18-22-Jährige besonders betroffen

Einsame Jugend: Eine Studie so hilfreich wie ein Strohfeuer

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Julian Burmeister
Julian Burmeister

Beinahe die Hälfte aller jungen Deutschen fühlt sich einsam, sagt eine neue Bertelsmann-Studie. Die Zahlen decken sich mit denen anderer Studien weltweit. Ein Armutszeugnis mit Ansage?

Es scheint der Beginn einer neuen Volkskrankheit zu sein, den wir seit den Corona-Lockdowns erleben: Die schweigende Vereinsamung weiter Bevölkerungsteile. Und jetzt – so könnte man spontan denken – eben auch die der Jugend.

Gerade der Übergang von der Schule in den Beruf ist dabei sozial schwierig: Menschen zwischen 19 und 22 Jahren gehören zu den Meistbetroffenen laut der neuen Bertelsmann-Studie.

Das Problem ist nicht so neu, wie es aussieht

Nun ist die jüngste Erhebung eine Momentaufnahme aus dem März des laufenden Jahres 2024 – aktueller geht es kaum. Trotzdem lohnt sich ein Blick auf ältere Studien, die es zur Einsamkeitsforschung gibt.

Besonders die altbekannten PISA-Studien der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) sind da hilfreich, denn die gibt es schon seit über 20 Jahren.

Der Trend hat sich seit Corona lediglich verstärkt

So hat die Washington Post bereits vor Jahren aus den PISA-Daten geschlossen, dass Einsamkeit weltweit unter jungen Menschen grassiert und mehr und mehr zum Problem wird.

Damals waren es Teenager und der Artikel vermutete die Verbreitung von Smartphones in den 2010er-Jahren als Grund. Zuvor gab es zu Einsamkeit und Depression laut Washington Post sogar teils rückläufige Zahlen.

Die Generation Smartphone – also Menschen, die schon als Kind oder Teenager ein Smartphone besaßen – sind die jungen Erwachsenen von heute. Und obwohl sich dieses Problem seit über zehn Jahren anbahnt, haben wir es als Gesellschaft ignoriert.

Zehn Stunden täglich am Smartphone

„Ich bin täglich in Schulklassen und habe in manchen Klassen eine durchschnittliche Nutzung von sechs Stunden. Manche haben das Ding zehn Stunden täglich in der Hand“, sagte der Pforzheimer Social-Media-Experte Clemens Beisel bereits 2019 gegenüber dem SWR.

Ein Jahr zuvor, 2018, hatte bereits Frankreich als erstes EU-Land Smartphones an den Schulen verboten. Und seit 2023 empfiehlt es auch die UNESCO.

Eine Mensa, in der nicht das laute Getrampel der Lernenden zu hören ist, weil alle still über ihr Smartphone gebückt sitzen, sei eben unnatürlich, wie ein ehemaliger US-Schulrektor der Washington Post sinngemäß sagte.

picture alliance  SvenSimon | FrankHoermannSVEN SIMON
Seit mehr als zehn Jahren ist bekannt, dass Jugendliche vermehrt mit Einsamkeit zu kämpfen haben, doch passiert ist seither wenig. Schuld wird auch dem Smartphone gegeben.

Einsame haben keine Lobby, auch junge Einsame nicht

Während die alltägliche Einsamkeit unter Erwachsenen noch individuell und dementsprechend spontan bekämpfbar ist (sprechen Sie einfach mal wieder mit ihrem Nachbarn und halten Sie im Supermarkt ein Schwätzchen, oder leihen Sie sich einen Gesprächspartner aus), scheint es für junge Leute schwieriger zu sein, aus der Einsamkeitsfalle wieder herauszukommen.

Denn soziale Aktivitäten wie Vereinsleben, Feierkultur und Freizeitaktivitäten sind heute meistens auch sehr teuer. Was ein Grund sein dürfte, weshalb von Einsamkeit laut Bertelsmann-Studie sozial benachteiligte Gruppen vorwiegend betroffen sind.

Ein Problem nur für die Ministerien?

Wie also Abhilfe schaffen? Es müsste mehr Orte der Begegnung geben, die für jede und jeden zugänglich sind, ohne teure Restaurantrechnung oder hohen Deckel in der Kneipe. Orte, die interessant für junge Menschen wären, zwangsläufig aber den Staat, also uns alle, etwas kosten würden.

Und den Staat mit der entsprechend investierenden Regierung kann es nur geben, wenn wir die auch wählen. Deshalb ist Einsamkeit am Ende doch ein sehr individuelles Problem: Weil jede und jeder Einzelne nicht die Lobby der Einsamen sein will. Auch wenn viele – ehrlicherweise – selbst mit dazugehören.

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