In Rezensionen, Gesprächen, Diskussionen und Features bieten SWR Kultur und das SWR Fernsehen Besprechungen und Berichte zu aktuellen Neuerscheinungen, wichtigen Autoren und Themen des Buchmarktes.
Lesung und Diskussion Albrecht Selge: Silence
Albrecht Selge hat bereits in seinen vorangegangenen Büchern sein großes musikalisches Wissen und Verständnis in Literatur hineingearbeitet. Sein Ich-Erzähler leidet unter dem Lärm der Welt und redet darüber. Über das Schweigen lässt sich viel sagen.
Lesung und Diskussion Abdulrazak Gurnah: Das versteinerte Herz
Sansibar, in den 1970er-Jahren. Salims Vater verschwindet, als der Junge sieben Jahre alt ist. Erst als junger Erwachsener, als er im fremden London zu überleben versucht, wird er dem Geheimnis seiner Herkunft auf die Spur kommen.
Diskussion über vier Bücher SWR Bestenliste Juli - August mit Büchern von Abdulrazak Gurnah, Albrecht Selge, Ronya Othmann und Thomas Kunst
Kirsten Voigt, Eberhard Falcke und Hubert Winkels diskutierten vier auf der SWR Bestenliste im Juli/August verzeichneten Werke in der Kakadu Bar des Staatstheaters Mainz.
lesenswert Feature Depression erzählen. Autorinnen suchen nach einer Sprache
Ein naher Mensch durchlebt eine depressive Episode – wie gehen Familie und Freunde damit um? Zwei neue Romane und ein Comic erzählen aus Sicht der Angehörigen von der seelischen Erkrankung.
von Insa Wilke
Gedichte und ihre Geschichte Poesie der Nachbarn: Armenien
Seit vielen Jahren veranstaltet das Künstlerhaus Edenkoben eine Übersetzerwoche unter dem Motto „Poesie der Nachbarn“. Ausländische und deutschsprachige Lyrikerinnen und Lyriker treffen sich mit Übersetzern, die beide Sprachen beherrschen und arbeiten gemeinsam an Übersetzungen von Gedichten. Dieses Jahr war Armenien das Gastland. Eine der armenischen Lyrikerinnen war Violet Grigoryan, deren Texte für ihre feministischen Inhalte und ihre teilweise drastische poetische Sprache bekannt geworden sind.
Hörbuch Glück im Unglück: Anne Kanis liest „Auf Erden“
Sunnys Leben war bislang eigentlich wie ihr Name: Glücklich. Doch dann kommt es dicke: Ihr Freund verlässt sie und ihr über alles geliebter Vater stirbt. Aber sie hat die vielen Erinnerungen an ihn und an ihre Jugendfreundinnen Jessi, Alma und Katharina, mit denen sie durch das Berlin der 90er Jahre gezogen ist. Anne Kanis verwebt in ihrem Text Sunnys Gegenwart und ihre Erinnerungen sehr geschickt. Ihre leichte Berliner Färbung passt perfekt zu der melancholischen Stimmung der Geschichte und zu ihrer reflektierenden Erzählweise. Das Glück kann schnell zu einer Erinnerung werden, aber dann schleicht es sich manchmal fast unmerklich wieder heran.
Lesezeichen Meine Hauptfigur und ich teilen eine Lebensrealität - Mirrianne Mahn über ihren Roman „Issa“
Es gibt eine Frage, die kann Mirrianne Mahn nicht mehr hören, nämlich: Woher kommst du? Die kurze Antwort: Sie ist in Kamerun geboren und im Hunsrück aufgewachsen. Die lange, und viel schönere Antwort aber ist ihr Roman „Issa“: Issa ist schwanger und steckt mitten in einem Familienstreit. Um Abstand zu gewinnen, reist Issa zu ihren Großmüttern nach Kamerun. Dort kommt sie aber erst mal nicht zur Ruhe. Sie soll nämlich verschiedene Rituale vollziehen.
„Issa“ ist der erste Roman von Mirrianne Mahn, die in Kamerun geboren und im Hunsrück aufgewachsen ist. Bisher engagierte sie sich als Theatermacherin gegen Rassismus. Außerdem ist sie Stadtverordnete in Frankfurt. Mit „Issa“ gelingt ihr auf Anhieb ein packender und überzeugender Debütroman.
Buchkritik Maria José Ferrada – Der Plakatwächter
Ramón liebt die Abgeschiedenheit. Als er eine Arbeit als Plakatwächter findet, entschließt er sich, fortan auf dem Plakatgerüst zu wohnen. Für die Menschen um ihn herum ist die Ordnung der Dinge plötzlich in Frage gestellt. Der Plakatwächter der Chilenin María José Ferrada ist ein Roman von großer Komik und philosophischer Tiefe.
Rezension von Tino Dallmann
Gespräch Journalist Marcus Bensmann über die AfD: „Bringt uralte Ideale der völkischen Rechten wieder aufs Tablett“
„Nur eine Gesellschaft, die aus dem Eigenen besteht, kann glücklich sein“, auf diese Formel lasse sich die Ideologie der AfD herunterbrechen, meint Marcus Bensmann vom Recherchenetzwerk Correctiv. Nun hat er ein neues Buch zur AfD veröffentlicht.
Buchkritik Nastassja Martin – Im Osten der Träume
Die französische Anthropologin Nastassja Martin geht erhebliche Gefahren ein, um indigene Völker im hohen Norden zu erforschen. Bei den sibirischen Even suchte sie nach schamanistischen Traditionen und fand vor allem sehr reale Probleme.
Rezension von Judith Leister
Buchkritik Julien Green – Treibgut
Ein Klassiker in neuer Übersetzung: Julien Greens „Treibgut“ aus dem Jahr 1932. Ein Roman über eine am Abgrund stehende Vorkriegswelt – und einen Mann, der seine Homosexualität verleugnet. Nun in allen literarischen Nuancen wieder erlebbar durch die Neuübersetzung von Wolfgang Matz.
Rezension von Ulrich Rüdenauer
Hermann-Hesse-Preis für Sofija Andruchowytsch Ulrike Almut Sandig über die Preisträgerin: Eine Trilogie viel größer als der Ukraine-Krieg
„Das ist eine Auszeichnung für große Weltliteratur", sagt Jury–Mitglied Ulrike Almut Sandig, über den Internationalen Hermann–Hesse–Preis für Sofia Andruchowytsch. Das dreiteilige Amadoka–Epos der 42–jährigen Ukrainerin, die mit Mann und Tochter in Kiew lebt, handele zwar von ukrainischer Geschichte, doch Sandig sagt über die Lektüre: „Ich dachte, ich lese hier ein Buch über uns als Kultur."
Die Trilogie verbinde ukrainische Geschichte und den aktuellen Konflikt mit Russland, sei aber „viel größer und viel allgemeiner." Sandig, die Andruchowytsch bei einem literarischen Kongress persönlich kennenlernte, nennt die Preisträgerin eine zurückhaltende, sehr präzise Beobachterin – „keine, die sich in den Vordergrund drängt".
Buchkritik Anthony Bale – Reisen im Mittelalter
Wer waren die Reisenden? Ritter, Diplomaten und Handelstreibende, aber auch einfache Pilger und Mönche, selten Frauen. Reisen führten zu Pilgerstätten, deren Zentrum Rom war, – und auch ins Heilige Land, nach Jerusalem. Auf der Seidenstraße gelangte man ferne Reiche Persien, Indien und China. Der britische Mediävist Anthony Bale hat akribisch geforscht und kann sein Wissen in gut lesbarer, oft auch in witziger Form weitergeben. Nach der Lektüre ist eines klar: Der Horizont der Menschen im Spätmittelalter war alles andere als beschränkt.
Rezension von Andreas Puff-Trojan