Wie gehen wir als Gesellschaft gemeinsam mit Herausforderungen um?
Bekannt wurde Leah Weigand durch das Video vom Auftritt ihres Poetry Slam Textes "Ungepflegt": Sie beschreibt darin ihre Erfahrungen in der Pflege. Das Video wurde in kürzester Zeit millionenfach geklickt. Über ihren Text sagte Prof. Dietrich Grönemeyer:
Als Krankenpflegerin und Medizinstudentin bringt Leah Weigand ihre jahrelangen Erfahrungen mit außergewöhnlicher Wortgewandtheit und Empathie ein. Sie schafft dadurch auch außerhalb ihrer Bühnen-Performances ein Bewusstsein für die Probleme in der Pflege.
Pflegekräfte am Limit: Wie lässt sich Pflege verbessern?
Aktuell fehlen in Deutschland gut 200.000 Pflegekräfte. Und: Viele in diesem Beruf verlassen ihren Job. Wie erklärt sich Leah Weigand, dass viele Pflegende sagen: "Ich kann einfach nicht mehr"?
"Eigentlich braucht's nur mehr Leute", sagt Leah Weigand auf die Frage, wie man die Situation in der Pflege verbessern könnte. Die Wege dorthin seien vielfältig: Zum einen sollte man als Pfleger:in selbst ausstrahlen, was für ein schöner Beruf das ist.
Zum anderen müssten bessere Bedingungen geschaffen werden, die den Beruf attraktiver machen – auch für Männer oder für Menschen, die damit ihre Familie ernähren wollen. Das beinhalte auch bessere Modelle, die den schwierigen Schichtdienst besser anpassen und ihn familienverträglich machen. Um das zu erreichen, brauche es die Zusammenarbeit von Politik, den Pflege-Häusern und den Pflegenden.
Mitleid für den Pflegeberuf ist kein guter Ansatz
Dass die problematische Situation in der Pflege sich so lange halten kann, liege auch daran, dass dort "so viele robuste Menschen arbeiten, die das immer noch so mittragen und mitmachen, weil sie den Job so gerne machen und sich leider ein bisschen den Bedingungen beugen".
Problematisch findet Leah Weigand auch, dass in den vergangenen Jahren so etwas wie ein Mitleid für die Pflegenden entstanden sei:
Pflegekräften mehr zutrauen und mehr Verantwortung übertragen
"Pflegekräfte sind nur Hilfskräfte": Dieses Bild werde nicht nur in manch einer Fernsehserie vermittelt. Auch die Zusammenarbeit mit Ärzt:innen sei nicht immer frei davon. Die Pflegenden sollten, so Weigand, Selbstbewusstsein über ihr Können, ihre Kompetenz und ihr Verantwortungsbewusstsein ausstrahlen, denn das fördere den Respekt.
Was Propyhlaxe angehe, sagt Leah Weigand deutlich und selbstbewusst: In der Vorsorge kenne sich Pflege viel besser aus – auch besser als die Mediziner – um zum Beispiel Thrombosen oder Druckgeschwüre zu vermeiden. Und da, so ihre Forderung, brauche es mehr Eigenverantwortung. Das allerdings gehe nur, wenn die bestehenden Vorschriften entsprechend geändert würden. Dass das ein langer Weg ist, ist ihr klar.
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Rechzeitig vorsorgen für den Pflegefall
Dass der Pflegefall eines Tages kommen wird, wissen wir alle – wir verdrängen es nur allzu oft. Auch ihr, sagt Leah Weigand, mache es durchaus ein wenig Angst, dass die Pflegekräfte im Moment immer weniger werden und die Pflegebedürftigen immer mehr. Deshalb sei es gut, sich gedanklich mit dem Thema Pflege zu beschäftigen und gemeinsam mit Eltern, Partnern, Angehörigen oder Freunden rechtzeitig darüber zu reden, wie man sich den Pflegefall vorstellt und individuelle Lösungen zu finden.