Eigene Biographie für die Rolle nutzen

Method Acting – Eine Schauspielmethode ist Thema beim Filmfestival Mannheim Heidelberg

Stand
Autor/in
Martina Senghas

Beim Internationalen Filmfestival Mannheim und Heidelberg sind neben den zentralen Newcomer-Filmen aus aller Welt auch einige Klassiker zu sehen – etwa in der Retrospektive zum Thema Method Acting.

Bekannt durch das Hollywood-Kino der Nachkriegszeit

Erfunden hat das Method Acting der russische Theater-Schauspieler und -Regisseur Konstantin Sergejewitsch Stanislawski Ende des 20. Jahrhunderts. Richtig bekannt geworden ist sie durch das Hollywood-Kino der Nachkriegszeit. Mit Schauspielern wie Marlon Brando und Sally Field, Robert de Niro und Faye Dunaway. Bei Internationalen Filmfestival Mannheim Heidelberg (IFFMH) zeigt eine Retrospektive, was man sich genauer darunter vorstellen kann.

Weg von der Theatralik hin zur Wahrhaftigkeit der Gefühle

Die Idee des Method Acting ist: weg von der gespielten Theatralik hin zum wahrhaftigen Gefühl, zum psychologischen Spiel. Das war durchaus ein Bruch in der Schauspielkunst – eine große neue Idee. So wie es die abstrakte Malerei oder die atonale Musik in den anderen Kunstrichtungen war, meint Hannes Brühwiler, der beim Filmfestival für die Retrospektive – also die Rückschau auf alte Filme – verantwortlich ist.

Ausgehend vom eigenen Leben wurden die Schauspielerinnen und Schauspieler aufgefordert, diese Emotionen auf die Rollen zu projizieren und aus dem Inneren heraus das darzustellen. Sprich: die Schauspielerinnen und Schauspieler sollten ihre eigene Biographie für die Rolle nutzen. Und dadurch wurde das Spiel intensiver und unmittelbarer.

Zwölf Filme zeigen Method Acting von 1947 bis 1980

Ein Film, der gut zeigt, wie man sich die Methode genauer vorstellen kann, ist „Misfits“ – deutscher Titel: „Nicht gesellschaftsfähig“, unter anderem mit Marilyn Monroe, Montgomery Clift und Clark Gable. Alle drei seien großartige Schauspieler, meint Brühwiler. Aber bei Clark Gable sehe man noch das klassische Hollywood, während Marilyn Monroe und Montgomery Clift Method Actor durch und durch seien.

Es sind alle Alkoholiker – aber während bei Montgomery Clift die Flasche in ihm drin ist – bei Clark Gable ist sie immer außerhalb. Und das fällt irgendwie auf.  

Auf dem Programm der Retrospektive stehen noch elf weitere Filme. Darunter die Rassismus-Parabel „Flucht in Ketten“ mit Sydney Poitier und Tony Curtis. Oder die Geschichte über eine Kämpferin für bessere Arbeitsbedingungen „Norma Rae“ mit Sally Field.

Method Acting hat sich gewandelt im Laufe der Jahre

Eine eindeutige Definition, was Method Acting genau ist, gibt es nicht. In jüngerer Zeit zählen Schauspieler wie Daniel Day-Lewis dazu, der als Vorbereitung für eine Rolle einen Monat lang in der Wildnis lebte, oder Robert de Niro, der 30 Kilo zunahm. Das IFFMH beschränkt sich auf die Zeit zwischen 1947 und 1980.

Die Retrospektive des Internationalen Filmfestival Mannheim Heidelberg ist eine Möglichkeit, alte Filme wieder- oder neu zu entdecken. Es ist aber auch ein Impuls, mal auf andere Dinge zu achten als man es üblicherweise tut. Eine kleine Schule des Sehens, wenn man so will.  

IFFMH  Twentieth Century Fox Film Corporation
Sally Field als kämpferische Arbeiterin in "Norma Rae"

Podiumsgespräch zu Schauspielmethoden mit Lars Eidinger und anderen

Begleitend zur Filmreihe gab es ein Podiumsgespräch mit dem Schauspieler Lars Eidinger und den Schauspielerinnen Antje Traue und Hanna Hilsdorf. Sie gaben Antwort auf die Frage, wie sie sich Rollen nähern. Von ihnen bezeichnet sich tatsächlich niemand als Method Actor. Und sie mussten zugeben, dass es gar nicht einfach ist, zu beschreiben, wie man das eigentlich macht: Schauspielen.

Das sind ja auch innere Prozesse und das ist etwa sehr Privates und Intimes.

Und Lars Eidinger bekannte, eher einer ganz anderen Tradition anzugehören, nämlich der von Brecht geprägten. Die möchte, dass die Leute sich immer dessen bewusst sind, dass es einen Unterschied gibt zwischen Sein und Schein.

Die Leute sollen nicht eingelullt werden von der Illusion, sondern die sollen einen analytischen Blick haben.

Publikum fühlt sich ermutigt, Filme mal anders anzuschauen

Für das Publikum bieten die Retrospektive und das Podium offenbar sehr bereichernde Einblicke. Sie inspirieren die Besucherinnen und Besucher, bei den vielen Filmen des Festivals und darüber hinaus, mal einen anderen Blick auf die Leinwand zu werfen.

Man nimmt vieles mit, was man als Zuschauer gar nicht bedenkt. Dinge, die eine große Rolle spielen, uns aber gar nicht auffallen, wenn wir einen Film gucken oder ins Theater gehen und das ist schon spannend.

Mannheim

Ungewöhnlicher Boxerfilm zum Auftakt gezeigt Das Internationales Filmfestival Mannheim-Heidelberg ist eröffnet

72 Filme auf 50 Ländern - die stehen in den nächsten Tagen auf dem Programm des Internationales Filmfestivals Mannheim-Heidelberg (IFFMH). Am Donnerstagabend wurde es eröffnet.

Landesschau Baden-Württemberg SWR BW

Stand
Autor/in
Martina Senghas