Pfalz-Metropole zwischen Armut, Flucht und Gewalt

Literatur-Hotspot Kaiserslautern: Die Stadt von Christian Baron, Arno Frank und Tijan Sila

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Autor/in
Theresa Berwian
Theresa Berwian, Team SWR Kultur

Arno Frank, Tijan Sila und Christian Baron: Drei Brstseller-Autoren aus Kaiserslautern machen die pfälzische Provinz gerade zum literarischen Hotspot. Doch es gibt noch mehr Gemeinsamkeiten. Alle drei Autoren schreiben in ihren Büchern über ihre soziale Herkunft und über Kindheitserlebnisse, die teilweise traumatisch waren.

Alles, nur nicht beschaulich: Kaiserslauterns Schriftsteller

Schonungslos offen schreiben Arno Frank, Tijan Sila und Christian Baron über ihre soziale Herkunft. Es geht um Kriegserfahrungen, Flucht, Armut, seelischen Missbrauch und soziale Scham.

Es sind bewegende und vor allem wahre Geschichten, die mal mehr und mal weniger mit Kaiserslautern zu tun haben und die vor allem die Leserinnen und Leser begeistern.

Doch wer sind die drei Autoren, die das beschauliche Kaiserslautern zum literarischen Hotspot machen?

Arno Frank: Eine Kindheit wie aus einem Gangsterfilm

Arno Frank
Arno Frank ist einer der Mitbegründer des PEN Berlin.

Die literarische Erfolgsgeschichte von Kaiserslautern beginnt schon vor ein paar Jahren, als Arno Frank seinen Roman „So, und jetzt kommst du“ veröffentlicht. Er handelt von seiner filmreifen Kindheit: Sein Vater war ein Hochstapler, ein „Ganove“ – so nennt ihn Arno Frank selbst.

Die Geschichte beginnt in einem Hochhaus in Kaiserslautern und wird dann zu einem Roadmovie durch Europa, als die Eltern auf der Flucht vor der Polizei sind, mit ihren drei Kindern auf der Rückbank.

Die Flucht vor Interpol führt die Familie an die Côte d’Azur und nach Lissabon, bevor sie dort endet, wo sie auch angefangen hat: in Kaiserslautern. Der Vater kommt ins Untersuchungsgefängnis – direkt gegenüber von einem altsprachlichen Gymnasium, in das Arno zu der Zeit geht. Begegnet sind sich Vater und Sohn seitdem nicht mehr.

30 Jahre sind vergangen zwischen dem Ereignis und dem Aufschreiben. Irgendwann war ich soweit, dass ich den Stoff glaubte bewältigen zu können.

„Stadt der Armen“: Christian Baron wächst in den 1990er-Jahren in Kaiserslautern auf

Autor Christian Baron
Christian Barons Roman „Ein Mann seiner Klasse“ wurde auch für die Theaterbühne umgesetzt. Im Juni feierte das Stück Premiere am Pfalztheater Kaiserslautern.

Auch kein leichtes Verhältnis zu seinem Vater hat der Autor Christian Baron. Mit seinen drei Geschwistern ist er in Kaiserslautern aufgewachsen, Armut bestimmt seine Kindheit. Der Vater ist Möbelpacker, schlägt Frau und Kinder. Barons Mutter stirbt, als er zehn Jahre alt ist. Seine Tante adoptiert ihn.

Jahre später über diese Kindheit in Armut ein Buch zu schreiben, sei ein schmerzhafter Prozess gewesen, sagt Baron. Doch er wird schließlich mit Erfolg belohnt. „Ein Mann seiner Klasse“ heißt Barons Roman: ein Bestseller, den das Theater in Kaiserslautern schon auf die Bühne gebracht hat und der gerade auch vom SWR verfilmt wird.

Im Juni haben die Dreharbeiten dazu begonnen, natürlich in Kaiserslautern, zum Beispiel in einer Fußballkneipe. Denn Christian Baron ist wie Tijan Sila Fan des 1. FC Kaiserslautern.

Für die Anderen waren wir die ‚Assis‘ - Christian Baron | SWR1 Leute

Von Sarajevo in die Pfalz: Tijan Sila über Krieg und Gewalt

Tijan Sila
Bei dem Namen Sila (bosnisch für „Kraft“ oder „Macht“) handelt es sich um sein Autoren-Pseudonym.

Tijan Sila ist in Sarajevo geboren und ist gerade zehn Jahre alt, als der Bosnienkrieg beginnt und alles erschüttert, was sicher war. Die Kinder schlagen sich im belagerten Sarajevo durch, tauschen Pornohefte gegen Essen oder Geld. Auch Sila erlebt Gewalt: die Gewalt des Krieges, aber auch durch den Vater, ähnlich wie Christian Baron.

In „Radio Sarajevo“ schreibt Tijan Sila über die Jahre nach dem Kriegsausbruch und der Flucht nach Deutschland. „Radio Sarajevo“ ist sein viertes und bislang erfolgreichstes Buch.

Seine ersten drei Bücher seien Auto-Fiktion gewesen, das Leben der Romanhelden hat immer andere Abzweigungen genommen als das von Tijan Sila selbst. Erst jetzt, bei seinem vierten Buch, schreibt er über das, was ihm wirklich passiert ist.

Als Schriftsteller ist man gezwungen zu steuern, was man von sich zeigen möchte. Denn letztlich schreibt man einen Roman ja nicht, um über das eigene Leben zu erzählen, sondern weil man eine Geschichte erzählen will.

1994 ist er als Kriegsflüchtling nach Deutschland gekommen, lebte in einem Wohnheim in Mannheim. Mittlerweile ist er in Kaiserslautern angekommen, unterrichtet dort in einer Berufsschule und veröffentlicht erfolgreiche Bücher von der Pfalz aus.

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Der 1981 in Sarajevo geborene Tijan Sila kam 1994 als Kriegsflüchtling nach Deutschland. Heute arbeitet er als Lehrer in einer Berufsschule in Kaiserslautern.

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Rezension von Ulrich Rüdenauer.
Claassen Verlag, 224 Seiten, 20 Euro
ISBN: 9783546100250

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