Karrieren und Affären im sterilen Ambiente
Als hippes Thema für Partyunterhaltungen eignen sie sich eher nicht. Und doch sind Krankenhausserien unfassbar beliebt und das Guilty Pleasure vieler Serienfans. Immer wieder gibt es neue Serien, gerade kam die britische Serie „This Is Going To Hurt“ ins Fernsehen, in der sich ein junger Gynäkologe durch den desillusionierenden Krankenhausalltag laviert.
Dabei haben viele Leute Angst vor Krankenhäusern und laut Studien wird diese Angst durch regelmäßigen Serienkonsum noch verstärkt.
Oft geht es um Karrieren und Affären, unbekannte Krankheiten. Fast immer um Leben und Tod, ohne dass man sich eine komplizierte Story drumrum ausdenken müsste. Ob das immer viel mit der Realität zu tun hat? Egal!
Das Genre bleibt ein absoluter Klassiker, immerhin sind die Serienärztinnen und -ärzte von heute meistens sehr weit entfernt von den unfehlbaren Koryphäen früherer Zeiten. Welche Krankenhausserien sollte man kennen, um im Zweifel dann doch mal bei einer Party mitreden zu können?
Die Schwarzwaldklinik: Der Klassiker
(ZDF, 1985-1989)
Für das deutsche Publikum ist sie die Mutter aller Krankenhausserien. Möglicherweise wurde für Klausjürgen Wussow als alter Dr. Brinkmann der Begriff des „Halbgotts in weiß“ erst erfunden. Dabei sind die Geschichten aus dem Glottertal vom Spannungs-Faktor her vergleichbar mit dem „Traumschiff“. So, dass schon damals niemand Gefahr lief, beim Zuschauen einen höheren Blutdruck zu bekommen.
Dafür war eher „Frauenschwarm“ Sascha Hehn zuständig, der ja später dann auch auf dem ZDF-Luxusdampfer aufkreuzte. Als Erfolgsmodell war die „Schwarzwaldklinik“ jedoch prägend für Nachfolger wie „In aller Freundschaft“ und viele andere Kliniken zu Lande, zu Wasser und in den Bergen.
Charité: Historischer Blick
(ARD, seit 2017)
Historische Krankenhausserie, die im Berlin der 1880er-Jahre beginnt. Sie glänzt ähnlich wie „The Knick“ von Steven Soderbergh mit fantastischen Szenenbildern und atemraubenden Operationen bei funzeligem Gaslicht. Die Serie kombiniert gekonnt erfundene mit realen Figuren der deutschen Medizingeschichte.
In der kommenden vierten Staffel versucht die Serie von Sönke Wortmann sogar, in die Zukunft der Medizin zu blicken: Sie soll im Sommer 2049 spielen. Ein spannendes Experiment. Aber auch jetzt schon ist „Charité“ eine weithin wahrgenommene, gut besetzte Ensembleserie.
Club der roten Bänder: Junge Patienten spielen die Hauptrolle
(Vox, 2015-2017)
Endlich mal eine Krankenhausserie, die ihre Fans vor allem bei den unter 20-Jährigen gefunden hat. Außergewöhnlich: Hier stehen mal nicht die Ärztinnen und Ärzte, sondern eine Gruppe von jungen Patient*innen im Mittelpunkt. Sie sind konfrontiert mit der doppelten Herausforderung, schwere Krankheiten und das Erwachsenwerden zu meistern.
Die Serie ist ein Franchise mit Adaptionen in verschiedenen Ländern. Idee und Vorlage stammen von dem Katalanen Albert Espinosa und haben unter dem Titel „Polseres vermelles“ einen großen Hype ausgelöst. Nach drei Staffeln gab es 2019 noch einen Film, der die Vorgeschichte der Serie erzählt.
Emergency Room: Nah dran am Klinikalltag
(Pro 7, 1994-2009)
Es ist der Durchbruch für einen bis dahin unbekannten Schauspiel-Rookie namens George Clooney. Klar, auch hier sieht das medizinische Personal viel zu gut aus, um wahr zu sein. Aber die Drehbücher stammen von Bestseller-Autor Michael Crichton, den Piloten produziert Steven Spielberg.
Emergency Room – kurz: „ER“ – ist von Anfang an so beliebt, weil die Serie so vieles anders macht als andere Arztserien. Vor allem ist sie einigermaßen nah dran an einem realen Klinikalltag: Überbelegung, viel Stress, Ärzte unter Druck – bis dahin kannte man Mediziner nur als Heldenfiguren und tatsächlich nur in der männlichen Form. Vor allem in Deutschland. Mit wechselnden Besetzungen ist die Serie gut gealtert.
Grey’s Anatomy: Primetime-fähiger Evergreen
(Pro 7, seit 2005)
Auf mehr Staffeln kommen eigentlich nur noch die Simpsons und CSI. Nach dem Rückzug von Ellen Pompeo als Meredith Grey könnte aber das Ende nahen.
Das Geschehen um das Seattle Grace Hospital glänzt von Anfang an mit sehr gut erzählten Storys, meist sympathischen Charakteren und einer unglaublichen Besetzung. Die OPs am offenen Herz und Hirn sind mit der Serie primetime-fähig geworden. Vor allem erfreut man sich lange Zeit an Meredith und Derek „McDreamy“ Shepherd als Serientraumpaar, flankiert von anderen Pärchenbildungen, deren Auf und Ab man wie in einer guten Soap begleitet.
Dr. House: Zynische Kommentare und scharfe Beobachtungen
(RTL, 2004-2012)
Kann man ein guter Arzt sein, ohne ein guter Mensch zu sein? Bei Dr. Gregory House fällt die Antwort schwer. Er paart scharfe Beobachtung mit schnellen Diagnosen wie Sherlock Holmes, aber mit seinen zynischen Bemerkungen stößt er nicht zuletzt seine Patientinnen und Patienten vor den Kopf.
Hugh Laurie hat den Mann mit Krückstock und Tablettensucht zu einer Ikone der Arztserien gemacht. Als misanthropischer Einzelgänger, der das System Krankenhaus unterwandert. Für manche gilt die Serie als Schule des ideologiefreien Denkens, das die USA nach dem 11. September 2001 nötig gehabt hätten.
Scrubs – Die Anfänger: Sitcom mit anarchischen Zügen
(Pro 7, 2001-2010)
„I am no superman“ heißt es in dem kurzen Song, der jede Folge von „Scrubs“ einleitet. Also keine Heldengeschichten und rührselige Klinikdramen – „Scrubs“ ist genau genommen eine Krankenhaus-Sitcom mit durchaus ernsten, aber nicht zu langen Zwischentönen.
Nebenbei ist die Serie ein früher Meilenstein von Ted Lasso-Erfinder Bill Lawrence. „Scrubs“ ist ziemlich weit weg vom realen Alltag, dafür aber meistens chaotisch und anarchisch, mit einer Truppe von blutigen Arzt-Anfänger*innen und durchgedrehten bis bösartigen Chef- und Oberärzten. Zur Zeit wird über eine Reunion in Form eines Films diskutiert.