Was geht in einem vor, wenn man mit Anfang 30 noch in der Sandkastenbeziehung steckt und es sich eigentlich immer noch ganz gut anfühlt? Steuert man unweigerlich auf den Hafen der Ehe mit Kind und Haus zu? Oder versucht man nochmal ein Fenster zu öffnen und schafft den Absprung? In der SWR Serie „30 Tage Lust“ nehmen sich Freddie und Zeno einen Monat lang komplett frei von ihrer Beziehung: alles ist erlaubt. Und am Ende wird Bilanz gezogen.
Zwischen Torschlusspanik und Neugier
Freddy und Zeno sind um die 30, sie sind seit 15 Jahren zusammen und sie lieben sich. Als nächstes stünde wohl ein Kind an, gemeinsame Zukunft et cetera. Aber Freddie spürt den Drang etwas zu verändern, und in einer Mischung aus Torschlusspanik und Erfarhungshunger überredet sie Zeno zu einem Experiment.
Die ersten Schritte in der offenen Beziehung auf Zeit verlaufen stolpernd, peinlich, überraschend: Ein Dreier mit den Nachbarn von unten, eine verkrampfte Anmache beim Exprofessor .... Zwischendurch fragen sie sich schon auch, was sie da eigentlich tun.
Das Spiel mit dem Feuer braucht Regeln
Es ist ein künstlicher Rahmen, der aber letztendlich auch Zeno Erfahrungen ermöglicht, die er ursprünglich gar nicht machen wollte. Anfangs geht es noch um Sex, um die spielerische Lust, mit Fremden ins Bett zu gehen.
Dann aber vor allem um Selbsterfahrung. Könnte mein Leben, Denken und Fühlen auch anders laufen? Und Freddie merkt, dass dieses Spiel mit dem Feuer Regeln braucht, und trotzdem ziemlich verletzend werden könnte.
Selten passierte Sex so selbstverständlich
Es liegt auf der Hand, dass man in der Serie viel Sex sieht, aber selten hat der im Fernsehen so wenig inszeniert oder so wenig artistisch ausgesehen.
Die Kamera ist quasi nie voyeuristisch unterwegs, weil es in „30 Tage Lust“ doch eher um die Frage geht, was passiert dann, wenn die Zeit der spielerischen „Was wär wenn?“ vorbei ist, hat man dann seinen Weg gefunden?
Millennials zerissen zwischen Stabilität und wilden Erfahrungen
Autor und Co-Regisseur Bartosz Grudziecki sieht in seiner Generation der Milennials übergreifend durchaus widersprüchliche Erwartungen an das Leben: Einerseits die Sehnsucht nach Vertrauen und Stabilität, andererseits der Wunsch, Erfahrungen wie in einer möglichst bunten Bucketlist zu sammeln und dabei auf die Gefühle oder Skrupel von anderen nicht unbedingt viel Rücksicht zu nehmen.
Dabei entstehen immer wieder auch komische Situationen oder Szenen, in denen man peinlich berührt ist. Sie geben der Serie und ihrem oft melancholischen Blick auf die Liebe eine gewisse Leichtigkeit.
Linda Blümchen und Simon Steinhorst überzeugen als Freddy und Zeno
Linda Blümchen und Simon Steinhorst sind als Hauptdarstellerinnen ein Glücksfall. Weil sie Freddie und Zeno natürlich spielen, verletzlich, offenherzig. und es spielt schon eine Rolle, das die Geschichte in Stuttgart spielt und nicht in Berlin.
Denn sie sind kein genderfluides, cooles Hipsterpärchen, sondern verhältnismäßig bodenständige Menschen, die merken, dass sie nicht alles, was da so in Ihnen aufbricht, gut kommuniziert bekommen. Aber dass miteinander reden, vielleicht sogar streiten eine ziemlich zentrale Aufgabe für eine lebendige Beziehung wäre.