Juhu, das Christkind bringt Lesestoff

Der ganz spezifische Buch-Geschenkeguide für eine gelungene Bescherung

Stand
Autor/in
Nina Wolf

Wer Bücher verschenkt, hat Mut – oder exzellente Tipps! Hier kommen Titel, die Krimifans, Bibliophile und Lesemäuse entzücken.

Falls die Glühwein-trunkenen Menschenmassen und die wild blinkenden Tannenbäume in den Schaufenstern der innenstädischen Ladengeschäfte noch nicht als Hinweis ausreichen, hier eine dezente Erinnerung: Weihnachten naht! Die Uhr tickt unerbittlich und die Panik angesichts der alljährlichen Frage – Was verschenke ich bloß? – steigt auf. Doch keine Sorge, wir haben die Rettung: Bücher!

Buchgeschenke sind nicht nur intelligent, charmant, machen schlau und – das weiß auch Literaturkritiker Denis Scheck – sexy, sie bieten die einzigartige Möglichkeit, selbst die störrischsten Verwandten in eine bessere Richtung zu schubsen, mit sanfter Leseüberzeugung. Oma freut sich vielleicht über den zwanzigsten Fotokalender, aber warum nicht mal Belletristik? Und für die Gen-Z-Nachbarin, die während der Feiertage auf Ihre Katze aufpasst, haben wir ebenfalls einen literarischen Volltreffer.

Nachdenkliche Grübler*innen, Adrenalinjunkies oder Lesemuffel: Mit diesen Geschenkeguide als Rettungsring für die Buchauswahl wird jeder Beschenkte glücklich – selbst diejenigen, die lieber ihr Handy umarmen als ein Hardcover.

Für Nachdenkliche und Literaturliebhaber

Die Königsdisziplin der Geschenke-Olympiade: Wer literarischen Omnivoren Bücher schenken mag, der sollte sich nicht durch Unwissenheit blamieren.

Ein Trick aus der Bücher-Geschenkekiste: Überraschen Sie mit neusten Neuerscheinungen, etwa dem neuen Roman von Altmeister Botho Strauß „Das Schattengetuschel". Anfang Dezember wurde der 80. Geburtstag des Dramatikers und Autors begangen. In seinem jüngsten Werk zeigt sich der Prosa-Connaisseur erneut virtuos auf seiner Stammposition. In Miniaturen schreibt er über tiefsinnige Beobachtungen, lässt vertrautes Strauß-Personal auftauchen und zeigt im Getuschel seine Sprachkraft.

Für alle, die über das Leben sinnieren wie Philosophen und Philosophinnen auf Glühwein, darf es auch ein All-Time-Classic der Weltliteratur in neuem Gewand sein. Ein Buch so schön, dass selbst der Weihnachtsbaum neidisch guckt. Im Manesse Verlag ist eine Neuübersetzung von Dante Alighieris „Göttlicher Komödie" erschienen. Die Luxusausgabe glänzt nicht nur äußerlich mit einem Rundum-Goldschnitt, sondern enthält auch eine Neuübersetzung und spannende Kommentierung von Rudolf Georg Adam.

Eine Frau liest ein Buch in weihnachtlicher Umgebung
Ob Klassiker, Krimis oder Sachtitel: Mit einem Buchgeschenk kann man in aller Regel nicht viel falsch machen.

Für Krimi-Junkies und Thrillerfreundinnen

Krimifans brauchen Spannung, aber bitte kein „Tatort“-Déjà-vu! Warum also nicht das sonntägliche bundesdeutsche Krimimuster aufbrechen und per Lektüre in ein Nachbarland reisen?

Der Kriminalroman des Autor*innen-Duos Martin Becker und Tabea Soergel „Die Schatten von Prag“ führt nach Prag, ins Jahr 1910. Es ermittelt kein anderer als Egon Erwin Kisch, der legendäre rasende Reporter der „Bohemia". Im Herbst 2025 soll es eine Fortsetzung des Romans geben. Dann hätten Sie gleich das Weihnachtsgeschenk für die Feiertage 2025 parat.

Oder darfs ein Thriller der anderen Art sein? Cemile Sahins „Kommando Ajax" ist ein actionreicher, verrückter und schrulliger Kunstthriller mit Substanz. Die in Wiesbaden geborene Künstlerin und Autorin mit kurdischen Wurzeln erzählt die spannende und tragische Geschichte der Familie Korkmaz. Ein visuell lebendiger Roman, humorvoll und temporeich. Ein rasantes Stück Gegenwartsliteratur.

Für Geliebte und die, die es noch werden sollen

Undefinierte Beziehungskonstrukte zur Weihnachtszeit stellen vor besondere Herausforderungen. Nutzen Sie das Fest und schicken Sie Ihrer Situationship oder Tinder-Bekanntschaft eine Buch-Botschaft: „Pleasure", die Essaysammlung der Kolumnistin, Filmemacherin und Autorin Jovana Reisinger, sendet für diese Zwecke eine unverhohlene Message. Die selbsternannte „Tussi" Reisinger plädiert für die subversive Kraft von Glamour, schreibt über weibliche Lust, Geld und, selbstverständlich, Sex.

Oder gleich mit der Tür ins Haus fallen? Mit dem Kollektivroman „Wir kommen” senden Sie eine unmissverständliche Botschaft. Das feministische Literaturkollektiv Liquid Center initiierte das Projekt. 18 Autor*innen schreiben über geheime Fantasien und Begehren.

Für Praktische und Wissensdurstige

Die Pragmatiker und Pragmatikerinnen in Ihrer Verwandschaft rollen bei Romanen nur mit den Augen? Kein Problem. Mit diesen Sachbuch-Geschenken zaubern Sie nicht nur den Beschenkten ein Lächeln auf die Lippen, Sie können im Kreise der Bescherung auch mit Wissen angeben:

„Wusstet ihr, dass es ein absoluter Mythos ist, dass Menschen durchschnittlich 200 Spinnen in ihrem Leben verschlucken würden?", können Sie sagen, wenn Sie Jan Mohnhaupts „Von Spinnen und Menschen. Eine verwobene Beziehung" an den arachnophoben Onkel überreichen. Ein Sachbuch für Tierfreunde, Spinnenliebhaberinnen und solche, die lieber theoretisch faszinierende Fakten über die achtbeinigen Krabbler erfahren möchten.

Zoonar
Unterm Kristbaum machen sich Bücher gut. Es müssen ja auch nicht schon wieder Socken sein ...

Wem das eine zu wuselige Angelegenheit ist und wer es lieber wuchtig mag: in knapp vier Kilo Buch erzählt ein Dichter die Kulturgeschichte der Sternenbilder. Raoul Schrotts „Atlas der Sternenhimmel und Schöpfungsmythen der Menschheit" ist ein Mammutwerk des Tausendsassas.

Er erforschte die Erfindung der Poesie, verlegte den Schauplatz des Epos von Troia nach Kilikien und erzählte die die Entstehung der Erde nach. Nun begibt er sich in die unendlichen Weitern des Weltalls und beschäftigt sich mit den Sternen.

Was ihn schon als kleiner Bub am Himmel faszinierte, erzählt er Denis Scheck in „lesenswert". Schauen Sie die Folge, werfen Sie einen Blick in das Buch mit den wunderbaren Illustrationen von Heidi Sorg und beschenken Sie Sternengucker - oder sich selbst!

Für die Streitlustigen und die, die eine Lektion verdient haben

Naja, für Weihnachten gilt in den meisten Fällen: Die Hölle, das sind die anderen. Und wenn Familienstreits sowieso schon drohen, warum dann nicht gleich zündeln? Ein Garant für Diskussionsstoff beim Dinner ist natürlich die Politik. Platzieren Sie als Katalysator für feurige Dispute vielleicht einfach „Freiheit", die Biografie der Alt-Kanzlerin Angela Merkel, geschickt auf dem Gabentisch.

Doppelseitige Reibungsfläche bietet auch der Gedichtband „nach eden“ von kookbooks-Verlegerin Daniela Seel. Die Lyrikerin kombiniert Religion und Feminismus. Eine Mischung wie Funke und Pulverfass, wie Choreografin Florentina Holzinger bestimmt bestätigen könnte.

Seel gibt der Eva der Schöpfungsgeschichte emanzipatorischen Kraft und dichtet über Themen aus der Feminismusgeschichte. Ein Gedichtband, der vielleicht sogar die engstirnigsten Verwandschaftsvertreter und -vertreterinnen zum Nachdenken bringen und feingeistigen sinnieren bringen kann.

Älterer Herr mit Glatze sitzt mit einem Buch in der Hand vor dem Weihnachtsbaum.
Die Feiertage zum Jahresende sind die beste Zeit, um den Lesestapel des Jahres zu verkleinern – und sich mit neuem Lesestoff beschenken zu lassen.

Für die Jungen Wilden und Tagträumenden

Statt digitalem Dauerrauschen braucht es echte Geschichten. Johanne Lykke Holm „‍Rote Sonne" ist ein merkwürdiger Roman, der von Familie und Beziehungen erzählt. Die schwedische Autorin Holm ist eine Ästhetizistin und der Roman rund um das Paar India und Kallas, die drei seltsame Kinder bei sich aufnehmen, beeindruckt durch die bedrohliche Stimmung und atmosphärische Erzählweise.

Für die, die von schwedischen Romanen abgeschreckt sind, vielleicht ein schwedischer Comic? Der jüngste Graphic Novel der feministischen Zeichnerin Liv Strömquist überzeugt durch seine treffende Gegenwartsanalyse. Strömquist verarbeitet humorvoll den Selbstoptimierungswahn, Self-Care Gurus und die Sozialen Medien. Mehr Zeitgeist geht nicht – und das ganz ohne Handy-Akku.

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