Man stelle sich vor: 2037 hätte sich Norwegen schon seit fast zehn Jahren hinter Stacheldraht und Mauern zurückgezogen, um autark von seinen eigenen Erzeugnissen und abgeschottet von äußeren Einflüssen zu leben. So geschieht es in der norwegisch-deutschen Thriller-Serie „The Fortress“. Allerdings läuft auch in diesem wohl behüteten angeblichen Paradies nicht alles glatt.
Norwegen schottet sich ab von Europa
Norwegen ist ein reiches Land: Rohstoffe, Klima, Knowhow, alles scheint in Fülle vorhanden. Unter der Partei „Unser Weg“ hat sich das Land nach Pandemien und schweren europäischen Krisen in den 2030er Jahren total isoliert. Und lebt gut damit.
Schwachstelle Nahrungsmittelproduktion
Die Versorgung der Bevölkerung ist dabei quasi immer ein Politikum. Die Nahrungsmittelproduktion wird hoch technisiert überwacht. Verantwortlich dafür ist die brillante Biologin Esther Winter (Selome Emnetu).
Sie wird alarmiert als in der Lachszucht eine schwere Krankheit ausbricht. Damit droht eins der Hauptnahrungsmittel wegzufallen.
Populistische Vaterlandsbeschwörer regieren Norwegen
Auf der anderen Seite der Mauer, hinter Stacheldraht, versammeln sich Menschen aus ganz Europa in schwedischen Flüchtlingscamps. „The Fortress“, die Festung, heißt die Serie und natürlich ist damit erstmal die ummauerte Schönwetter-Demokratie Norwegen gemeint.
Es geht unter die Haut wie sich Staatschef Heyerdahl mit seiner Bewegung „Unser Weg“ zwar modern, transparent und menschenfreundlich gibt. Aber als die rätselhaften Erreger der Fischseuche auch die Bevölkerung bedrohen, wird klar, dass „die Festung“ vor allem ein ideologisch nationalistisches Bollwerk ist.
Norwegen über alles, und Schuld sind im Zweifel immer die anderen. So schlummert hinter dem Antlitz eines funktionierenden fürsorglichen Staates das ganze Arsenal von Fake News bis zu Stasi-ähnlicher Überwachung. Die Serie von Autor John Kåre Råke verliert gegen Ende ein bisschen an Fahrt und innerer Logik, dennoch hält sie ein hohes Spannungsniveau.
„The Fortress“ passt hervorragend in unsere Zeit
Sie wird getragen von der sehr interessanten Besetzung um Tobias Santelmann, Russel Tovey oder Eilie Harboe. Und von ihrem Thema. Denn leider muss man sagen, sie passt hervorragend in die Zeit. Ihre irritierend nachhaltige Wirkung erzielt sie dadurch, dass sie nicht vordergründig dystopisch rüberkommt.
Norwegen erscheint nicht als feindselige Diktatur, aber möglicherweise als Near Future Fantasie populistischer Vaterlandsbeschwörer. Deren Festungen in den Köpfen gilt es zu Fall zu bringen.
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