Experimentierfreudiges Alterswerk

„Here“ von Robert Zemeckis – Filmische Zeitreise mit dem Forrest-Gump-Paar Tom Hanks und Robin Wright

Stand

Von Autor/in Julia Haungs

Robert Zemeckis liebt das Spiel mit der Zeit. In „Here“ zeigt sich der 72-jährige Regisseur experimentierfreudiger denn je. Aus fester Kameraperspektive erzählt er die Geschichte eines Fleckens Erde – von der Urzeit bis heute. Mit dabei: seine „Forrest Gump“-Stars Tom Hanks und Robin Wright – verjüngt und gealtert mittels KI.

Zeitreise aus nur einer Kameraperspektive

Der Filmtitel „Here“ ist ganz wörtlich zu verstehen. Die Kamera wird ihre Position für die Länge des gesamten Films nicht verlassen. In einem einzigen Bildausschnitt erzählt Regisseur Robert Zemeckis, was sich hier, auf diesen paar Quadratmeter Fläche in den USA abgespielt hat.

Sogar Dinosaurier trampeln durchs Bild, bevor der Mensch die Bildfläche betritt. 1907 schließlich entsteht das Haus, in dessen Wohnzimmer die starre Kamera ihren Platz einnimmt. 

Tom Hanks (links), Robin Wright (Mitte) und Regisseur Robert Zemeckis (rechts) schauen sich Baupläne am Filmset zu „Here“ an. Das Wohnzimmer des Sets ist weihnachtlich geschmückt.
Der Regisseur Robert Zemeckis (rechts) hat „Here“ fast komplett aus einer einzigen Einstellung heraus gedreht. Der Film umspannt gleich mehrere Tausend Jahre, konzentriert sich aber auf die Geschichte eines 1902 erbauten Hauses. Als Hauptdarsteller: Tom Hanks (links) und Robin Wright (Mitte). Bild in Detailansicht öffnen
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Zeitebenen vermischen sich

Zemeckis spürt dem Gefühl der vorbeifliegenden Zeit nach, indem er das Leben der Bewohner des Hauses über Generationen beobachtet. Das ist anfangs etwas verwirrend, da er die Zeitebenen ständig mischt und kunstvoll ineinander überblendet. Aber die Einrichtung des Hauses, die Kleidung sowie die Musik der jeweiligen Zeit geben dem Zuschauer bald Orientierung, in welchem Jahrzehnt die jeweilige Episode spielt.

Filmstill
Weihnachten im Familienkreis... Tom Hanks (links) und Robin Wright (Mitte).

Momentaufnahmen des Alltags erzählen die Story

Eine Handlung im eigentlichen Sinne gibt es nicht. Es sind Momentaufnahmen des Alltags, Erinnerungsschnipsel, die elementaren Erfahrungen des Lebens: Kinder werden geboren, wachsen auf und verschwinden aus dem Fokus der Kamera, Paare lieben und streiten sich, Berufspläne werden gefasst und von den Zwängen der Realität kassiert.

Filmstill
Der Film zeigt Momentaufnahmen des Alltags, Erinnerungsschnipsel, elementare Erfahrungen des Lebens ...

KI lässt Tom Hanks und Robin Wright jünger werden und altern

Im Mittelpunkt steht die Geschichte von Richard und Margaret, die ab den 60ern 40 Jahre in diesem Haus wohnen. Das Paar wird gespielt von Tom Hanks und Robin Wright, die schon in Zemeckis „Forrest Gump“ Liebende waren.

Filmeinstellung aus „Here“: Robin Wright (links) steht mit Tom Hanks (rechts) im Durcheinander eines Wohnzimmers. Beide Darsteller*innen wurden digital nachbearbeitet.
Wieder jung: Für den Film wurden Archivbilder der Schauspielerinnen und Darsteller verwendet, aus der eine KI eine Art digitales Make-up erstellte. Tom Hanks ist eigentlich 68, Robin Wright 58 Jahre alt.

In den ersten Einstellungen treten sie mithilfe einer neuen „De-Aging“-KI – seltsam unnatürlich – verjüngt als 18-Jährige auf. Am Ende sind sie KI-gealterte Greise. Dazwischen liegt ein Leben, in dem die Sorge um Geld, die Kinder oder die alten Eltern die eigene Selbstverwirklichung verhindert.

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Robert Zemeckis geht bis an die Grenzen des Mainstream-Kinos

Das Leben als Anhäufung verpasster Chancen und nicht realisierter Träume – eine überraschende Sichtweise für einen Regisseur, der mit 72 Jahren auf eine lange experimentierfreudige Hollywoodkarriere zurückblickt. Mit Filmen wie „Forrest Gump“ oder „Zurück in die Zukunft“ hat er die Grenzen des Mainstream-Kinos technisch und erzählerisch ausgelotet.

Filmstill
In „Here“ zeigt sich der 72-jährige Regisseur Robert Zemecki experimentierfreudiger denn je.

Ein Film über das Geheimnis von Orten

Auch mit diesem Alterswerk gelingt ihm ein ungewöhnlicher Film. Er mag vielleicht ein bisschen zu sentimental geraten sein und den Figuren mangelt es an Tiefe. Aber wenn man sich auf die Reise durch die Zeiten einlässt, entwickelt sie eine Sogwirkung. „Here“ ist eine Meditation über das Verhältnis von Mensch, Erinnerung und Zeit und ein Film über das Geheimnis von Orten. Wie oft fragt man sich in alten Häusern, was diese vier Wände wohl alles gesehen haben. Hier erfährt man es.

Trailer „Here“, ab 12.12. im Kino

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