Platz 7 (30 Punkte)

Hans Joachim Schädlich: Die Villa

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Ein Roman von knapp 200 Seiten ist für Hans Joachim Schädlichs Verhältnisse beinahe schon ein opulentes Werk. Schädlich, mittlerweile 84 Jahre alt, hat sich zum Spezialisten für kurze Bücher entwickelt, die auf staunenswerte Weise historisches Material verdichten. In dem, was nicht erzählt wird und doch jederzeit mitschwingt, liegt eine ebenso große Bedeutung wie in dem, was aufgeschrieben wird.

So verhält es sich auch in „Die Villa“, einem herrschaftlichen Bau aus der Gründerzeit, 1890 errichtet, der in Reichenbach im Vogtland steht, Schädlichs Geburtsort: Großes Tor, repräsentative Auffahrt, Springbrunnen und ein gepflegter Park.

Hier ziehen im Jahr 1940 Hans und Elisabeth Kramer mit ihren vier Kindern ein. Hans ist seit 1931 NSDAP-Mitglied und hat Karriere gemacht als Kaufmann. Politik spielt vordergründig trotzdem keine Rolle.

In kurzen Kapiteln und in einem oft stichwortartigen, beinahe provokanten Minimalismus erzählt Schädlich Szenen aus dem Alltag, aus der Familiengeschichte. Schlaglichter, die gleichzeitig auf das verweisen, was im Dunkeln liegt und vor allem auf das, was beschwiegen wird.

Das stellt Beklemmung her: Dass Verbrechen geschehen, wissen alle. 1943 stirbt Hans Kramer. Kurz vor seinem Tod gesteht er seiner Frau, im Bewusstsein zu gehen, seine besten Jahre Verbrechern geopfert zu haben.

Der Epilog springt ins Jahr 2008. Die Villa, ein ehemaliges AWO-Pflegeheim, wird abgerissen und weicht einer Produktionshalle – für Aktenvernichter. Mehr gibt es nicht zu sagen.

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Autor/in
SWR