Die 1947 in Trier geborene Ursula Krechel gehört zu den stillen Stars der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur. Sie schreibt Lyrik, Prosa, Essays, Hörspiele und Theaterstücke. Für ihren Roman „Landgericht“, der auch als Zweiteiler für das ZDF verfilmt wurde, erhielt Krechel im Jahr 2012 den Deutschen Buchpreis. Bereits 2009 war Krechel mit dem Joseph Breitbach-Preis ausgezeichnet worden, der hierzulande zu den höchstdotierten Literaturauszeichnungen gehört.
In ihrem neuen Roman unternimmt Ursula Krechel ein großes Wagnis, spannt sie doch Geschichte, Politik und das große Thema Mutterschaft in einem komplexen Plot zusammen. Da sind Eva und ihr Sohn, in einem angespannten Verhältnis. Er spricht nicht mit ihr: „Ich warte darauf, dass mein Sohn mit mir spricht. An einem anderen Tag betrete ich sein Zimmer, er dreht mir den Rücken zu; ich sollte nicht auf seinen Bildschirm schauen, tue es aber doch.“
Da ist eine Lateinlehrerin, die die beiden möglicherweise ausspioniert und gleichzeitig antike Familienverhältnisse in ihren grausamen Formen für den Unterricht vorbereitet. Und da ist die Justizministerin, die für beide Frauen zum Fluchtpunkt wird.
Es geht auch darum, wer über wen Macht hat, und sei es auch nur im Schriftlichen. Wer verfügt über das Urheberrecht für Lebensläufe? Aus einem Briefentwurf Evas an die Ministerin: „Es muss doch ein Gesetz geben, ein Gesetz muss her, das jemandem das Handwerk legt, ungefragt über andere zu schreiben. Es müsste doch verboten sein, über jemanden Behauptungen aufzustellen, die nicht der Wahrheit entsprechen.“