Robert Zemeckis liebt das Spiel mit der Zeit. In „Here“ zeigt sich der 72-jährige Regisseur experimentierfreudiger denn je. Aus fester Kameraperspektive erzählt er die Geschichte eines Flecken Erdes – von der Urzeit bis heute. Mit dabei: seine „Forrest Gump“-Stars Tom Hanks und Robin Wright – verjüngt und gealtert mittels KI.
Zeitreise aus nur einer Kameraperspektive
Der Filmtitel „Here“ ist ganz wörtlich zu verstehen. Die Kamera wird ihre Position für die Länge des gesamten Films nicht verlassen. In einem einzigen Bildausschnitt erzählt Regisseur Robert Zemeckis, was sich hier, auf diesen paar Quadratmeter Fläche in den USA abgespielt hat.
Sogar Dinosaurier trampeln durchs Bild, bevor der Mensch die Bildfläche betritt. 1907 schließlich entsteht das Haus, in dessen Wohnzimmer die starre Kamera ihren Platz einnimmt.
Zeitebenen vermischen sich
Zemeckis spürt dem Gefühl der vorbeifliegenden Zeit nach, indem er das Leben der Bewohner des Hauses über Generationen beobachtet. Das ist anfangs etwas verwirrend, da er die Zeitebenen ständig mischt und kunstvoll ineinander überblendet. Aber die Einrichtung des Hauses, die Kleidung sowie die Musik der jeweiligen Zeit geben dem Zuschauer bald Orientierung, in welchem Jahrzehnt die jeweilige Episode spielt.
Momentaufnahmen des Alltags erzählen die Story
Eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Es sind Momentaufnahmen des Alltags, Erinnerungsschnipsel, die elementaren Erfahrungen des Lebens: Kinder werden geboren, wachsen auf und verschwinden aus dem Fokus der Kamera, Paare lieben und streiten sich, Berufspläne werden gefasst und von den Zwängen der Realität kassiert.
KI lässt Tom Hanks und Robin Wright jünger werden und altern
Im Mittelpunkt steht die Geschichte von Richard und Margret, die seit den 60ern 40 Jahre in diesem Haus wohnen. Das Paar wird gespielt von Tom Hanks und Robin Wright, die schon in Zemeckis „Forrest Gump“ Liebende waren.
In den ersten Einstellungen treten sie mithilfe einer neuen „De-Aging“-KI – seltsam unnatürlich – verjüngt als 18-Jährige auf. Am Ende sind sie KI-gealterte Greise. Dazwischen liegt ein Leben, in dem die Sorge um Geld, die Kinder oder die alten Eltern die eigene Selbstverwirklichung verhindert.
Robert Zemeckis geht bis an die Grenzen des Mainstream-Kinos
Das Leben als Anhäufung verpasster Chancen und nicht realisierter Träume – eine überraschende Sichtweise für einen Regisseur, der mit 72 Jahren auf eine lange experimentierfreudige Hollywoodkarriere zurückblickt. Mit Filmen wie „Forrest Gump“ oder „Zurück in die Zukunft“ hat er die Grenzen des Mainstream-Kinos technisch und erzählerisch ausgelotet.
Ein Film über das Geheimnis von Orten
Auch mit diesem Alterswerk gelingt ihm ein ungewöhnlicher Film. Er mag vielleicht ein bisschen zu sentimental geraten sein und den Figuren mangelt es an Tiefe. Aber wenn man sich auf die Reise durch die Zeiten einlässt, entwickelt sie eine Sogwirkung. „Here“ ist eine Meditation über das Verhältnis von Mensch, Erinnerung und Zeit und ein Film über das Geheimnis von Orten. Wie oft fragt man sich in alten Häusern, was diese vier Wände wohl alles gesehen haben. Hier erfährt man es.
Trailer „Here“, ab 12.12. im Kino
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