanda, Juvénal Habyarimana, sowie der Präsident Burundis, Cyprien Ntaryamira. Beide saßen in einem Flugzeug, das sich im Landeanflug auf Ruandas Hauptstadt Kigali befand. Das Flugzeug wurde von zwei Boden-Luft-Raketen abgeschossen. Dieser Präsidentenmord ist die Initialzündung für den Bürgerkrieg in Ruanda, bei dem Angehörige der Hutu-Mehrheit systematisch Jagd auf die Minderheit der Tutsi machen. Nach Schätzungen kommen innerhalb von drei Monaten 800.000 bis eine Million Menschen ums Leben – drei Viertel aller in Ruanda lebenden Tutsi.
Dass es so weit kommen würde, ist am 7. April noch nicht klar, als Afrika-Korrespondent Michael Franzke eine Einschätzung zum Präsidentenmord gibt.
17.5.1994 BSE-Krise: Seehofer plant Rindfleisch-Stopp aus Großbritannien
17.5.1994 | Die ersten BSE-Fälle In Großbritannien wurden schon in den 1980er-Jahren bekannt. Das Gehirn dieser Tiere war durchlöchert wie ein Schwamm. Bis 1992 stiegen die Fallzahlen drastisch an auf über 32.000 Rinder. Ganze Herden wurden notgeschlachtet. Als Auslöser der Krankheit wird schließlich das Tierfutter identifiziert. In Großbritannien wurde den Rindern Tiermehl aus zermahlenen Knochen verfüttert. 1994 diskutiert die EU über ein Einfuhrverbot von britischem Rindfleisch. Da sich das aber hinauszögert, entschließt sich der damalige Bundesgesundheit Horst Seehofer zu einem Alleingang. Seehofer findet dafür auch Zustimmung in der Bevölkerung.
10.1.1994 "Unternehmen Zukunft!" – Die Privatisierung der Bahn
10.1.1994 | Bis 1993 gab es die Deutsche Bundesbahn und die Deutsche Reichsbahn. Zwei staatliche Unternehmen, hochverschuldet, mit 70 Milliarden D-Mark in den roten Zahlen. Für Frust sorgten damals weniger unpünktliche Züge als vielmehr die noch langen Schlangen an den Fahrkartenschaltern. Und gerade im Osten stiegen immer mehr Menschen aufs Auto um. So sollte es nicht weiter gehen, und so lautete die Hoffnung: Privatisierung! Mit Jahresbeginn 1994 werden beide zu einem privatwirtschaftlichen Unternehmen zusammengeschlossen. Flexibler, wettbewerbsfähiger und billiger sollte die Bahn werden und damit kundenorientierter, nicht mehr abhängig von den Entscheidungen im Verkehrsministerium. Der Bund übernimmt praktischerweise die Schulden, sodass das neue Unternehmen schuldenfrei loslegen kann. Die Berichterstattung ist wohlwollend. Zum Start des neuen Unternehmens kündigt der neue Vorstandschef Heinz Dürr medienwirksam das neue Guten-Abend-Ticket an, das vor allem für gute Stimmung sorgen soll.
Reporterin: Birgit Wentzien
5.12.1994 Russland garantiert Souveränität der Ukraine – ist aber gegen NATO-Osterweiterung
5.12.1994 | Nach dem Ende der Sowjetunion sortiert sich Osteuropa neu. Dabei gibt es große Themen zu klären: Das eine sind Atomwaffen. Die Ukraine, Belarus und Kasachstan besitzen welche – noch aus der Zeit, als sie zur Sowjetunion gehörten. Die Ukraine ist Anfang der 1990er Jahre faktisch die drittgrößte Atommacht der Welt. So viele Atomstaaten – das halten viele für gefährlich. Deshalb kommt es zu einem Abkommen: Die drei Ex-Sowjetrepubliken verzichten auf Atomwaffen, unterzeichnen also den Atomwaffensperrvertrag. Im Gegenzug verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten, vor allem die USA und Russland, die Souveränität dieser drei Länder zu achten. Dieses Abkommen läuft im Völkerrecht unter dem Namen „Budapester Memorandum“ – denn es wurde auf dem Treffen der damaligen KSZE (Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, heute: OSZE) im Dezember 1994 vereinbart.
In der Berichterstattung spielt es damals allerdings kaum eine Rolle, denn andere Themen beherrschen die Konferenz sind strittiger: Da ist zum einen der Jugoslawienkrieg, der nur wenige hundert Kilometer von Budapest entfernt, zum anderen die von den USA beabsichtigte NATO-Osterweiterung. US-Präsident Bill Clinton wirbt in Budapest dafür, Helmut Kohl unterstützt ihn. Russlands Präsident Boris Jelzin ist dagegen. Er befürchtet, so erklärt er 5. Dezember in Budapest, dass die Nato-Osterweiterung die Demokratie in Russland gefährde. Reporter ist ARD-Korrespondent Michael Herde.
12.1.1995 Dichterin May Ayim: "Ich bin hier nicht fremd."
12.1.1995 | Die Dichterin und Aktivistin May Ayim war in den 1980er-Jahren eine der prägenden Figuren der afrodeutschen Bewegung. Mit ihren Mitstreiterinnen machte sie in dem Buch "Farbe bekennen" 1986 den Alltagsrassismus gegenüber Schwarzen Deutschen öffentlich und verwies auf die lange Geschichte Schwarzer Menschen in Deutschland.
Ihre Gedichte setzen sich mit den afrodeutschen Anliegen auseinander, sind oft aber auch positive und humorvolle Texte einer selbstbewussten jungen Frau.
May Ayim nahm sich am 9. August 1996 in Hamburg das Leben.
Hier eins ihrer letzten Interviews, am 12. Januar 1995, im Deutschlandradio. Der Moderator ist Herbert A. Gornik.
11.7.1995 Srebrenica vor dem Massaker – Serben nehmen die Stadt ein
11.7.1995 | Das Massaker von Srebrenica 1995 gehört zu den dunkelsten Momenten der Jugoslawienkriege in den 1990er-Jahren. 8.000 Bosniaken wurden ermordet. Für die ARD berichtet damals Anke Mai. Die Sorge vor einem bevorstehenden Massaker spricht sie im Gespräch mit dem SDR schon offen aus.
1.8.1995 Bea Wyler: Erste Rabbinerin der Nachkriegsgeschichte
1.8.1995 | Bea Wyler tritt ihr Amt in den jüdischen Gemeinden in Oldenburg und Braunschweig als erste Rabbinerin Deutschlands seit Ende des Zweite Weltkriegs an.
17.10.1995 Umweltministerin Angela Merkel über ökologische Marktwirtschaft
17.10.1995 | Die Ressourcen der Erde sind endlich. Wer Treibhausgase ausstößt, soll dafür einen Preis zahlen. Und das Bruttosozialprodukt, so wie es definiert ist, sagt wenig über den tatsächlichen Wohlstand einer Gesellschaft. - Diese Aussagen klingen heute für viele banal, aber das waren sie 1995 noch nicht, als Angela Merkel als Bundesumweltministerin eine CDU-interne Arbeitsgruppe leitete, die sich Gedanken darüber machte, welche Rolle Ökologie in einer sozialen Marktwirtschaft spielen sollte. Sie spricht darüber auf dem CDU-Parteitag am 17. Oktober.
16.11.1995 Lafontaine tritt gegen Scharping an und gewinnt
16.11.1995 | Erst eine charismatische flammende Rede halten, dann gegen den amtierenden Parteichef kandidieren – so hat Oskar Lafontaine innerhalb eines Parteitags Rudolf Scharping vom SPD-Vorsitz verdrängt. Zwei Jahre lang hat Scharping die SPD geführt, und er war ja von der Basis in einer Urwahl gewählt worden! Doch inzwischen ist die Unzufriedenheit ist groß. Und so kommt es in Mannheim zu einer für Rudolf Scharping schmerzhaften Sensation.
15.12.1995 Der "Euro" bekommt seinen Namen
15.12.1995 | Das Geld, mit dem wir heute bezahlen, bekam 1995 seinen Namen. Es war der damalige Bundesfinanzminister Theo Waigel, der den Namen Euro vorgeschlagen hat. Am 15. Dezember verständigen sich auch die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem Gipfel in Madrid schnell darauf.
28.12.1995 Hildegard Knef wird 70 und spricht über rote Rosen
28.12.1995 | Hildegard Knef (1925 – 2002) ist der erste deutsche Weltstar der Nachkriegszeit. In Ulm geboren, zieht sie schon ein Jahr später, nach dem Tod ihres Vaters, mit der Mutter nach Berlin. Mit 15 Jahren geht sie von der Schule und landet beim Film. Ihre Karriere führt sie bis nach Hollywood, sie spielt am Broadway, hat mit Stars wie Marlon Brando und Marilyn Monroe zu tun.
Ab Ende der 1950er-Jahre macht sie sich dann vor allem als Chanson-Sängerin einen Namen. Am 28.12.1995, zu ihrem 70. Geburtstag, sendet der Süddeutsche Rundfunk ein 40-minütiges Geburtstags-Special mit Hildegard Knef.
Die ursprüngliche Sendung enthielt auch Lieder von ihr, die wir aus urheberrechtlichen Gründen herausgeschnitten haben. Der Beitrag beginnt aber mit einem kurzen Auszug aus ihrem berühmtesten Chanson, das sich Angela Merkel als eins der Lieder zu ihrem Großen Zapfenstreich am 2. Dezember 2021 gewünscht hat: „Für mich soll’s rote Rosen regnen.“
19.1.1996 Erster "Holocaust-Gedenktag"
19.1.1996 | Der 27. Januar – Jahrestag der Befreiung der Menschen im Konzentrationslager Auschwitz 1945 – ist in Deutschland Holocaust-Gedenktag. Das war nicht immer so. Dieser Gedenktag wurde erst 51 Jahre nach Ende der Nazi-Diktatur geschaffen. Die erste Feierstunde 1996 wurde allerdings wegen einer Dienstreise von Bundespräsident Roman Herzog eine Woche vorverlegt, auf den 19. Januar. Vor Herzog spricht Bundestagspräsidentin Rita Süßmuth.
8.5.1996 In Gorleben eskalieren Castor-Demonstrationen: Statements von Angela Merkel und Jürgen Trittin
8.5.1996 | 1995 rollte der erste Castor-Transport ins Zwischenlager Gorleben. Der Atommüll kam damals vom Kernkraftwerk Philippsburg bei Karlsruhe. Schon gegen diesen ersten Castor-Zug gab es Proteste, sie waren noch vergleichsweise gemäßigt. Im Folgejahr änderte sich. Es ist der 8. Mai 1996 – die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl liegt ziemlich genau 10 Jahre zurück. Die Stimmung ist aufgeheizt, als nun die ersten Atommüllbehälter aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague in Gorleben ankommen. 19.000 Polizisten sichern den Transport. Wir hören ein Statement der damaligen Umweltministerin Angela Merkel (CDU) und vom Grünen Jürgen Trittin. Doch zunächst der Bericht von den Ausschreitungen. | Kernenergie
31.5.1996 Öffentliches Gelöbnis der Bundeswehrsoldaten
31.5.1996 | Wenn Bundeswehrsoldaten ihren Eid aufs Grundgesetz ablegen, fand das früher nur in den Kasernen statt. 1980 gab es erstmals eine große öffentliches Gelöbnisfeier im Bremen Weserstadion, aber die wurde von teils gewalttätigen Demonstranten so massiv gestört, dass die Bundeswehr bis auf weiteres dann doch darauf verzichtete.
Erst 1996 initiiert der damalige Bundesverteidigungsminister Volker Rühe wieder ein großes öffentliches Gelöbnis, und zwar in Berlin. Seitdem gibt es diese Feiern regelmäßig. Obwohl das Gelöbnis auch 1996 keineswegs störungsfrei ablief.
15.8.1996 Intendanten von SDR und SWF schlagen gemeinsamen Sender vor | Hermann Fünfgeld und Peter Voß
15.8.1996 | Bis in die 1990er-Jahre hinein wird die Rundfunklandschaft in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz von der Nachkriegs-Logik der Besatzungszonen geprägt. Es gibt den Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart, der für die nördliche Hälfte Baden-Württembergs zuständig ist, und den Südwestfunk, der für das südliche Baden-Württemberg einerseits und Rheinland-Pfalz andererseits sendet, und der seinen Sitz in Baden-Baden hat - fern jeder Großstadt. Aber in Baden-Baden ist nun mal das Hauptquartier der französischen Besatzungsstreitkräfte. Dass sich das überholt hat, darüber sind sich in den 1990er-Jahren alle einig. Allerdings nicht darüber, wie eine Alternative aussehen soll, der beide Bundesländer zustimmen können. Verschiedene Modelle werden immer wieder diskutiert von einem reinen Landessender in Baden-Württemberg bis hin zu einem Großsender, der dann auch den Saarländischen Rundfunk mit übernehmen würde. Am 15. August 1996, ein paar Monate nach den letzten Landtagswahlen, machen schließlich die Intendanten von SDR und SWF, Hermann Fünfgeld und Peter Voß, einen gemeinsamen Vorschlag, der in den Grundzügen später auch umgesetzt wird, als beide Länder 1998 zum Südwestrundfunk (SWR) fusionieren, wobei SDR-Intendant Fünfgeld 1996 noch nicht den Begriff "Fusion" verwenden will.
14.10.1996 Friedrich Denk zur Frankfurter Erklärung gegen die Rechtschreibreform
14.10.1996 | Am 1. Juli 1996 beschließen die Kultusminister der Bundesländer sowie Vertreterinnen und Vertreter anderer deutschsprachiger Länder, die deutsche Rechtschreibung zu reformieren. Die Zahl der Regeln soll deutlich kleiner werden. Kommasetzen wird etwas leichter, substantivierte Adjektive werden künftig großgeschrieben, also: im Argen liegen, mit großem A. Wortverbindungen werden getrennt, etwa: ruhig bleiben. Und das berühmte Scharf-ß wird, bis auf wenige Ausnahmen, durch ss ersetzt. Gegen die Reform bricht ein Sturm der Entrüstung los. Prominente wie Siegfried Lenz, Elfriede Jelinek oder Vicco von Bülow, besser bekannt als Loriot, unterzeichnen die sogenannte Frankfurter Erklärung. Herausgegeben hat sie Friedrich Denk, ein Gymnasiallehrer, der pünktlich zur Frankfurter Buchmesse im Oktober 1996 fordert, die Reform umgehend zu stoppen. Sie schade dem Ansehen der deutschen Sprache, stifte Verwirrung und ihre Umsetzung koste Milliarden D-Mark. Erfolg werden Denk und seine Mitstreiter nicht haben, die Reform setzt sich durch, auch wenn sich der Initiator im Radiointerview am 14. Oktober 1996 noch kämpferisch gibt.
12.5.1997 Computer "Deep Blue" schlägt Schachweltmeister Garri Kasparow
12.5.1997 | Garri Kasparow gilt bis heute als einer der besten Schachspieler aller Zeiten. 15 Jahre lang durfte er sich Schachweltmeister nennen, doch auf dem Höhepunkt seiner Karriere muss Kasparow erleben, dass auch er nicht unschlagbar ist. Ausgerechnet ein Computer besiegt ihn in einem mehrtägigen Duell in New York. Es ist nicht so, dass Kasparow keine Chance gehabt hätte, Kasparow gewann durchaus ein paar Spiele. Aber der IBM-Rechner "Deep Blue" gewann eben mehr. Am 12. Mai 1997 ist der Kampf entschieden.
27.5.1997 Russland stimmt NATO-Osterweiterung zu
27.5.1997 | Nachdem Russlands Präsident Boris Jelzin sich jahrelang gegen die NATO-Osterweiterung gesperrt hat, wächst das Vertrauen zwischen Russland und dem Westen. 1997 gibt Jelzin den Widerstand auf. Am 27. Mai des Jahres kommt es zur NATO-Russland-Grundakte. Darin verpflichten sich beide Seiten, die Souveränität aller Staaten zu achten. Russland erkennt an, dass es kein Vetorecht gegen die NATO-Mitgliedschaft anderer Länder hat. Die NATO erklärt wiederum, dass sie keinen Anlass und nicht die Absicht habe, in den neuen osteuropäischen Staaten Atomwaffen zu stationieren. Russland bekommt außerdem umfangreiche Wirtschaftshilfen. Auch soll Russland eng in die NATO-Planungen eingebunden werden. Moskau und wird in die Gruppe der führenden Industrieländer – bis dahin G7, ab dann G8 – aufgenommen. Die Stimmung bei der Unterzeichnung in Paris ist gut, und Boris Jelzin tritt mit einem großen Versprechen auf, das über das Vereinbarte hinausgeht. Aus dem Elysee-Palast berichtet damals Cai Rienäcker.
31.8.1997 Lady Dianas Unfall-Tod – verfolgt von Paparazzi
31.8.1997 | Ihre Ehe mit Prince Charles war gescheitert, die beiden hatten sich 1992 getrennt, doch die Boulevardpresse interessierte sich weiter für Lady Diana. So sehr, dass die Paparazzi sie überall belauerten. Auch bei ihrem Besuch in Paris Ende August 1997, ein Jahr nach der offiziellen Scheidung. Diana und ihr Dodi Al-Fayed versuchen, den Fotografen durch Tricks zu entgehen, und doch kommt es zu einer tödlichen Verfolgungsjagd. Der Fahrer rast in einen Tunnel, verliert die Kontrolle, der Wagen prallt gegen einen Pfeiler.
Tags drauf stellt sich der Unfall nochmal in einem anderen Licht dar. Es stellt sich heraus, dass der Fahrer schwer betrunken war und mehr als 1,7 Promille Alkohol im Blut hatte.
Der Vater von Dodi Al Fayed behauptet später, dass es sich bei dem Unfall um einen Auftragsmord des britischen Geheimdienstes gehandelt habe. Doch für diese Version konnten Ermittler keine Anhaltspunkte finden.
6.9.1997 Trauerfeier für Diana – und die späte Reaktion der Queen
6.9.1997 | Eine Woche nach ihrem Tod findet in London eine große Trauerfeier für Prinzessin Diana statt. Auch im Süddeutschen Rundfunk und dem Südwestfunk gibt es an diesem 6. September 1997 Sondersendungen.
Elton John spielt und singt für Lady Diana eine neugeschriebene Fassung seines Hits "Candle in the Wind". Und was auch für besondere Aufmerksamkeit sorgt: Nachdem das Königshaus zum Tod von Diana fast eine Woche lang geschwiegen hatte, äußert sich die Queen am Vorabend in einer Liver-Rede. Damit beginnen auch die Berichte am nächsten Morgen, bevor am Vormittag und Mittag die Trauerfeier selbst ausführlich im Mittelpunkt steht.
Eine Live-Reportage aus der Freiburger Innenstadt zeigt aber auch: Viele Bundesbürger finden das Ausmaß der Berichterstattung übertrieben.
22. bis 27.1.1998 Bill Clintons Affäre mit Monica Lewinsky wird zum Skandal
22. bis 27.1.1998 | Im Januar 1998 verdichten sich die Hinweise, dass US-Präsident Bill Clinton eine Sex-Affäre mit einer Praktikantin im Weißen Haus gehabt hat. Zum politischen Skandal wird die Geschichte aber, als herauskommt, dass er diese Praktikantin mit dem Namen Monica Lewinsky angestiftet haben soll, die Affäre unter Eid zu leugnen, also einen Meineid zu leisten. Und dass er selbst öffentlich gelogen hat.
Monate später wird das Ganze zu einem Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten führen. Es wird eine belastende Zeit für Bill Clinton. Sie beginnt mit den ersten Enthüllungen am 22. Januar 1998.
Wenige Tage später bekommt Bill Clinton Unterstützung – von seiner Frau Hillary.
14.7.1998 Bundesverfassungsgericht: Rechtschreibreform kann kommen
14.7.1998 | "Schifffahrt" mit drei F und "Schluss" mit zwei s hinten statt einem scharfen ß – was heute für die meisten selbstverständlich ist, war in den 1990ern eine Revolution und sorgte für zahllose Debatten. 1996 wird die Rechtschreibreform beschlossen, als offizieller Einführungstermin ist der 1. August 1998 vorgesehen. Doch es gibt Widerstand: In Schleswig-Holstein initiieren die Gegner einen Volksentscheid, ein Lübecker Ehepaar ruft sogar das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE) an: Die Reform verstoße gegen das Grundgesetz. Das sorgt für Spannung, denn die Entscheidung aus Karlsruhe kommt erst am 24. Juli - wenige Tage vor der geplanten Einführung.
In Schleswig-Holstein bleibt es noch spannender. Der Volksentscheid kommt: Am 27. September entscheiden sich die Schleswig-Holsteiner für die Wiedereinführung der alten Rechtschreibung. Doch die Regierungsparteien unter Ministerpräsidentin Heide Simonis heben den Volksentscheid per Landtagsmehrheit wieder auf, sodass bundesweit einheitliche Regeln gelten.