Donaueschinger Musiktage 2013

Es ist an der Zeit die Stimme zu erheben

Stand

Bastian Zimmermann und Christoph Haffter schreiben über ihre ganz persönlichen Eindrücke von den Donaueschinger Musiktagen. Ihre Texte geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Live aus dem hölzernen Plenarsaal des Rathauses: acht Lautsprecher, einer davon ein Megaphon, das Publikum scharrt sich um die Sitzungsrunde, den vertäfelten Wänden oder in den gemütlichen blaubezogenen Sesseln der Politiker.

Im Ratssaal des Rathauses Donaueschingen

Geboten wird heute im Kongress: eine Debatte, nicht zu einem bestimmten Thema, sondern eine Debatte an und für sich. Eine Vielzahl von Personen und auch Klängen, die etwas in den Raum hinein sagen, mal so unglaublich klar, dass man auf den Boden blickend, einen wirklichen Menschen zu verspüren glaubt, mal vermittelt durch ein älteres Medium, wie dem Radio oder eben dem Megaphon. Auch das Fernsehen ist gerade hinein geschlichen, gefilmt werden die Disputanten, die schwarzen Lautsprecher.

Ein Markstein in der parlamentarischen Geschichte

Ich mache gerade den Vorsitz, sitze eben am Zenit der Rundung und schreibe in diese Maschine hinein, das Protokoll dieser, meiner, Sitzung. Da, ich höre gerade noch ein "Amen". "Der heutige Tag ist ein Markstein in der parlamentarischen Geschichte Deutschlands", "Herr Bürgermeister, wären sie bereit sich der Vertrauensfrage zu stellen? - Diese Frage wird zu entscheiden sein..." Herr Bürgermeister steigert sich hinein.

Jetzt wird es gut

Die Beiträge vorher waren eher belehrend, hinweisend, das und jenes kann besser sein, so sollte man es machen. Jetzt aber eine echte Debatte im echten Sitzungssaal. Hier erfüllt sich die Zielsetzung Reeses und Stolzenburgs, weniger den Inhalt, als vielmehr die Art und Weise zu sprechen in den Mittelpunkt zu stellen. Die dem Körper entrissene Stimme wird bloßgestellt.

Es bleiben die Stimmen und die Klänge

Die Mittel von "Debatte" sind simpel, vielleicht zu sehr. Die dem Programmheft entnommene Notiz die Metainformationen von Gesprochenem über das Bearbeiten der Klangaufnahmen heraus zu destillieren, kennt man und löst sich eher weniger ein. Es bleiben die Stimmen und die Klänge, getrennt...oh, ich unterbreche diese Liveberichterstattung für einen Moment, Herr Stolzenburg ist mit dem Megaphon hereingetreten, unterbricht die Installation. Kirsten Reese und er lesen Parlamentsreden: Herr Fürst von Fürstenberg lädt ein Berliner Ensemble zur Unterhaltung ein. Brillante Reden unterbrechen nicht das Denken, sondern stiften es an...

Eine Debatte

Man weiß nicht recht, welchen Status der Inhalt dieser Reden einnimmt. Gesprochen wird nicht auf besondere Weise. Und es werden Wahrheiten gesagt, denen jeder zustimmen würde. Viel passiert da mit dem Denken tatsächlich nicht. Gut aber bleibt die Setzung der Stimmen in diesen Plenarsaal, und gerade dann, wenn das eintritt, was man am ehesten dort erwarten würde: eine Debatte.

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Autor/in
SWR