Doku über Kampf und Verzweiflung mutiger Frauen in Kabul

„Bread & Roses“ von Jennifer Lawrence zeigt Unterdrückung der Frauen unter den Taliban

Stand
Autor/in
Karsten Umlauf
Karsten Umlauf

Vor über drei Jahren haben in Kabul die Taliban wieder die Macht übernommen. Für alle die im Land geblieben sind oder bleiben mussten, hat sich das Leben radikal verändert. Insbesondere die Rechte der Frauen wurden stark eingeschränkt. Nicht alle wollten das widerstandslos hinnehmen. Die Doku „Bread & Roses“ zeigt den Kampf und die Verzweiflung einer Gruppe mutiger Frauen in Kabul. Produziert wurde der Film von US-Schauspielerin Jennifer Lawrence und der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai.

Vor über drei Jahren haben in Kabul die Taliban wieder die Macht übernommen. Für alle die im Land geblieben sind oder bleiben mussten, hat sich das Leben radikal verändert. Insbesondere die Rechte der Frauen wurden stark eingeschränkt. Nicht alle wollten das widerstandslos hinnehmen. Die Doku „Bread & Roses“ zeigt den Kampf und die Verzweiflung einer Gruppe mutiger Frauen in Kabul. Produziert wurde der Film von US-Schauspielerin Jennifer Lawrence und der Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai.

Nach dem Einmarsch der Taliban organisieren die Frauen Proteste

Am 14. August 2021 feiert Zarah Mohammadi in Kabul ihre Verlobung. Einen Tag später marschieren die Taliban ein und übernehmen die Macht. Und der ausgebildeten Zahnärztin Zarah wird der Boden unter den Füßen weggezogen. Innerhalb kurzer Zeit dürfen Frauen nicht mehr arbeiten, sollen in der Öffentlichkeit vollverschleiert sein, Mädchen dürfen keine weiterführende Schule mehr besuchen. Zarah lässt sich aber nicht beirren, organisiert Proteste und Demonstrationen.

Filmstill
Die Ärztin Zahra Mohammadi kann seit der Machtübernahme der Taliban 2021 ihren Beruf nicht mehr ausüben.

Heimlich gedrehte Handyvideos erzählen die Geschichten der Frauen

Anhand von selbst gedrehten Handyvideos erzählt der Film die Geschichte von Zarah und zwei weiteren Frauen: Sharifa hat für die Regierung in der Zeit vor den Taliban gearbeitet und hält sich lange zurück, auch aus Rücksicht auf ihre Familie, bis sie sich den Protesten anschließt. Und Taranom ist Aktivistin und begibt sich als erste auf die Flucht. Auf eine ungewisse Reise nach Pakistan, wobei sie Armut Ungewissheit und Einsamkeit bald an den Rand der Verzweiflung bringen.

Filmstill
Sharifa Movahidzadeh zögert aus Rücksicht auf ihre Familie lange, sich den Protesten der Frauen anzuschließen.

Die Bilder erschüttern durch ihre ungefilterte Nähe

Die Bilder zeigen hochgebildete Frauen, die als Lehrerin, Schriftstellerin oder Ärztin gearbeitet haben. Und die nun zur Hausarbeit und einem Leben im Schatten gezwungen sind. Sie treffen sich heimlich, essen zusammen, hören Musik auf einer Dachterrasse, sprühen Botschaften auf Hauswände. Sie denken nach über eine zivile Revolution und weinen zusammen als eine von ihnen von den Taliban verschleppt wird.

Die Videos sind in ihrer ungefilterten Nähe erschütternd, denn sie machen den Kontrast deutlich zwischen den lebensfrohen, klugen, würdevollen Frauen und fundamentalistischen Besatzern, die sich anmaßen, die Hälfte der Bevölkerung aufgrund des Geschlechts und aufgrund der Auslegung der Religion nicht nur herabzuwürdigen, sondern sie in ihrer Freiheit und Körperlichkeit gezielt auszulöschen.

Filmstill
Auch Taranom Seyedi liefert Regisseurin Sarah Mani heimlich gedrehte Aufnahmen von guter Qualität für die Doku. Die Aktivistin flieht als erste der drei Frauen nach Pakistan.

Jennifer Lawrence unterstütze die afghanische Regisseurin Sarah Mani

Dass diese Videos existieren, ist ein Wunder. Über geheime Wege haben sie Regisseurin Sarah Mani erreicht. Die Afghanin ist selbst als Geflüchtete in den Westen gelangt und nachdem sie von US Schauspielerin Jennifer Lawrence ermuntert und finanziell unterstützt wurde, hat sie es geschafft, mit den Frauen in Kontakt zu kommen und sie aus der Ferne angeleitet, wie man heimlich Aufnahmen von guter Qualität filmen kann. Aus den Bildern hat die Regisseurin einen Film montiert, der einen tief berührt und betroffen macht. Aus Kabul vermittelt er Einblicke in ein immer noch belebtes Stadtbild, aus dem aber die Frauen mehr und mehr verschwinden.

Die Lage der Frauen in Afghanistan hat sich drastisch verschlechtert

So ist „Bread & Roses“ ein wichtiges Dokument aus einer Welt, die durch andere Kriege und Krisen gerade aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden ist. Die Lage der Frauen in Afghanistan hat sich aber laut Human Rights Watch gerade durch schärfere Gesetze der Taliban noch einmal drastisch verschlechtert. Zahra, Sharifa und Taranom haben es glücklicherweise geschafft, das Land zu verlassen.

Obwohl hierzulande einige immer noch unterschiedslos nach Abschiebungen rufen, hat der europäische Gerichtshof vor einigen Wochen immerhin entschieden, allen afghanischen Frauen grundsätzlich den Flüchtlingsstatus zuzusprechen. Ihre Heimat scheint zur Zeit wie ein einziges großes Gefängnis.

Trailer „Bread & Roses“, ab 22.11. auf Apple TV+

Bread & Roses — Official Trailer | Apple TV+

Mehr Dokumentationen bei SWR Kultur

Kino-Doku über KZ Theresienstadt „Kreis der Wahrheit“ mit Iris Berben: Ein Plädoyer gegen Hass und Ausgrenzung

Die Kino-Dokumentation von Robert Hofferer porträtiert zwei Schwestern, die 1943 ins Lager Theresienstadt verschleppt wurden. Iris Berben berichtet von ihrer Arbeit am Film.

SWR Kultur am Mittag SWR Kultur

Heidelberger Filmemacherin Niloufar Taghizadeh Stimme der Frauen – „Googoosh“, Doku über die iranische Pop-Ikone

„Sie war und ist ein Sinnbild des Nicht-Aufgebens, der Lebendigkeit und gegen die Unterdrückung der Frau“, so die Regisseurin Niloufar Taghizadeh über die Pop-Ikone „Googoosh“.

SWR Kultur SWR

Essay-Film über eine facettenreiche Persönlichkeit „Bekenntnisse des Hochstaplers Thomas Mann“: Erfrischend respektloser Dokumentarfilm über den deutschen Großschriftsteller

Mit viel Sympathie, aber ohne falsche Ehrfurcht nähert sich André Schäfers Film dem Leben von Thomas Mann und zeigt auf respektlose Weise angemessenen Respekt vor der facettenreichen Persönlichkeit des Schriftstellers.

SWR Kultur am Abend SWR Kultur