Rednerpult und Nobelpreismedallie

Erstmals Preisträgerin aus Südkorea

Han Kang erhält den Literaturnobelpreis 2024

Stand
Autor/in
Nina Wolf

Der Literaturnobelpreis gilt als der wichtigste Literaturpreis der Welt. Am 10. Oktober hat die Schwedische Akademie in Stockholm die Preisträgerin 2024 verkündet: die Südkoreanerin Han Kang.

Autorin Han Kang
Die erste Literaturnobelpreisträgerin aus Südkorea: Han Kang.

Das Komitee des Schwedischen Akademie hat die Gewinnerin des Literaturnobelpreises bekanntgegeben: Die renommierte Auszeichnung geht in diesem Jahr an die Südkoreanerin Han Kang. Sie ist die erste Literaturnobelpreisträgerin des Landes.

Für ihre intensive poetische Prosa, die historische Traumata aufgreift und die Zerbrechlichkeit des menschlichen Lebens offenlegt.

Han Kang, geboren 1970 in Gwangju, Südkorea, ist eine der bekanntesten zeitgenössischen Autorinnen ihres Landes. International bekannt wurde sie vor allem durch den Roman „Die Vegetarierin“, der 2016 mit dem Man Booker International Prize ausgezeichnet wurde. Ihre Werke sind oft geprägt von einer düsteren Atmosphäre und setzen sich intensiv mit Themen wie Gewalt, Trauma und den Grenzen der menschlichen Existenz auseinander.

Han Kang kombiniert präzise Prosa mit philosophischen und gesellschaftlichen Fragen. Sie untersucht dabei die tiefsten Facetten der menschlichen Psyche. Zuletzt erschien ihr Roman „Griechischstunden“.

Parabeln des Verschwindens: SWR Literaturchef Frank Hertweck zur Entscheidung

SWR Literaturchef Frank Hertweck ist zufrieden mit der Wahl der Preisträgerin, auch, wenn er sich einen anderen Kandidaten gewünscht hätte:

„Wenn es den Stachel Salman Rushdie nicht gäbe, bei dem man nicht recht weiß, ob die Schwedische Akademie nicht versteht, dass Wegducken nicht bedeutet, nicht getrieben zu sein, dann würden man rundherum sagen könne, eine sehr gute Wahl.

Han Kang hat den Literaturnobelpreis rundum verdient. Als ‚Die Vegetarierin‘ 2016 auf Deutsch erschien, war das Staunen groß. Da setzte eine weithin unbekannte Autorin eine kühle literarische Maschine in Gang, in dem sie eine einfache koreanische Familie regelrecht von Innen zerlegte. Seit Kafkas „Hungerkünstler" hatte niemand mehr so über das Essen geschrieben. Parabeln des Verschwindens, das könnte als Motto über ihr Werk stehen.“

Ewige Favoriten oder ein Geheimtipp? Das waren die Favoriten

Im Vorfeld der Bekanntgabe wurde über eine ganze Reihe aussichtsreicher Kandidaten und Kandidatinnen diskutiert. Auch deutschsprachige Autoren und Autorinnen waren dabei, etwa die Berlinerin Jenny Erpenbeck, die im Februar für ihren Roman „Kairos“ mit dem renommierten International Booker Prize ausgezeichnet wurde. Auch der Name des 1961 in Tirol geborenen Schriftstellers Norbert Gstrein stand auf einigen Wettlisten.

Wichtigster Literaturpreis der Welt Literaturnobelpreis 2024: Wer sind die Favoriten?

Weltweit laufen die Online-Wettbüros heiß: Wer erhält in diesem Jahr den Literaturnobelpreis? Am 10. Oktober lüftet die Schwedische Akademie in Stockholm das Geheimnis.

Nach Auskunft der Schwedischen Akademie befanden sich rund 200 Schriftstellerinnen und Schriftsteller unter den Anwärter*innen. Ob auch die auf den Wettlisten gehandelten Namen dabei sind, bleibt traditionell 50 Jahre lang geheim. Als aussichtsreiche Kandidatin galt unter anderem die Chinesin Can Xue. Immer wieder gehandelt werden die Kanadierin Margaret Atwood, der australische Schriftsteller Gerald Murnane und der japanische Bestseller-Haruki Murakami. Ein ewiger Favorit ist auch der aus Indien stammende britisch-amerikanische Schriftsteller und Friedenspreisträger Salman Rushdie. Das Messerattentat auf ihn verarbeitete er in dem Buch „Knife“.

Frühere Preisträger- und Preisträgerinnen: einige Überraschungen

2023 ging der Literaturnobelpreis an den Norweger Jon Fosse, 2022 wurde die französische Schriftstellerin Annie Ernaux ausgezeichnet.

Die Entscheidung der Schwedischen Akademie 2020, den Preis der US-amerikanischen Autorin Louise Glück zu verleihen, überraschte. Glücks Lyrik war zu diesem Zeitpunkt im deutschsprachigen Raum kaum bekannt.

2021 wurde der tansanische Schriftsteller Abdulrazak Gurnah für seine eindringlichen Romane über Flucht, Kolonialismus und Migration mit dem renommierten Preis gewürdigt, auch er galt vor der Auszeichnung eher als Außenseiter.

Mehr über Han Kang

Vergangene Literaturnobelpreisträger*innen

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Das Nobelpreiskomitee lobt ihren Mut und die „klinische Schärfe“ mit der Annie Ernaux „Wurzeln, Entfremdungen und kollektiven Beschränkungen der persönlichen Erinnerung aufdeckt“. Sie selbst sagt, sie habe angefangen zu schreiben, um ihre Klasse zu rächen. In ihren Büchern hat die frisch gebackene Nobelpreisträgerin persönliche Erinnerungen aufgezeichnet, und dabei immer ihre eigene Position als Frau innerhalb der französischen Gesellschaft genau verortet.

Ein Ansatz, der Schule gemacht hat. „Annie Ernaux hat unglaublich viele Frauen beeinflusst und ermutigt zu schreiben und sich durchzusetzen im Literaturbetrieb - und das im patriarchal geprägten Frankreich“, erklärt der Kulturjournalist und Frankreich-Kenner Nils Minkmar in „Was geht - was bleibt“.

Die Super 8 Tagebücher von Annie Ernaux in der ARTE-Mediathek: https://www.arte.tv/de/videos/101402-000-A/annie-ernaux-super-8-tagebuecher/

In einer früheren Folge von "Was geht - was bleibt?" haben wir schon mal über Annie Ernaux gesprochen: https://www.ardaudiothek.de/episode/was-geht-was-bleibt-zeitgeist-debatten-kultur/annie-ernaux-neues-buch-warum-boomt-autobiografische-literatur/swr2/10554393/

Habt ihr noch mehr Themen, die wir uns dringend anschauen sollten? Schreibt uns an kulturpodcast@swr.de

Host: Max Knieriemen
Redaktion: Max Knieriemen und Kristine Harthauer

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