Buchtipp

Neuer Roman „Ginsterburg“ von Arno Frank: Was hätten wir getan?

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Von Autor/in Uta Meyer

In seinem neuen Roman behandelt Autor Arno Frank am Beispiel einer kleinen Stadt die große Fragen von Schuld und Verantwortung vor dem Hintergrund von Diktatur und Weltkrieg.

Bis heute erinnert er sich noch lebhaft daran, wie seine Oma ihm mit „teilweise sadistischer Freude“ geschildert hat, was sie in den Bombennächten ihrer Heimatstadt Bonn erleben musste.

Arno Frank war damals sechs oder sieben Jahre alt und bis heute gehört diese schonungslos detaillierte Berichterstattung zu „den eindrucksvollsten Sachen, die ihm je jemand erzählt hat.“

Mehr Gedenken an die Bombardements

Frank findet, dass wir uns in Deutschland zu selten vor Augen führen, wie viel durch die Bombenangriffe der Royal Airforce und der amerikanischen Luftwaffe zerstört worden ist. 160 Städte und bis zu 600 Gemeinden sind dem Erdboden gleichgemacht worden.

Die Stadt Mainz in Trümmern, aufgenommen nach dem Einmarsch der US-Truppen im März 1945, im Hintergrund ist eine zerstörte Brücke zu sehen (Archivfoto).
Die Stadt Mainz in Trümmern, aufgenommen nach dem Einmarsch der US-Truppen im März 1945, im Hintergrund ist eine zerstörte Brücke zu sehen (Archivfoto).

In seinem Roman schildert er aus den unterschiedlichen Blickwinkeln seiner Figuren, die in einer fiktiven Kleinstadt leben, wie sie sich langsam in die Verbrechen der Nazizeit verstricken und am Ende die Zerstörung ihrer idyllischen Heimat erleben. Manche Figuren sind frei erfunden, andere an realen Personen orientiert.

Wenn jemand diesen Bombardements gedenkt, dann sind das die Rechten, und denen wollte ich das gerne wegnehmen.

Was wir heute von damals lernen können

„Wir urteilen so schnell und so leicht und auch so verständlich von unseren heutigen Werten aus über die Menschen damals“, sagt Arno Frank in SWR Kultur. Und genau das wollte er nicht tun. Vielmehr zeichnet er nach, wie sich die politische Einstellung "ganz normaler Menschen" von 1935 bis 1945 entwickelt. Und wie das Private mit der Zeit grausam politisch wird – die Liebe, die Freundschaften, der Beruf und die Freizeit.

In Zeiten zunehmender Fremdenfeindlichkeit und aufkeimender nationalistischer Ideologien macht dieser Roman, was wir alle tun sollten: uns wieder mehr mit unserer Vergangenheit beschäftigen, um aus den Fehlern von damals zu lernen.

Mich haben die interessiert, die man heute Mitläufer nennt.

Arno Frank hat als Journalist für die taz gearbeitet und schreibt heute für den Spiegel. Sein erster Roman „So, und jetzt kommst Du“ beschreibt Franks eigene Jugend mit einem kriminellen Vater, der seine Familie auf der Flucht vor der Polizei hinter sich her zieht. „Er war kein großer Geschichtenerzähler, er war ein talentierter Verbreiter von Lügen“, sagt Arno Frank. Bis zu „Ginsterburg“ habe er dann lernen müssen, „es mit großen Themen aufzunehmen“.

Neuer Roman „Ginsterburg“ Autor Arno Frank: „Mich haben die interessiert, die man heute Mitläufer nennt“

In seinem neuen Roman „Ginsterburg“ erschafft der Journalist und Schriftsteller Arno Frank eine fiktive Stadt und beobachtet die Menschen dort in den Jahren 1935, 1940 und 1945.

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Kaiserslautern

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Uta Meyer