In der Miniserie „Turmschatten“ auf Sky verzweifelt ein Holocaust-Überlebender über den Mord an seiner Tochter. Er will die mutmaßlichen Mörder an den Pranger stellen und gerät dabei auf Abwege.
Mit dem Trauma leben
Die Serie „Turmschatten“ spielt im Jahr 2005 und sie erzählt die Geschichte von Ephraim Zamir, einem Auschwitz-Überlebenden, dessen Zwillingsbruder den Menschenexperimenten der Nazis zum Opfer gefallen ist und der nach dem Krieg zum israelischen Geheimdienst Mossad ging.
Lebenssinn gab ihm seine gehörlose Adoptivtochter, mit der er in seiner Heimatstadt einen Turm bezogen hat, einen ehemaligen Hochbunker. Und wo er sich für den Bau einer neuen Synagoge einsetzt.
Holocaust-Überlebende und rechte Kameradschaften
Die Serie erzählt auch die Geschichte von rechten Kameradschaften. Von den Neonazis Rieger und Steiner, der eine ein intelligenter Anführer, der andere ein Schreihals und Schläger.
Der 13-jährige Thomas soll mit ihnen „den Juden“, wie sie immer sagen, erschrecken. Die Sache eskaliert, Thomas erschießt Zamirs Tochter, kann fliehen. Aber Zamir überrascht die beiden anderen, nimmt sie gefangen und macht ihnen im Internet den Prozess.
Abstimung im Internet über Leben oder Tod
Eine makabre Abstimmung über Leben oder Tod, Internetlogik trifft Selbstjustiz. Während der krakeelende Steiner auf dem Stuhl der Anklage 24 Stunden ins Internet gestreamt wird, schießen die Zahlen für „Tod“ in die Höhe.
Und die Polizeieinheit draußen kann den vielfach gesicherten Turm nicht einnehmen. Dazu kommt ein Privatfernsehsender, der das ganze Geschehen permanent live begleitet.
Grimmige Serie, die nicht nur plakativ ist
Vieles in dieser grimmigen Serie ist unglaubwürdig, reißerisch, das Drehbuch, das Romanautor Peter Grandl Heiner Lauterbach auf den Leib geschrieben hat versucht, dennoch nicht im Plakativen zu verharren.
Wie denkt man über einen rechtsradikalen Mörder, der erkennt, dass er indoktriniert wurde, schon als Kind von seinem Opa – hat er den Tod „verdient“?
Und welche Abgründe zeigt allein diese Frage? Oder was ist von einer Journalistin zu halten, die einerseits engagierte Wortgefechte mit einem rechten Politiker führt, gleichzeitig sensationsgierig 24 Stunden-Programm um die Internetabstimmung macht?
Durchhalten lohnt sich bei dieser stark besetzten Serie
Neben Lauterbach und Desiree Nosbusch als Journalistin überzeugt vor allem Klaus Steinbacher als Neonazi, der spürt, das sein Weltbild Brüche bekommt. Auch wenn einen Unbehagen beschleicht, wieviel Raum Antisemitismus in diesem Schuld und Rache-Thriller einnimmt.
Obwohl die Serie vieles der Spannungsdramaturgie und dem Effekt unterordnet, ist es empfehlenswert, sie bis zum überraschenden Ende anzuschauen.
Da lenkt die Serie etwas brachial, aber immerhin noch einigermaßen schlüssig die Aufmerksamkeit auf die Hintermänner. Auf Leute, die unter anderem haltlose, junge Männer für ihre Zwecke ausnutzen. Und sich hinter der Fassade einer demokratischen Partei verbergen.