Wie können wir uns vor Alzheimer schützen? | Prof. Frank Jessen | Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Alzheimer Demenz: Veranlagung oder Lebensstil?
Offenbar haben wir es zu einem gewissen Anteil selbst in der Hand, ob wir an Alzheimer Demenz erkranken oder nicht. Zwar spiele auch eine genetische Veranlagung innerhalb der Familie eine gewisse Rolle, es gibt aber kein einzelnes Gen, das dafür verantwortlich ist und auf das man testen könnte, sagt Prof. Frank Jessen. Er ist Leiter des Kölner Alzheimer Präventionszentrums und Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Uniklinik Köln.
Wenn man einen erstgradigen Angehörigen mit Demenz hat, z.B. Alzheimer, hat man selbst ein 1,5- bis 2-fach erhöhtes Risiko. Also: 50-60 Prozent des Risikos, zu erkranken, sind genetisch.
Wie kann ich mein Risiko senken, an Demenz zu erkranken?
Den nicht genetisch bedingten Risiko-Anteil, an Demenz zu erkranken, können wir durch einen gesunden Lebensstil aktiv beeinflussen. Aktuell diskutiert die Wissenschaft 14 Risikofaktoren.
Wenn man im mittleren Lebensalter ist, hat man noch die Möglichkeit, durch einen gesunden Lebensstil sein Gesundheitsrisiko im höheren Alter zu senken – nicht nur für Demenz, sondern für alle Erkrankungen.
Mit Brille und Hörgerät Demenz vorbeugen
Die Erkenntnisse, dass schlechtes Hören und Sehen Risikofaktoren für Demenz sind, sind noch relativ neu, sagt Frank Jessen. Brillenträger müssen sich aber keine Sorgen machen: Entscheidend sei gerade die Korrektur der eingeschränkten Sinne. Wahrscheinlich sei es so, dass das Gehirn ansonsten weniger Anregung und Stimulation bekommt, wenn die Sinnesorgane nicht gut funktionieren.
Während Brillen allgegenwärtig sind, haben manche bei einem Hörgerät größere Hemmungen. Man könne allen, die schlecht hören, aber nur empfehlen, ein Hörgerät zu benutzen: Das sei "aktive Demenz-Prävention", so Jessen.
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So wirkt sich unsere Ernährung auf das Demenz Risiko aus
Es gibt Hinweise, dass ein "mediterraner Ernährungsstil" vor Demenz und vielen anderen Erkrankungen schützen kann.
Rotes Fleisch und tierische Fette, also gesättigte Fettsäuren, seien nicht so gut, sagt Prof. Frank Jessen.
Er betont allerdings, dass alles eine Frage der Menge ist: Man könne durchaus alles essen, aber es sollte nicht einseitig sein. Die "westliche Diät" oder auch "Burger-Pommes-Diät" sei auf Dauer fürs Gehirn nicht gut – "und für viele andere Sachen auch nicht".
Früherkennung ist bei Alzheimer Demenz wichtig
Bislang gibt es keine Heilung von Alzheimer, aktuell aber einen großen wissenschaftlichen Durchbruch: So wurde erstmalig eine Immuntherapie (Antikörper-Therapie) entwickelt, die die für Alzheimer typischen Eiweißablagerungen im Gehirn wieder auflösen könne. Dies führe noch nicht zu einem vollständigen Stopp der Erkrankung, aber einer durchaus relevanten Verzögerung.
Die Medikamente sind in den USA und vielen anderen Ländern bereits zugelassen, für Europa hofft Prof. Frank Jessen auf eine baldige Zulassung. Allerdings: der Einsatz der Medikamente ist nur sinnvoll, wenn die Demenz früh erkannt wird.
Alzheimer könne heutzutage sehr früh festgestellt werden, oft noch bevor ein Demenz-Stadium erreicht ist. Allerdings sei es noch nicht möglich, bei einem Menschen mittleren Alters einen Test zu machen, um voraussagen zu können, ob und wann die Person eine Demenz bekommt oder nicht.
Wenn man sich mit Wissenschaft beschäftigt, wird man irgendwann sehr gottesfürchtig. Wie das Gehirn funktioniert, ist unfassbar komplex. Da wissen wir immer noch vieles nicht.