Das achte interkulturelle Theaterfestival „Made in Germany“ in Stuttgart, erzählt mit Theater, Tanz, Musik und Performances von Migrationsgeschichten. Das Festival eröffnet mit der Performance „Grandmothers of the Future,“ – Großmütter der Zukunft.
Was erzählen die Geschichten unserer Großmütter heute – ein Thema beim interkulturellen Theaterfestival „Made in Germany“ in Stuttgart. Die Performance des Künstlerinnen-Kollektivs Waltraud900 aus Düsseldorf erzählt dabei von griechischen, deutschen, iranischen, armenischen und palästinensischen Großmüttern. Wie prägen die Schicksale dieser Frauen ihre Enkelinnen? Wie steht es mit der Emanzipation heute? Die Performance „Grandmothers of the future“ will Frauen dazu ermutigen, sich zusammenzuschließen und nicht alles hinzunehmen.
Der beste Anfang einer Geschichte: Meine Großmutter hat gesagt
Wie Astronautinnen sehen die sechs Performerinnen von Waltraud900 in ihren weißen Anzügen aus, denn unter ihren Armen klemmen große durchsichtige Plastikkugeln wie Helme. Als seien sie schwerelos, bewegen sie sich im Zeitlupentempo über die Bühne.
„Es gibt keinen besseren Anfang einer Geschichte als: Meine Großmutter hat gesagt... Die Leute mögen es, wenn man einen Satz so beginnt. Unsere Großmutter hat uns ans Herz gelegt, jeden klugen Gedanken oder besondere Einfälle, die wir haben, mit dem Satz einzuführen: Meine Großmutter hat gesagt. In Wahrheit ist dies das Klügste, was meine Großmutter jemals gesagt hat.“ Phaedra Pisimisi, eine der Performerinnen, schaut zurück auf die Geschichte ihrer griechischen Großmutter – und berichtet, wie sie ihr Leben letztlich geprägt hat.
Geschichten von unterschiedlichen Biografien
„Grandmothers of the future“ erzählt von den Schicksalen griechischer, deutscher, iranischer, armenischer und palästinensischer Großmütter. Biografien, die sehr unterschiedlich verliefen – schon die Recherchen zum Stück fand Bianca Künzel von Waltraud900 sehr bereichernd: „Mitzubekommen, was Frauen auf der ganzen Welt erleben, das wir teilen können, dass wir uns informieren können, das ist ein großes Geschenk.“
Zwei Weltkriege, regionale Konflikte, Flucht, Vertreibung und Gewalt. Erzählt an Einzelschicksalen der Großmütter, fast über ein ganzes Jahrhundert. Geprägt zum Beispiel von der Zeit des Nationalsozialismus.
Welche Spuren hinterlassen die Traumata der Großmütter?
Von wie vielen Zufällen, die eigene Existenz abhängt, zeigt diese Performance. Sie stellt die Frage, welche Spuren die Traumata der Großmütter bis heute hinterlassen haben. Frauen, die von ihren Ehemännern weggesperrt wurden, die Vergewaltigungen und Abtreibungen erlebten. Die aber auch ein gutes Leben führten, wovon es viele Geschichten zu erzählen gibt. Frauen, die oft viel Liebe und Fürsorge weitergaben.
Äußerst phantasievoll verwebt die Performance die Schicksale der Großmütter und fragt nach dem Stand der Emanzipation der Frauen heute. Zum Beispiel wenn die „Grandmothers of the future“ beim Aerobic ironisch die Klischees hinterfragen, mit denen Frauen in westlichen Gesellschaften konfrontiert werden. Waltraud900 setzt dem eine Art Catwalk entgegen. Starke Frauen sollen groß denken, so die Botschaft. Dabei verwandeln sich die künftigen Großmütter zu den „Grandmothers of the universe“: „Die Großmutter des Universums, die traut sich was, die Großmutter des Universums kennt Namen aller Urgroßmütter, aller Frauen, aller Kreaturen, die Großmutter des Universums.“
Wie führt man ein selbstbestimmtes Leben
Allerdings leben weltweit viele Frauen noch unterdrückt und unfrei. „Grandmothers of the future“ will dazu ermutigen, sich zusammenzuschließen und nicht alles hinzunehmen. Auch in westlichen Gesellschaften. Selbstbestimmung ist für Performerin Jamila Al-Youssef das große Thema: „Selbstbestimmung, also, wie führe ich ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben, wie lebe ich meine Freiheit, aber verantwortungsbewusst, was mache ich mit den Privilegien, die ich bekommen habe, für die unsere Großmutter und Muttergeneration gekämpft haben oder für die sie Dinge ausgehalten haben.“
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