Schwanger und drogensüchtig – das ist schon eine furchtbare Kombination. Aber was, wenn auch noch das Abbüßen einer Gefängnisstrafe ansteht? Chiara Fleischhacker, Absolventin der Filmhochschule Baden-Württemberg, schildert in ihrem Spielfilmdebüt eine solch ausweglos anmutende Situation.
Mutter-Kind Bindung mit allen Konsequenzen
„Vena“ – der Filmtitel bezieht sich nicht auf den Namen der werdenden Mutter, die heißt Jenny. Es ist auch nicht der Name ihrer ungeborenen Tochter. „Vena“ bezieht sich auf die Nabelschnurvene und ist ein zentrales Bild für das Thema dieses Films: die enge Bindung von Mutter und Kind, mit allen Konsequenzen.
Crystal Meth beherrscht die Schwangerschaft
Das Baby in Jennys Bauch bekommt von ihr zwar Liebe ab, ansonsten aber fast nur Schlechtes, denn die junge Mutter raucht in der Schwangerschaft weiter und ist süchtig nach Crystal Meth, genau wie ihr Freund. Das hat sie schon das Sorgerecht ihres Sohnes gekostet, der seit Jahren bei ihrer Mutter lebt.
Eigentlich will sie dieses Mal alles besser machen. Die Umstände in der ostdeutschen Plattenbautristesse sind allerdings wenig vielversprechend. Zumal Jenny demnächst auch noch eine Gefängnisstrafe antreten muss. Angekettet an ein Krankenhausbett wird Jenny gegen Ende des Films gebären und danach den schmerzlichsten Moment ihres Lebens durchmachen.
Unmenschlicher Umgang mit Schwangeren im Strafvollzug
Regisseurin und Drehbuchautorin Chiara Fleischhacker zeichnet ein realistisches Bild davon, was es heißt, im Strafvollzug schwanger zu sein. Tatsächlich ist es so, dass eine Frau, die keinen der wenigen Plätze in einem Mutter-Kind-Heim bekommt, von ihrem Neugeborenen getrennt wird.
Eine Praxis, die unmenschlich anmutet und im Hinblick auf Resozialisierung und Kindeswohl zweifelhaft ist. Was Jenny eigentlich in diese Situation gebracht hat, verrät „Vena“ nicht.
Vielschichtiges Sozialdrama verweigert einfache Antworten
Generell verzichtet das vielschichtige Sozialdrama auf einfache Erklärungen. Die Schauspielerin Emma Nova (in der Hauptrolle) schafft es hinter der Klischee-Fassade aus künstlichen Wimpern und langen bunten Gelnägeln eine verletzliche junge Frau zum Vorschein zu bringen, mit all ihren Widersprüchen.
Die aufrichtige Liebe zu ihrem Baby, die nicht zur Verantwortungslosigkeit passt, mit der sie dem Kind schadet, ihre Verweigerung gegenüber Hilfsangeboten staatlicher Stellen und gleichzeitig die Unfähigkeit, Dinge alleine auf die Reihe zu bekommen – das alles wird in „Vena“ eindringlich dargestellt, ohne die Hauptfigur zu verurteilen.
Emma Nova als grandiose Hauptdarstellerin
Diese Einfühlsamkeit ist ein Verdienst Chiara Fleischhackers, auch wenn sie sich manches vielleicht etwas leicht macht. Wenig überzeugend erscheinen zum Beispiel Jennys eigenständig durchgeführter Entzug ohne Rückfall oder das schnelle Vertrauen zur Familienhebamme, durch die sie ihr Leben schließlich in den Griff bekommt.
Insgesamt ist „Vena“ ein sehenswertes Debüt mit einer grandiosen Hauptdarstellerin. Der feinfühlig erzählte Film schafft Verständnis für die Schwierigkeiten, aus einem dysfunktionalen Leben heraus Verantwortung für sich und andere zu übernehmen.
Trailer „Vena“, ab 28.11. im Kino
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