Diskussion über vier Bücher
Literaturexperte Denis Scheck moderiert die Gesprächsrunde mit Ijoma Mangold, Kulturkorrespondent der Wochenzeitung DIE ZEIT. Diesmal vervollständigen das Quartett die Schriftstellerin Nele Pollatschek und die Kulturjounalistin und Autorin Shelly Kupferberg.
Im Mittelpunkt der Sendung stehen aber die Bücher – und diese sind in dieser Sendung dabei:
Akademischer Bildungsgrad spielt in Plattenbausiedlung keine Rolle mehr
Den Anfang macht Ijoma Mangold: Er bringt Behzad Karim Khanis autofiktionalen Roman „Als wir Schwäne waren“, erschienen im Hanser Verlag, mit. Das Buch handelt von einer Jugend im Ruhrgebiet der frühen 1990er Jahre. Die Eltern des Protagonisten sind aus dem Iran nach Deutschland geflohen und bauen nun in einer tristen Bochumer Plattenbausiedlung eine neue Existenz auf.
Ihren Status als Akademiker, die Mutter arbeitete im Iran als Soziologin und der Vater als Schriftsteller, können sie aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse und finanzieller Möglichkeiten nicht aufrechterhalten. „Als wir Schwäne waren“ rückt Themen wie Fremdsein, Zerrissenheit und Identitätssuche in den Mittelpunkt.
Ein Roman über die Verwerfungen des 20. Jahrhunderts
Shelly Kupferberg präsentiert eine kurze, wenngleich begeisternde Lektüre, der russisch-österreichischen Autorin Ljuba Arnautović: „Erste Töchter“, Zsolnay Verlag. Der Roman folgt als dritter Band auf Arnautovićs „Im Junischnee“ und „Im Verborgenen“. Die Bücher können unabhängig voneinander gelesen werden.
„Erste Töchter“ handelt von zwei Schwestern, deren Vater als Kind von seinen Eltern in Österreich getrennt und ins Exil, in die Sowjetunion, geschickt wird. Dort gerät Karl in den Gulag, lernt eine Russin kennen, mit der er zurück nach Österreich kehrt und eine Familie gründet.
Erzählt wird das Leben der Töchter, die mit traumatisierten und zwischen Österreich und Russland zerrissenen Eltern aufwachsen – eine autofiktionale Coming-of-Age-Geschichte eingebettet in die Historie und Verwerfungen des vergangenen Jahrhunderts.
Gedichte der besonderen Art
Und: „Das All im eignen Fell. Eine kurze Geschichte der Twitterpoesie“, Bibliothek Suhrkamp, von Büchner-Preisträger Clemens J. Setz amüsiert und begeistert Nele Pollatschek.
Dieser Lyrikband versammelt Dichtung der besonderen Art – Clemens J. Setz präsentiert seine eigenen Twittergedichte, erläutert typische Stilmittel und versammelt wichtige Accounts der Twitterpoesie.
Denis Schecks literarische Entdeckung des Jahres
Zum Schluss stellt Moderator Denis Scheck Gian Marco Griffis „Die Eisenbahnen Mexikos“, Claasen, vor. Der 800 Seiten umfassende Roman spielt in der Spätphase des italienischen Faschismus 1944 in der Republik von Salò.
Ein italienischer Unteroffizier der Nationalgarde erhält den Befehl, einen Plan des mexikanischen Eisenbahnnetzes zu erstellen. Angeblich kommt der Auftrag direkt aus dem Führerhauptquartier in Berlin.
Eine schwermütige Bibliothekarin hilft bei der Jagd auf die Informationen zum mexikanischen Eisenbahnnetz. Laut Literaturkritiker Denis Scheck ist das Buch des jungen Italieners Gian Marco Griffis „die literarische Entdeckung des Jahres“.
Am Ende der Sendung gibt jede und jeder aus der Runde noch einen persönlichen Buchtipp ab.
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