Ex-Lehrerin und Autorin Lisa Graf: Note 6 fürs deutsche Schulsystem?

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Katja Heijnen
Katja Heijnen

"Die meisten, die unten starten, bleiben auch dort." Ein harter Satz, den die ehemalige Lehrerin und Autorin Lisa Graf da äußert. Doch sie weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer ein Bildungsaufstieg in Deutschland ist – und hat Ideen, was passieren müsste, damit sich das ändert.

Die ehemalige Lehrerin und Autorin Lisa Graf schaut in die Kamera.

Lisa Graf | Ex-Lehrerin und Autorin

"Haben Sie Scheiße gebaut?"

Das wurde Lisa Graf öfters von ihren Schülern gefragt, wenn die erfuhren, dass sie eigentlich Gymnasiallehrerin war und dann an einer Hauptschule in einem sozialen Brennpunkt arbeitete. Doch anders, als ihre Schüler glaubten, war sie keineswegs strafversetzt worden, sondern machte das gerne und freiwillig: aus Zuneigung zu den Schülern, die schwierige Startvoraussetzungen hatten – und weil sie sich in ihnen wiedererkannte.

Eigene Erfahrung

Während die Lehrer für Lisa Graf in der ersten Klasse noch voll des Lobes waren, wurden die Noten dann zunehmend schlechter. Der Hintergrund: Der plötzliche Tod ihres Vaters stürzte ihre Mutter in eine tiefe Krise. Lisa hatte keine Hilfe mehr zuhause – so wie es vielen von Lisa Grafs Schüler:innen geht. Denn schulischer Erfolg hängt in Deutschland immer noch in erster Linie davon ab, wie stark sich die Eltern im Hintergrund engagieren.

"Abgehängt" und "Durchgefallen"

2023 machte eine Meldung aus der Ludwigshafener Gräfenauschule viele fassungslos: 40 Kinder müssen die erste Klasse wiederholen. Die Ursache scheint schnell gefunden: Schlechte Integration und mangelnde Deutschkenntnisse. Doch Lisa Graf, Autorin des Buches "Abgehängt" und Hostin des neuen SWR-Podcasts "Durchgefallen – wie Schule unsere Gesellschaft spaltet" gräbt tiefer und zeigt, wo die wahren Ursachen liegen. Sie recherchiert in der Gräfenauschule genauso wie in der idyllischen Dorfschule im Westerwald und besucht die "Rütlischule" in Berlin, die aus einer ehemaligen Problemschule zum Vorzeigeprojekt wurde und stellt fest: "Bildungsgerechtigkeit ist keine Utopie, sondern eine Frage des politischen Willens."