Seit über zwanzig Jahren gibt es die Seniorentheatergruppe „die methusalems“. In ihrem neuen Stück spielen die Seniorinnen und Senioren die Zukunftsvision ihres eigenen Lebens, es geht um den Umgang mit der Überalterung der Gesellschaft. Regisseurin Sahar Amini-Jörger und Frank Albrecht adaptierten dafür den Zukunftsroman „Erste Wahl“ der Autorin Kathrin Pläcking.
Burnout in der Pflege
„Schätzungen gehen davon aus, dass jede dritte Pflegekraft in Deutschland Burnout-gefährdet ist“, heißt es in einer Szene des Theaterstücks.
Eine von ihnen ist die Pflegerin Laura. Sie ist die einzige jüngere Schauspielerin inmitten von sieben älteren Frauen und Männern, von denen einige über 80 sind. Sie sitzen in einem komplett weißen Raum. Weiße Handtücher, acht weiße Stühle, wenig Requisiten.
Den Roman „Erste Wahl“ der Freiburger Autorin Kathrin Pläcking haben sie in eine szenische Lesung umgewandelt. „Das heißt, es gibt viele Positionswechsel. Die Schauspieler springen immer wieder in ihre Erzählfiguren hinein oder erzählen dann wieder chorisch und versetzt. Sie sitzen nicht an einem Tisch und lesen diesen Text ab, sondern sie spielen tatsächlich“, sagt Dramaturgin Tamina Theiß.
Düstere Zukunftsvisionen
Das alles spielt in einer Welt in naher Zukunft, in der das Überalterungsproblem der Gesellschaft auf radikale Weise gelöst wird. Ab 75 winkt alten Menschen eine satte Abfindung, wenn sie auf ihren Rentenanspruch und die Krankenversicherung verzichten. Suizid wird nicht nur legalisiert, sondern bei jedem Behördengang propagiert.
Die Idee, Pläckings Roman auf die Bühne zu bringen, stammt von den Darstellerinnen und Darstellern. „Es ist ein großes gesellschaftliches Problem. Die Versorgung von alten und dementen Pflegebedürftigen generell. Und es wird perspektivisch gesehen immer mehr und das Geld wird immer weniger werden“, sagt Schauspielerin Gisela Braun.
Brutales Thema, zarte Welt
Wie damit umgehen? Darauf gibt das Stück „Erste Wahl“ keine einfachen Antworten. Die große Frage nach der Überalterung wird anhand einer einzelnen Familie erzählt, so Dramaturgin Tamina Theiß: „Der Roman verlegt aber dann die gesamte Brisanz in eine Familiensituation von fünf Geschwistern, die sehr unterschiedliche Perspektiven darauf haben und schafft dadurch eine sehr zarte und liebevolle Welt, in der dieses brutale Thema verhandelt wird.“
Susanne ist die älteste von fünf Geschwistern. Sie wird 75 und hat Demenz. Ihre Geschwister streiten sich, was das Beste wäre: „Die Abfindung abstauben? Sie pflegen? Oder doch besser sterben lassen“?
Eine besondere Lesung
Gisela Braun ist froh, dass die Zukunftsvision des Stückes für unsere Gesellschaft noch nicht die erste Wahl ist. Für sie und ihre Mitspielenden ist die szenische Lesung dennoch etwas ganz Besonderes: „Wir müssen das gar nicht spielen. Wir sind das, und das Besondere ist, dass wir das so authentisch auf die Bühne bringen können.“
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