Clemens Setz, 1982 im österreichischen Graz geboren, ist einer der Autoren, die wirklich weite und ausladende Brücken bauen können. Zwischen virtueller Welt und realem Alltag, zwischen Wahnsinnn und Vernunft, zwischen Netz und Erde. „Lassen Sie mich mit Wrestling beginnen“ – damit eröffnete er die Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt, und es trifft seinen Horizont genauso wie sein neuester Roman „Monde vor der Landung“, in dem er als Helden Peter Bender wählt – der in den 20er Jahren eine der wahnwitzigsten Verschwörungstheorien entwickelte.
Für seinen ersten Roman: „Die Liebe in Zeiten des Mahlstädter Kindes“ bekam er gleich den Preis der Leipziger Messe, später stand er mehrfach auf den Auswahllisten des Deutschen Buchpreises, 2021 bekam er den renommierten Georg Büchner Preis. Und gleichzeitig ist er im Netz unterwegs, in sozialen Medien unterhält er eine echte Fangemeinde mit Fotos und Gedanken.
Jurybegründung
Clemens Setz, meinte die Jury, „ ist ein Geschichtenumsetzer mit weitem Horizont, ein Themenfinder mit Scharfblick, ein Materialumwälzer mit grenzenlosem Interesse. Das hat die deutschsprachige Literatur selten gesehen. Es wird spannend, was er in den nächsten 12 Monaten an Fundstücken in seine irisierenden Gedichte packt. Ihm ist nichts Menschliches fremd und alles Fremde menschlich. Klar ist, dass er dabei auch die Grenzen dessen verschieben muss, was heute unter literarischer Sprache verstanden werden kann: Denn dazu gehören notwendig auch Bilder, soziale Medien, Videos und Podcasts.“
Die Jury:
Mara Delius (Die Welt)
Michael Köhlmeier (Schriftsteller)
Raoul Schrott (Schriftsteller und Dichter)
Nicola Steiner (Leiterin Literaturhaus Zürich)
Alexander Wasner (SWR)
Die Gedichte und Gespräche mit dem Autor:
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Clemens Setz – das fünfte Gedicht: Ein Gleiches
Können Kampfdrohnen harmlos wirken? Nur im Gedicht, aus der Perspektive des Kindes der Zukunft.
Im fünften Gedicht als Poeta laureatus wagt sich der Dichter ins Fantastische – er besucht einen Zoo der Zukunft. -
Gespräch mit Poeta Laureatus Clemens Setz zum fünften Gedicht
„Wir sind der Kokon, aus dem was schlüpfen soll“ – im Gespräch zum fünften Gedicht wagt sich Clemens Setz weit vor: Werden alle Alpträume der Science Fiction wahr? Baut die Menschheit gerade an ihrem Ende?
Und dann wagt sich Clemens Setz noch vor in die Gefilde von Friedrich Klopstock und Ezra Pound, die beide mit der französischen Revolution und mit dem Ende des italienischen Faschismus eigene Formen der Apokalypse im Gedicht verarbeiteten. -
Clemens Setz – das vierte Gedicht: Der Soldat, der eine Drohne mit einem Regenschirm abzuwehren versuchte
Man kann eine Kampfdrohne nicht mit dem Regenschirm abwehren. Aber im Netz kursieren groteske und schreckliche Videos von Soldaten, die sehen, wie die Drohne mit dem Sprengstoff auf sie zufliegt. Das stellt Clemens Setz in den Mittelpunkt seines vierten Gedichts als Poeta laureatus.
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Gespräch mit Poeta Laureatus Clemens Setz zum vierten Gedicht
Clemens Setz bezeichnet sein viertes Gedicht im Gespräch als „hilflos“. Wie kann das sein? Natürlich kann ein Gedicht keinem überfallenen Staat helfen, natürlich rettet es keine Menschenleben.
Clemens Setz stellt Videos in den Mittelpunkt, die im Netz auftauchen: Die letzten Sekunden von Kampfdrohnen, bevor sie explodieren. Zu sehen sind die Menschen, die dabei sterben. Eine neue Qualität bei der medialen Verarbeitung von Kriegen.
Als poeta laureatus des literaricums in Lech tastet sich Clemens Setz weiter an sein Ziel heran: Den rasenden Veränderungen der Welt sprachlich gerecht zu werden. -
Clemens Setz – das dritte Gedicht: Poeta Laureatus Feedback
„Ich werde…mich in Zukunft bemühen“ – wann hat je ein Dichter eine so einsichtige Zeile geschrieben. Manchmal wollen Leute dem Poeta laureatus reinreden – so ist das in der gegenwärtigen Allgegenwart der sozialen Medien. Der Dichter macht in seinem 3. Gedicht ein Spiel daraus.
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Gespräch mit Poeta Laureatus Clemens Setz zum dritten Gedicht
Clemens Setz über das Echo, dass er als Dichter erfährt und darüber, wie man ihm reinzureden versucht. In seinem dritten Gedicht hat er ein Spiel daraus gemacht. Alles ist Material für den Dichter – aber taugt es auch, wenn man im Amt ist und etwas sagen will über den Zustand der Welt im Zeitalter von Computern und künstlicher Intelligenz?
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Clemens Setz – das zweite Gedicht: Kopf eines schwärzlichen Löwen, brüllend
Clemens Setz beschreibt im zweiten Gedicht einen Spaziergang durch Wien. Er schildert das Verhältnis von Krähen um Magnolien, erzählt von Fischen, die wie Schlüssel glänzen – und vom Unbehagen, wenn die Übertragungsqualität fehlt. Was malt der Soldat im Krankenhaus in Uschhorod? Und was davon kommt an beim Dichter beim Spazieren in der Wiener Vorstadt?
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Gespräch mit Poeta Laureatus Clemens Setz zum zweiten Gedicht
Es geht um Informationsmöglichkeiten im Krieg von heute, um politische Lyrik aus der Perspektive des Zuschauers, um die Gedichte von Konstantin Kavafis, um Videos auf unterschiedlichen Plattform und die Empfangsqualität in der Wiener Vorstadt. Clemens Setz ist als Poeta Laureatus des literaricums auf der Suche nach einem Verhältnis des Wiener Stadtbewohners zur politischen Situation der Gegenwart.
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Clemens Setz – das erste Gedicht: Schmetterlingseffekt
Kann ein Schmetterling in Kalifornien wirklich mit seinem Flügelschlag einen Wirbelsturm in China auslösen? Clemens Setz widmet sein erstes Gedicht dem Schmetterling: Hätte er Angst, wenn er wüsste, was er anrichten kann?
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Gespräch mit Poeta Laureatus Clemens Setz zum ersten Gedicht
Der österreichische Schriftsteller und Lyriker Clemens Setz im Gespräch zum neuen Amt – Da geht es um die Macht des Dichters, des Papstes und des Schmetterlings. Und vor allem darum, wieviel Angst ein Schmetterling haben sollte, wenn er wüsste, dass er mit jedem Flügelschlag unglaubliches Leid hervorrufen kann. Aber um seine Freude am Albern und an Franz Kafka geht es auch.
Gedichte und ihre Geschichte Clemens J. Setz: „Schmetterlingseffekt“
Der Schmetterlingseffekt ist der Fachterminus für einen physikalischen Effekt, der dynamische Vorgänge beschreibt, die nicht vorhersehbar, aber von großer Wirkung sein können. Der österreichische Lyriker Clemens J. Setz erkennt darin Parallelen zur Gesellschaft unserer Gegenwart, vor allem bei jungen Menschen. Setz ist der neue Poeta Laureatus am Literaricum in Lech. Er hat die Aufgabe, ein Jahr lang jeden Monat ein Gedicht zu schreiben.
Lyrik | Preis Poeta Laureatus – mehr zur Geschichte des "lorbeerbekränzten Dichters"
Poeta Laureatus – das ist seit der Antike ein Titel, der den Dichter ganz offiziell öffentlich macht. Mit Amt. Im Vortrag, in der Veröffentlichung, in der Lehre: Der Poeta Laureatus darf reden.
Lyrik | Preis „Die Welt schmeckt jetzt anders“ – Michael Krüger ist Poeta Laureatus 2023
Der Krieg und die Dichter, das war immer ein Thema, seit Homer Troja besungen hat und Gryphius die Toten des 30jährigen Kriegs beklagten. Michael Krüger macht als Poeta Laureatus des literaricums im österreichischen Lech keine Ausnahme. Jeden Monat findet er Worte für das, was ihn beschäftigt: Amseln und Drohnen, das Alter und die Frage, was man mit Apfelbäumen aus dem Kaukasus machen sollte. Bei SWR 2 lesenswert und auf SWRKultur.de veröffentlichen wir die Gedichte und dazu Gespräche, die Michael Krüger und SWR2-Literaturredakteur Alexander Wasner monatlich führen.