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Reinhard Kaiser-Mühlecker: Enteignung

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Seit seinem Debütroman „Der lange Gang über die Stationen“ (2008) schreibt der gerade einmal 36 Jahre alte Österreicher Kaiser-Mühlecker an einem Werk, das in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur keinen Vergleich hat. Seine Figuren sind eingeschlossen in ihre Herkunft und in ihre Sprache. Sie betrachten den Fortschritt, der den Niedergang der traditionellen Lebensverhältnisse bedeutet, mit Staunen und Ungläubigkeit. Kaiser-Mühleckers Figuren sprechen nicht viel, aber aus dieser Kargheit und Stummheit entspringt virtuose Prosa.

Der Protagonist des neuen Romans ist, nicht zum ersten Mal, ein Rückkehrer. Der Ich-Erzähler ist Journalist und kommt zurück an den Ort, in dem er seine Kindheit verbracht hat. Er schreibt Berichte für das Lokalblatt, lernt Ines kennen, die in einem Neubauviertel wohnt, und arbeitet für einen Bauern, dem kein Land mehr gehört. Lohnt sich das alles, lohnt es sich noch? Eine elende Generation, die da heranwächst, heißt es einmal, und doch wird das erzählende Ich hineingezogen in diese klebrige Masse aus Identität und Verlorenheit.

Es geht nicht mehr um Heimat- oder Anti-Heimatliteratur. Thomas Bernhard liegt seit langem im Grab. Reinhard Kaiser-Mühlecker schreibt eigensinnig und unbeirrbar in den Zwischenraum hinein.

Zum Autor:

Reinhard Kaiser-Mühlecker wurde 1982 in Kirchdorf an der Krems geboren und wuchs in Eberstalzell, Oberösterreich, auf. Er studierte Landwirtschaft, Geschichte und Internationale Entwicklung in Wien.
Sein Debütroman „Der lange Gang über die Stationen” erschien 2008, es folgten die Romane „Magdalenaberg” (2009), „Wiedersehen in Fiumicino” (2011), „Roter Flieder” (2012) und „Schwarzer Flieder” (2014) sowie „Zeichnungen. Drei Erzählungen” (2015). Für sein Werk wurde er mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem Preis der Jürgen-Ponto-Stiftung, dem Kunstpreis Berlin, dem Österreichischen Staatspreis und dem Literaturpreis des Kulturkreises der deutschen Wirtschaft. Zuletzt erschien der Roman „Fremde Seele, dunkler Wald” (2016), der für die Shortlist des Deutschen Buchpreises nominiert wurde.

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Autor/in
SWR