„Start your engines” für „Drag Race Germany“
„Start your engines”, sinngemäß: „Kommt in Fahrt”. So begrüßt der Moderator und weltberühmte Drag-Künstler RuPaul Charles sein Publikum in der Reality-Show „RuPaul’s Drag Race“ und ruft zugleich seine Kandidatinnen zur Modenschau auf den Runway.
Seit 15 Jahren sucht die Show Staffel um Staffel nach dem nächsten Drag-Superstar Amerikas. Und um ans Ziel zu kommen, wird den Teilnehmenden einiges abverlangt: Schauspiel, Gesang, Tanz und Kreativität im Umgang mit Nadel und Faden. Am Schluss winken eine Krone, ein stattliches Preisgeld von 200.000 Dollar und eine internationale Fangemeinde.
Im Finale jeder Folge präsentieren die Kandidat*innen vor einer Jury ihre Drag-Kostüme zu einem konkreten Thema. Wer nicht überzeugen kann, muss ins Lipsynch-Duell und einen Song auf Playback darbieten. Wer gewinnt, darf bleiben.
LGBTQ-Aktivist*innen moderieren den deutschen Ableger
Versuche, „Drag Race“ nach Deutschland zu bringen, gab es schon viele. Bereits 2013 wurden die Rechte nach Deutschland verkauft. Während aber nach und nach in Großbritannien, den Niederlanden, Frankreich, Spanien, Italien, Belgien und Schweden Ableger des US-Formats entstanden, blieb es in Deutschland still.
Nun geht Deutschland als achtes Land Europas ins Rennen. Elf Drag Queens, auch aus Österreich und der Schweiz, streiten ab dem 5. September beim Streaming-Anbieter Paramount Plus um die Krone.
Erfreulich ist, dass „Drag Race“ für die Moderation zwei meinungsstarke Köpfe gewinnen konnte. Die Berliner Drag Queen Barbie Breakout ist seit Jahren auch als Autorin, politische Aktivistin und Podcasterin bekannt. Für großes Aufsehen sorgte die Künstlerin 2013 mit einer Protestaktion gegen Russlands Anti-Homosexuellen-Gesetzgebung und nähte sich vor laufender Kamera den Mund zu.
An ihrer Seite tritt Gianni Jovanovic als Co-Host auf. Der schwule Autor und Aktivist setzt sich publikumswirksam für LGBTQ-Rechte ein und ist auch einer der prominentesten Köpfe der Sinti*zze- und Rom*nja-Community in Deutschland.
An ihrer Seite werden immer wieder prominente Gast-Juror*innen auftreten. Gleich in der ersten Folge ist das Deutschrapperin Shirin David, deren Auftritt zumindest in der queeren Community teils auch kritisch bewertet wird.
Feature 42 Jahre, Großvater, Roma, schwul - Der Comedian und Aktivist Gianni Jovanovic
Wenn er auf die Bühne kommt, dann scheint Schluss mit lustig zu sein. Dabei hat er noch gar nicht angefangen. Und er sagt nur die Wahrheit: Ja, er wurde mit 32 Großvater. Ja, er ist schwul.
Die Menschen hinter der Schminke kennenlernen
„RuPauls Drag Race“ ist heute ein internationales Phänomen. Die Kandidat*innen der amerikanischen Originalfassung treten auch in Deutschlands Metropolen in regelmäßigen Abständen mit Live-Shows auf. Eine Welttournee mit Fan-Favoriten macht im November auch in Hamburg, Köln und Berlin Halt.
RuPaul Charles, der für „Drag Race“ bislang mit 12 Emmys ausgezeichnet wurde, hat mit seiner Show eine große internationale Plattform für die Kunstform Drag geschaffen – und damit für queere Menschen. Denn der überwiegende Teil der bisherigen Kandidat*innen sind schwule Männer und trans Frauen.
Sie sprechen zwischen ihren Aufgaben immer wieder über ihr Leben. Sie berichten dabei von Ausgrenzung, Mobbing, Gewalt oder dem Absturz in die Drogensucht. Die schweren Schicksale der Menschen, die mit Drag ihr Anderssein zelebrieren, sind es, was „Drag Race“ gegenüber anderen Reality-Formaten zu etwas Besonderem machen.
CSD Rhein-Neckar Drags of Monnem: Drag Queens zwischen Bühne und Politik
Glamourös, provokant, anzüglich und auch politisch: Drag hat viele Formen und Gesichter. Drag-Künstlerinnen und Künstler erschaffen mit Hilfe von Make-Up und Kostüm überlebensgroße Kunstfiguren. Nicht nur in der Clubszene gehören Drag Queens zu den sichtbarsten Wortführer*innen für queere Rechte. Mit „Drags of Monnem“ porträtiert nun eine fünfteilige Doku-Reihe die Mannheimer Drag-Szene.
Wird „Drag Race Deutschland“ den Drag-Hype nach Deutschland bringen?
Dass „Drag Race“ nur im Streaming verfügbar ist, sollte dem Erfolg nicht unbedingt einen Abbruch tun. Auch andere queere Reality-Shows wie „Prince Charming“ (RTL Plus) konnten digital eine Fangemeinde aufbauen. Im linearen Fernsehen blieben die bisherigen Versuche mit Drag-Shows hingegen hinter den Erwartungen zurück.
„Drag Race“ hat zudem bereits eine Fangemeinde, die im Internet sehr aktiv ist. Diese könnte auch dafür sorgen, dass die Serie auch über die deutschsprachigen Grenzen hinaus erfolgreich wird. „Drag Race“ hat sich über die Jahre ein internationales Universum mit mehreren Spin-off-Serien aufgebaut. Gut denkbar, dass deutsche Queens so auch in anderen Ländern an Aufmerksamkeit gewinnen.
Fan-Favorit mit Cher, Maggie Smith und Melania Trump: „Snatch Games“ aus den USA
Was erwartet die Zuschauenden?
Die Aufgaben, denen sich die Kandidat*innen in der Show stellen müssen, sind deutlich vielseitiger als in vergleichbaren Formaten. Hier wird nicht nur performt oder gestylt, die Drag Queens müssen alles leisten.
Als eines der Highlights unter den „Drag Race“ Fans gilt das „Snatch Game“. Hier müssen die Kandidatinnen in einer Art Quiz-Show prominente Persönlichkeiten persiflieren. Andere beliebte Aufgaben sind Design-Challenges, bei denen die Kandidatinnen aus den verschiedensten Materialien Drag-Kostüme basteln müssen, oder Tanz- und Gesangsperformances.
Egal, was es ist: Es ist meistens schrill, laut und absurd komisch. Welchen Aufgaben genau sich die deutschen Queens stellen müssen: Ab dem 5. September erfährt man es auf Paramount Plus.