„Am laufenden Band“, „Rudis Tagesshow“, „Herzblatt“ – mehr als 40 Jahre lang unterhielt Rudi Carrell das deutsche Publikum mit flapsigem Humor, Schlagern und seinem holländischen Akzent. Dabei war er nicht nur sympathisch, sondern galt als cholerisch und sexistisch. In Mainz widmet der niederländische Schauspieler Marcel Hensema dem Showmaster eine liebevoll-kritische Hommage.
Niederländer spielt Niederländer
„Showmaster ist mein Beruf“ sang Rudi Carrell 1975 – dieses Lied darf natürlich in dem gleichnamigen Stück am Mainzer Staatstheater nicht fehlen. Die Inszenierung ist eine One-Man-Show. Auf der Bühne steht ein 54-jähriger niederländischer Promi, den hierzulande kaum jemand kennt.
Viele Niederländer nahmen Carrell den Wechsel zum deutschen Fernsehen übel
Schon länger hat sich Marcel Hensema einen Auftritt auf einer deutschen Bühne gewünscht, deshalb ist er mit seiner Rudi-Carrell-Idee auf das Staatstheater Mainz zugegangen. Beide Künstler haben eine biografische Gemeinsamkeit: Sie sind in der holländischen Provinzstadt Alkmaar aufgewachsen.
Für Marcel Hensema ein Grund, sich intensiv mit Carrell zu beschäftigen. Als dieser 1964 zum deutschen Fernsehen wechselte, war das in Holland sehr umstritten.
Rudi Carrell arbeitete mit Fleiß an seinem Erfolg
Marcel Hensema hat gemeinsam mit Theaterautor David Gieselmann und Regisseur Luis Dekant diesen Solo-Abend kreiert. In dem Stück nähert sich die Bühnenfigur Marcel auf spielerische Weise dem Phänomen Rudi Carrell. Dazu schlüpft Marcel Hensema in verschiedene Rollen. Über weite Strecken verwandelt er sich in den Showmaster, der mit Fleiß und äußerster Perfektion an seinem Erfolg arbeitete
Für den 31-jährigen Regisseur war Carrell ein Unbekannter
Für den 31-jährigen Regisseur Luis Dekant ist es die erste Inszenierung für eine große Bühne. Er selbst kannte Rudi Carrell, der für viele Babyboomer ein Kindheitsheld ist, nur vom Namen her.
Sein Blick auf ihn ist eher distanziert: „Aus der Sicht vieler jüngerer Leute inklusive mir war insbesondere der Umgang mit Frauen ein schwieriges Thema“, sagt er. „Gleichzeitig muss man mit der Figur aber auch respektvoll umgehen. Das ist ein wilder Spagat...“
Sexismus von Carrell sorgte für Kontroversen
Das sexistische Verhalten von Rudi Carrell sorgte während der Stückentwicklung für Diskussionen zwischen den jüngeren und älteren Theaterleuten. Die Bühnenfigur Marcel setzt sich immer wieder mit der Figur des erfolgreichen Showmasters Rudi auseinander.
Neben glanzvollen Momenten werden auch seine Schattenseiten gezeigt, sein cholerisches Auftreten, seine Affären, sein exzessiver Konsum von Alkohol und Zigaretten.