Nach der Wirecard-Satire „King of Stonks“ nimmt Regisseur Jan Bonny nun die Querdenkerszene und den Reichsbürgerputsch aufs Korn. Sein „Drama in sechs Akten“ ist grotesk und radikal. Eine böse Farce, die auch den kulturellen Nährboden von rechten Gesinnungen durchpflügt – zwischen Beuys, Meese und Marius Müller-Westernhagen.
Der König des Freien Deutschland
Der König des Freien Deutschland heißt Hans und ist zerrissen, so wie sich das für richtige Deutsche gehört. Hans, gespielt von Bibiana Beglau, hat sich mit einer kleinen Schar sogenannter Souveränisten im Hinterzimmer eines Landschlösschens in der Nähe von Düsseldorf versammelt, unter Hirsch- und Gamsgeweihen. Die Gruppe hat dort bereits ihr eigenes Reich gegründet und ist nun nach eigenem Dafürhalten drauf und dran, eine Revolution anzuzetteln. Man plant schonmal Gefangenenlager.
Rechtes Revolutionsgeschwurbel als Groteske
Das ist natürlich alles böse Satire. Zumal die Gruppe nicht nur eine verquaste Form von freier Liebe praktiziert, sondern abwechselnd säuft, grölt oder jammert. Und mit Tarnnamen von Nazi-Widerstandskämpfern wie Sophie, Georg oder Claus vor allem um sich selbst kreist.
Mit dunklen, fast schon expressionistischen Schwarzweißbildern und konsequenter Wackelkamera inszeniert Jan Bonny rechtes Revolutionsgeschwurbel als Groteske, aber er verweigert gleichzeitig die bürgerlich angenehme Amüsierdistanz. Allenfalls gönnt er den Zuschauenden ein paar ironische Zwischentitel und Marschmusik.
Wunderbare Schauspieler*innen dürfen improvisieren
Mit Thomas Schubert, Manfred Zapatka oder Sibel Kekilli hat Jan Bonny wieder einige seiner wunderbaren Schauspielerspezis versammelt, und die dürfen hier improvisatorisch und darstellerisch wie man so sagt „so richtig auf die Kacke hauen“.
Sechs Folgen bzw. Akte, die jeweils rund 12 Minuten dauern und die in ihrem Inneren darüber reflektieren: Was passiert wenn eine Gesellschaft und vor allem ihre Intellektuellen zu wenig dagegen tun, dass rechts und links verkleistert werden zu einem antidemokratischen Happening?
Etwas zu „instant“ zusammen gerührt
Das Ergebnis nennt das ZDF „Instant Fiction“. Vorwerfen kann man den szenischen Skizzen, dass sie vielleicht etwas zu „instant“ zusammen gerührt wurden, man könnte sie wahlweise als zu harmlos, zu intellektuell oder zumindest zu nah an der Farce abtun.
Aber „Freiheit ist das Einzigste, was zählt“ ist auch näher am avantgardistischen Theater als am Fernsehen, irgendwo zwischen Brecht, Schlingensief und Marius Müller Westernhagen und die Instant Serie zeigt: Egal, wie absurd einem Reichsgründungen oder rechte Kooperationen vorkommen mögen, kulturellen Nährboden dafür gibt es immer noch genug.
„Freiheit ist das Einzigste, was zählt“ von Jan Bony in der ZDF Mediathek
Serie Mystery mit Miezemonster und Mutanten: „Die nettesten Menschen der Welt“
Mystery-Fans aufgepasst: In der ARD Mediathek geht es jetzt zu wie in der Twilight-Zone. In sechs lose verbundenen Geschichten erzählt die Serie von Satanisten, Mutanten und blutrünstigen Monstern – vielleicht aber auch nur von den „nettesten Menschen der Welt“. Auf jeden Fall ein mutiger Versuch von Regisseur Alexander Adolph und ein großes Vergnügen!