Anstatt im Beethoven-Jahr das große Genie mit Veranstaltungen zu feiern, sitzen wir in Zeiten von Corona alle zu Hause fest. Immerhin gibt es noch Alternativen zu abgesagten Konzertabenden - zum Beispiel einen neuen Comic über Ludwig van Beethoven. "Beethoven - Unsterbliches Genie“ von Autor Peer Meter ist keine gewöhnliche Biografie, sondern erzählt eine unerwartete Geschichte.
Ein Mann steht in der Menge vor Beethovens Haus und spricht mit einem Pulk von Menschen, der ihn umgibt:
Ludwig van Beethoven ist tot. Und im Comic "Unsterbliches Genie" - der Titel ist nicht ohne Ironie - gerade erst gestorben. Autor Peer Meter und Zeichner Rem Broo interessieren sich weniger für Beethovens Biographie und sein Oevre; ihnen geht es um die Leichenfledderer, Menschen aus dem Umfeld des großen Komponisten, die alle urplötzlich Experten zum Thema Beethoven sind. Beethovens ehemalige Haushälterin:
Der Band beginnt mit einer langen, opulent illustrierten Kutschfahrt durch Beethovens Wien. Louis Lefebre Protagonist des Comics ist auf der Suche nach dem großen Komponisten und wird wie bei einer Schnitzeljagd von einem Ort zum anderen geschickt; nicht ahnend, dass Beethoven bereits verstorben ist. Ab hier ist der Comic im episodischen Format erzählt; Menschen erzählen von ihren Begegnungen mit Beethoven und den Anfang macht Lefebre selbst.
Hier entfaltet Beethoven - Unsterbliches Genie seine größte Stärke: Illustrator Rem Broo hat sich auf den Seiten ausgetobt und jede der Geschichten in einem anderen Stil bebildert. Mal in leuchtenden Farben, mal in dunklen Brauntönen, manchmal mit klaren Tuschestrichen, mal in Pastell und machmal sehr Skizzenhaft. Jeder Episode verpasst Rem Broo einen ganz eigenen Anstrich und gerade die Straßen Wiens bringt er sehr überzeugend aufs Papier - gut recherchiert und sehr liebevoll umgesetzt. Was dagegen fast völlig fehlt sind Beschreibungen der Musik - nur eine Szene spielt im Konzertsaal, und die beschäftigt sich mehr mit der Reaktion des Publikums - und Beethovens - auf die Musik - als mit der Musik selbst. Eine Sängerin erzählt:
Beethoven - Unsterbliches Genie erzählt keine übliche Musikerbiographie, sondern beleuchtet stattdessen ein Phänomen, dass es bis heute gibt - wenn auch in etwas anderer Form: Den Starkult und seine obsessiven, manchmal toxischen Auswüchse. Viele der Geschichten haben eine historische Grundlage - zum Beispiel wurden Beethovens Locken angeblich, genau wie im Comic, posthum abgeschnitten und teuer verkauft. Darüber hinaus ist der Beethoven-Comic allerdings etwas dünn ausgefallen; weder die Figuren noch die Handlung haben viel Tiefe, und auch ein wenig Drama und Konflikt hätte der Geschichte nicht geschadet. Peer Meter ist ein Veteran des deutschen Comics, aber hier vermag er das Medium nicht so recht zu nutzen; oft greifen Bild und Text nicht ineinander, sondern wiederholen einfach die selbe Information, ohne viel Witz oder dramaturgische Reibung.
Trotz allem ist die Geschichte lesenswert und die Zeichnungen sind oft spektakulär. Beethoven - Unsterbliches Genie ist im Carlsen Verlag erschienen, kostet 22 Euro und, auch wenn der Comic sein Potential nicht ganz nutzt, ist er ein ungewöhnlicher Beitrag zum Beethoven-Jahr mit viel Persönlichkeit.