Wie kann man soziale Ungerechtigkeiten abbauen und das Vermögen fairer verteilen? Das Pfalztheater Kaiserslautern inszeniert die bitterböse Satire „Jeeps“ von Nora Abdel-Maksoud. In dem Stück dreht sich alles um das Thema Erbschaft. Und weil es reiner Zufall ist, ob man reich oder arm geboren wird, wird auf der Bühne eine „Eierstock-Lotterie“ veranstaltet.
Die Eierstock-Lotterie lässt einen Immobilien erben oder Geld oder nichts
Die „Eierstock-Lotterie“ ist auf der Bühne als große leuchtende Lostrommel immer präsent. Doch das Stück „Jeeps“ stellt die in Deutschland herrschende „Eierstock-Lotterie“ auf den Kopf: Die Kinder erben hier nicht mehr von den Eltern, sondern bei einer vom Jobcenter streng verwalteten Lotterie, bei der man durchaus auch eine Niete ziehen könnte und Schulden erben.
Klamaukig und bierernst zugleich
Fast alle Ensemblemitglieder haben selbst Erfahrung mit dem Jobcenter gemacht, auch der Regisseur: „In Coronazeiten zum Beispiel blieb einem ja nichts anderes übrig“, erinnert sich Gordon Kämmerer. „Da waren alle Theater zu und man war automatisch drauf angewiesen. So bekommen man natürlich auch mal mit, was für ein Wahnsinn hinter so einem Bürokratieprozess steckt.“
Ein bisschen wahnsinnig wirken alle Figuren in ihren überzeichneten Kostümen – eine Prise Tim Burton und ein Klacks „Alice im Wunderland“. Stellenweise ist das ziemlich klamaukig, dabei ist es doch bitterernst.
Aufstand der Erb-Entrechteten
Im Stück muss die junge Start-Up Gründerin Silke, wie alle, auf den Nachlass ihres Vaters verzichten und fürs Losverfahren aufs Amt. Dort trifft sie auf ihren Gegenspieler Gabor, schön verklemmt und schwitzend verkörpert von Dennis Bodenbinder, der den Amtsschimmel wiehern lässt und die Lostrommel unter sich hat.
Und dabei leider auch die Anträge der mittellosen Bürgergeld-Empfänger. So wie den von Maude, die ganz plastisch mit Schweineohren auftritt. Denn für Gabor sind sie alle arme Schweine, die er sich mit viel Desinfektionsmittel vom Leibe hält. Es ist ja nur ein kleiner Schritt nach unten, für den Angestellten aus einfachen Verhältnissen und stolzen Besitzer eines vom Munde abgesparten Jeeps, daher auch der Titel des Stückes.
Die abgewiesene Bürgergeld-Empfängerin Maude und die zu kurzgekommene Erbin Silke tun sich zusammen – es kommt zum bewaffneten Aufstand der Entrechteten.
Aktuelle Gesellschaftsdebatte auf der Bühne
Schauspielerin Josephine Raschke, die Erbin Silke spielt, hält die zugespitzte Komödie für hochaktuell. Sie freut sich, dass das Erb-Recht im Moment auf vielen deutschen Bühnen zum Thema gemacht wird.
„Letztes Jahr wurden 99,7 Prozent der Erbschaftssteuerlast einfach erlassen“, erklärt Jaschke. „Das ist doch absurd, wenn man überlegt. Wir alle zahlen unsere Steuern und da gibt es einfach so die Möglichkeit, Steuern zu erlassen bei Menschen, die sehr viel Vermögen haben.“
Das Stück könnte kaum aktueller sein. Mit „Jeeps“ von Nora Abdel-Maksoud bietet das Pfalztheater seinem Publikum ein böses Gedankenexperiment, das die Debatte um soziale Ungerechtigkeit auf die Spitze treiben will.
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