Mehr als Bücher: Ein Plädoyer für die Bibliothek

Drei Gründe, warum wir Bibliotheken auch in Zukunft brauchen

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Autor/in
Theresa Berwian
Theresa Berwian, Team SWR Kultur

Man könnte meinen, dass in unserer digitalisierten Welt Bibliotheken längst überflüssig geworden sind. Wer braucht schon meterlange, staubige Bücherregale, wenn es doch im Internet Informationen per Mausklick gibt? Wir alle! Denn Bibliotheken haben viel mehr zu bieten als nur Bücherausleihe.

1. Bibliothek der Dinge
2. Bibliothek als Treffpunkt
3. Bibliothek als Wissensort

1. Nicht nur Bücher: Bibliothek der Dinge

Andere Medien wie Filme, Zeitschriften oder Computerspiele bieten Bibliotheken schon lange an. Doch auch Gebrauchsgegenstände können immer öfter in Bibliotheken ausgeliehen werden. In den sogenannten Bibliotheken der Dinge gibt es unter anderem auch Haushalts- und Technikgeräte.

In der Stadtbibliothek Koblenz können zum Beispiel eine Slackline, ein Bohrhammer oder Hanteln ausgeliehen werden. Die Bibliothek in Ludwigsburg dagegen hat eigenen Angaben zufolge einen technischen Schwerpunkt und bietet unter anderem Roboter und Einplatinencomputer zum Programmieren an.

Neue Stadtbibliothek Stuttgart
Ein moderner Palast des Lesens ist die neue Stadtbibliothek am Mailänder Platz in Stuttgart. Sie wurde am 24. Oktober 2011 eröffnet. Das Gebäude, dessen Lesesaal wie ein riesiges Atrium angelegt ist, entwarf der südkoreanische Architekt Eun Young Yi. Bild in Detailansicht öffnen
Universitätsbibliothek Heidelberg
Die Bibliothek der Universität Heidelberg wurde 1386 gegründet und ist damit die älteste Universitätsbibliothek Deutschlands. Sie hat eine enorme Sammlung rarer Handschriften, darunter der Codex Manesse, die berühmteste deutsche Liederhandschrift des Mittelalters. Bild in Detailansicht öffnen
Ada-Reliquiar, Schatzkammer Stadtbibliothek Trier
Die Kostbarkeiten in der Schatzkammer der Trierer Stadtbibliothek sind von höchstem kulturellen Wert. Hier kann man unter anderem das reich verzierte karolingische Ada-Evangeliar (um 800), das angeblich von der Schwester Karls des Großen in Auftrag gegeben wurde, bewundern. Bild in Detailansicht öffnen
Bibliothek Kloster Schussenried
Kloster Schussenried gehört zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Oberschwäbischen Barockstraße. Besonders lohnt der Blick in den lichtdurchfluteten und reichverzierten Rokoko-Bibliothekssaal mit dem Deckenfresko von Franz Georg Hermann. Bild in Detailansicht öffnen
Kriminalhaus Hillesheim
Krimikennern ist die Eifel dank der Romane von Jacques Berndorf bestens vertraut. Seit 2007 haben sie im beschaulichen Hillesheim (Kreis Vulkaneifel) eine Anlaufstelle für mörderisch-literarische Unterhaltung. Im Kriminalhaus von Monika und Ralf Kramp finden sich neben Berndorf natürlich auch die Bücher von Agatha Christie und Arthur Conan Doyle. Bild in Detailansicht öffnen
Zentralbibliothek Ulm
Wie ein gläsernes Ufo hebt sich die Pyramide der Ulmer Zentralbibliothek aus den sie umgebenenden Fachwerkhäusern der Altstadt empor. Die Ulmer Bibliothek wurde 1516 gegründet und ist eine der ältesten öffentlichen Bibliotheken Deutschlands. Die Glaspyramide entwarf 1998 der Offenbacher Architekt Gottfried Böhm. Bild in Detailansicht öffnen
Handschriften Stadtbibliothek Mainz
Nicht zuletzt dank Johannes Gutenberg ist Mainz eine der bedeutendsten Bücherstädte der Welt. Entsprechend besitzt die Mainzer Stadtbibliothek eine beeindruckende Sammlung aus raren und historischen Drucken, Handschriften und Fragmenten des Mittelalters und der frühen Neuzeit - eine der bedeutendsten Deutschlands. Bild in Detailansicht öffnen
Stadtbibliothek Schäbisch Gmünd
Das Heiliggeistspital am Marktplatz von Schäbisch Gmünd beherbergte bis 1984 das älteste Krankenhaus Deutschlands. Als das Spital nach 700 Jahren seine alten Räumlichkeiten verließ, zog die Stadtbibliothek in das historische Amtshaus von 1434 (rechts). Bild in Detailansicht öffnen
Rokokobibliothek Kloster St. Peter auf dem Schwarzwald
Der Bibliothekssaal des Klosters St. Peter auf dem Schwarzwald wurde im 18. Jahrhundert nach den ästhetischen Vorstellungen des Rokoko ausgestaltet. Lange hielt man die ledergebundenen Bände der Bibliothek für Dekoration. Entsprechend groß die Überraschung, als 2008 eine Bibel von 1483 und eine Erstausgabe von Thomas Morus' "Utopia" entdeckt wurden. Bild in Detailansicht öffnen
Württembergische Landesbibliothek Stuttgart
Die Württembergische Landesbibliothek ist mit über sechs Millionen Medieneinheiten die größte wissenschaftliche Bibliothek in Baden-Württemberg. Der 70er-Jahre-Bibliotheksbau von Horst Linde wurde 2020 durch einen Erweiterungsbau des Stuttgarter Architekten Arno Lederer ergänzt. Bild in Detailansicht öffnen
Universitätsbibliothek Freiburg
Die Bibliothek der Albert-Ludwigs-Universität überzeugt mit ihrer facettenreichen Fassade leider nicht alle Freiburgerinnen und Freiburger. Bei tiefstehender Sonne blenden die spiegelnden Fensterflächen die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer. Auch über die Belüftung des Gebäudes gibt es seit 2018 Beschwerden. Bild in Detailansicht öffnen

Bibliotheken der Dinge schonen mit ihrem Angebot Ressourcen und tragen damit zu einem nachhaltigeren Umgang bei. Leihen statt Kaufen – das macht auch bei Gegenständen, die man nur einmal oder selten braucht, Sinn und ist damit ein nützliches erweitertes Angebot der Bibliothek.

Von Gitarre bis Kunst: Spezielle Angebote von Bibliotheken

Darüber hinaus bieten einige Bibliotheken im Südwesten sogar noch Spezielleres an. In den Bibliotheken in Stuttgart und Ulm können zum Beispiel auch Musikinstrumente ausgeliehen werden: von Trommeln und Rasseln, über Gitarren und Ukulelen bis Cembalos.

Die Stadtbibliothek Koblenz bietet außerdem eine Artothek an, wo man sich Kunstwerke zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler für drei Monate ausleihen kann.

Eine Frau schaut sich Bilder in den Regalen einer Artothek an, wo man sich Kunst ausliehen kann.
Kunst zum Leihen: Wer weder einfache Poster noch Kunst für viel Geld kaufen will, kann sich in einer Artothek Bilder für zu Hause ausleihen.

2. Gegen die Einsamkeit: Bibliotheken als Treffpunkt

Wir stellen Orte her, wo sich ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen treffen, Jugendliche und ältere Menschen, die Dinge tun. Solche Orte, wo man macht, was einem Spaß macht, die sind ganz wichtig.

Die Stadtbibliothek Ludwigshafen zu einem modernen Ort der Begegnung und Inspiration machen, das ist ein Ziel von Tanja Weißmann, Leiterin der Bibliothek. Eine Studie der Bertelsmann Stiftung hatte erst im Juni darauf aufmerksam gemacht, dass sich vor allem junge Menschen immer öfter einsam fühlten. Und auch Einsamkeit im Alter spiele eine Rolle, sagt Tanja Weißmann.

Deshalb können Bibliotheken als sogenannter dritter Ort neben Wohnung und Arbeitsplatz zu wichtigen Treffpunkten werden. In Ludwigshafen wurde die Jugendbibliothek „Freiraum“ entsprechend gestaltet: „Da haben wir darauf geachtet, dass es besonders gemütlich ist, mit Upcycling-Atmosphäre; als Ort, wo man sich schöne Sachen ausleihen kann, wie Romane und DVDs. Wo man auch reden und einfach abhängen kann“, sagt Tanja Weißmann.

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Vielfältiges Veranstaltungsangebot

Darüber hinaus bieten die meisten Bibliotheken regelmäßig Kultur- und Bildungsveranstaltungen an und fördern dabei zum Beispiel die Lesekompetenz von Kindern.

Als Orte für Austausch und Begegnung sieht der Deutsche Bibliotheksverband in einem aktuellen Bericht daher bei Bibliotheken das Potenzial Innenstädte wiederzubeleben. „Gerade an Sonntagen werden die Angebote der Bibliotheken, die pilotweise bereits an Sonntagen öffnen können, besonders häufig als Begegnungs- und als Lernort besucht“, so der Verband.

3. Wissen ist Macht: Bibliotheken als Wissensort

Natürlich ist auch das Internet voll mit Informationen – von Artikeln auf Wikipedia bis hin zu Video-Tutorials zu nahezu jedem erdenklichen Thema. Egal ob Waschmaschinen-Reparatur, Pflanzen-Pflege oder der Erklärung historischer Ereignisse.

Kleiner Fun Fact: Im Netz lässt sich auch finden, was Bibliotheken damit zu tun haben, dass wir im Internet „surfen“ und nicht laufen, schwimmen oder cruisen. Eine Bibliothekarin hat's erfunden. 1992 schrieb Jean Polly für eine Fachzeitschrift für Bibliothekare einen Aufsatz zur Internetnutzung. Dafür wählte sie die Überschrift „Surfing the Internet“. Bibliotheken sind also auch Orte für Kreativität und Innovation.

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Kostenfreier Zugang

Vor allem aber halten sie, genau wie das Internet, Wissen und Informationen für uns bereit. Wir können uns weiterbilden, lernen und damit auch die Welt besser verstehen. Und das kostenlos. Wir hinterlassen keine Daten bei unseren Suchanfragen und sind nicht vom Algorithmus einzelner Unternehmen abhängig.

Bibliotheken bieten kostenfreie Bildungsangebote. Auch wenn das Ausleihen nur gegen Gebühr möglich ist, so ist doch der Zugang zu öffentlichen Bibliotheken kostenlos. Somit ermöglichen sie auch Menschen mit wenig Geld oder aus bildungsfernen Haushalten einen Zugang zu Bildung, Wissen und natürlich auch zu Literatur.

Außerdem haben Studien gezeigt, dass unser Textverständnis bei gedruckten Texten besser ist als bei digitalen. Es kann sich also in mehrfacher Hinsicht lohnen, bald mal wieder in eine Bibliothek zu gehen.

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