Erschrecken wir heute noch über Bachs „Weihnachtsoratorium“? Das fragt sich Reinhard Goebel angesichts der dramatischen Musik der Nr. 49 „Warum wollt ihr erschrecken?“ Er meint: „Man muss hier erschrecken – aber heute, wo die Beläge und die Profile beim Weihnachtsoratorium längst abgefahren sind, passiert das nur noch selten.“
„Rauschhaftes Vergnügen“
Wie kunstvoll Bach mit dem Einsatz der Chorstimmen umgeht und genau weiß, wann Kunst in Klamauk umschlagen würde, verdeutlicht Goebel am Eingangschor.
Auch erläutert er hier das sogenannte Noema – „eine altmodische, aber immer noch superaktuelle Kompositionsfigur“: eine Dreiklangsfigur, die Bach einsetzt, um Pracht und Majestät auszudrücken: „Das zu hören, bereitet ein rauschhaftes Vergnügen“, so Goebel.
Klassik-Klassiker zum Fest Das Weihnachtsoratorium neu entdecken: Was steckt hinter Bachs Festtags-Opus?
Bachs Weihnachtsoratorium gehört zum Fest wie Stollen und Tannenbaum. Im Gespräch mit Bach-Experte Reinhard Goebel blicken wir auf dieses Standardwerk der Weihnachtszeit.
Musikalischer roter Faden
Wie raffiniert und hintersinnig Bach beim Komponieren mit dem Text umging, demonstriert Goebel an mehreren Stellen – etwa dann, wenn der Gesang Marias, wie einst der Gesang der Engel, von Streichern umgeben wird.
Auch zeige sich hier und immer wieder, wie Bach und sein Textdichter genau überlegt hätten, „wie sie rote Fäden zwischen die einzelnen Stücke legen und sie miteinander verbinden“.
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