Mit Empathie und Härte erzählt die neue Krankenhaus-Serie von einer Notfallstation in Neukölln – und thematisiert auf gelungene Weise skandalöse Zustände des Gesundheitssystems.
Das KRANK ist ein Akronym, eine Abkürzung in Großbuchstaben für das Krankenhaus Neukölln. Von außen ein fleckig brutalistisches Betonungetüm. Stellenweise erinnert es an eine ramponierte Weltraumstation, in die Rettungswagen einfliegen und wieder auschwärmen. Im Inneren versuchen Ärzte mehr oder weniger eigenständig, eine Notfallversorgung am Laufen zu halten.
Natürlich ist in dieser Serie der Name auch Programm: „krank“ sind hier nicht nur die Patientinnen und Patienten, die manchmal sturzbachartig die Notfallstation fluten, krank ist auch die Organisation, das System, das die Menschen, die darin arbeiten, aus vielen Gründen überfordert.
Idee vom ehemaligen Notfallarzt Samuel Jefferson
Dr. Suzanna Parker hat in München einen privaten Scherbenhaufen hinterlassen, das wird im Lauf der Serie klar. Im KRANK soll sie die Notaufnahme leiten und ist von der ersten Sekunde voll drin, zwischen Sturzgeburt und Straßenschießerei. Aber hier hat niemand auf sie gewartet.
„This Is Going To Hurt“: Schwarzer Humor trifft auf britisches Gesundheitswesen
Idee und Originaldrehbuch stammen von dem ehemaligen Notfallarzt Samuel Jefferson aus England. Diese Konstellation erinnert an den Bestseller „This Is Going to Hurt“ von dem Arzt und Comedian Adam Kay, der ebenfalls zu einer sehr erfolgreichen Krankenhausserie verarbeitet wurde.
„KRANK“ geht etwas sparsamer mit Humor um, wirkt aber nicht weniger authentisch, und bietet im Erzähltempo ein paar Berliner Umdrehungen mehr.
„KRANK“ setzt neue Maßstäbe bei den Krankenhaus-Serien
„KRANK“ hat schon im Vorfeld ziemlich viel Lob eingeheimst und das völlig zurecht. Mit Haley Louise Jones, Slavko Popadic, Safak Sengül oder Bernhard Schütz als Rettungssanitäter ist sie bis in die Nebenrollen aufregend besetzt.
Die Krankheitsbilder sind teilweise krass, es gibt natürlich auch Lovestories, aber für Geplänkel oder Chefarztgetue ist definitiv keine Zeit. Mit subjektiver Wackelkamera, verwischten Farben und Tönen scheint die Serie ihren Protagonisten für Momente in den Kopf zu kriechen, sie bewegt sich visuell in ganz eigenen Sphären.

„KRANK“ thematisiert gelungen den Skandal im Gesundheitssystem
Auch was die Tiefe, Empathie und Härte angeht, mit der hier die Figuren gezeichnet werden, muss man lange nach Vergleichbarem in der deutschen Serienlandschaft suchen.
Ein bisschen erinnert „KRANK“ an die frühe Berliner Polizeiserie „KDD“. Denn sie ist auch eine berührende Hommage an den Kiez von Neukölln. Im KRANK treffen sich „Drogis“, Obdachlose, Dragqueens, verwahrloste Alte, Straßenstricher und werden mit herber Herzlichkeit aufgenommen.
Dass dabei Menschlichkeit zum Knochenjob wird, der vom Gesundheitssystem nicht gedeckt ist, das ist der Skandal, der dahinter steckt. Und auch den verschweigt die Serie nicht.