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Extrem unbequem – Anna Uddenberg zeigt neue Skulpturen in der Kunsthalle Mannheim

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AUTOR/IN
Marie-Dominique Wetzel

Die acht Objekte, die die schwedische Künstlerin Anna Uddenberg speziell für die Ausstellung in Mannheim geschaffen hat, sehen aus wie eine Mischung aus futuristischen Möbelstücken und medizinischen Untersuchungsstühlen. Frauen in grauen Businesskostümen zwängen sich in diese merkwürdigen Formen hinein. Die Künstlerin zeigt, wie wir uns täglich verbiegen, um gesellschaftlichen Ansprüchen gerecht zu werden.

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Futuristische Untersuchungsstühle hinter Absperrband

Die Tür zum Ausstellungsraum wird von einer Frau im grauen Businesskostüm geöffnet. Ohne etwas zu sagen, dirigiert sie die Besucherinnen und Besucher in einen Wartebereich, der mit roten Bändern abgesperrt ist, die sie hinter uns wieder ordentlich verschließt.

Kunsthalle Mannheim: Anna Uddenberg
Frauen im Business-Kostüm zwängen sich in diese extrem unbequemen Skulpturen.

Wo sind wir hier? Der Museumsraum sieht aus wie ein Großraumbüro oder ein Wartebereich in einem Flughafen, einer Klinik. Im Raum verteilt, stehen acht Objekte, die wie eine Mischung aus futuristischem Möbelstück und medizinischen Untersuchungsstühlen aussehen. Die Künstlerin Anna Uddenberg hat diese Skulpturen speziell für ihre Ausstellung in der Kunsthalle Mannheim geschaffen.

Frauen zwängen sich in unnatürliche Posen

Kaum sind alle Museumsbesucherinnen und -Besucher in den abgesperrten Bereichen versammelt, beginnen die drei Frauen in den grauen Businesskostümen ihre Performance. Sie steigen aus ihren High-Heels und klettern langsam auf die Skulpturen.

Dann zwängen sie sich in diese merkwürdigen Formen hinein, die einerseits für menschliche Körper passgenau gefertigt erscheinen, andererseits die Körper in sehr unnatürliche und unbequeme Posen zwingen. So verharren die Performerinnen etwa eine Minute, dann schälen sie sich wieder aus den Objekten heraus, schlüpfen in ihre High-Heels, streichen sich die kurzen Röcke glatt.

Wie verhalten wir uns in der Öffentlichkeit?

So werden nacheinander alle acht Skulpturen quasi „bespielt“. Die Künstlerin Anna Uddenberg möchte mit dieser Arbeit zeigen, wie wir uns tagtäglich verbiegen, um gesellschaftlichen Normen und Ansprüchen gerecht zu werden.

Kunsthalle Mannheim: Anna Uddenberg
Anna Uddenberg bekam 2022 den Hector-Preis der Kunsthalle Mannheim und der Hector-Stiftungen.

Ihr Fokus liege dabei auf dem menschlichen, vor allem dem weiblichen, Körper, sagt Anna Uddenberg, die ursprünglich Mode-Designerin werden wollte: „Ich habe begonnen, mich mit Körpersprache zu beschäftigen und mit unserem Verhalten im öffentlichen Raum. Mich interessieren Fragen wie: was gilt als normal, als angemessen und gefällig. Und wie prägt das unser Verhalten.“

Besonders in Zeiten, in denen der Einfluss sozialer Medien immer mehr wächst: Welche Körperideale werden in den sozialen Medien propagiert? Welche Posen nehmen vor allem junge Frauen ein, wenn sie sich selbst darstellen? Anna Uddenberg trifft mit ihren künstlerischen Arbeiten seit nunmehr zehn Jahren den Nerv der Zeit und sorgt für hitzige Diskussionen.

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