Kamera statt Spitzenschuh

Roman Novitzky aus Stuttgart: Vom Ballettstar zum Fotografen

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Autor/in
Niko Vialkowitsch

Seine Tarnung ist perfekt: Wenn Roman Novitzky im Ballettsaal Fotos macht, wird er von den Tänzern und Tänzerinnen des Stuttgarter Balletts kaum wahrgenommen. Jedenfalls nicht als Fotograf. Denn bis zum letzten Sommer war er selbst Mitglied der weltberühmten Truppe.

Innenansichten des Theaterlebens

Dreizehn Jahre lang war Roman Novitzky Tänzer am Stuttgarter Ballett. Niemand kommt deshalb seinen Kolleginnen und Kollegen mit der Kamera so nah wie er. Seine Bilder sind Innenansichten des Theaterlebens.

Und das Gefühl für den Moment, in dem ein Bild entstehen muss, hat er nicht nur im Auge, sondern im ganzen Körper. Er spürt die Hundertstelsekunde, in der eine Pose vollkommen ausgeführt und mit Gefühl geladen ist. „Der tanzende Blick“ lautet der Titel seines ersten Fotobuchs. Roman Novitzky hat diesen Blick.

Friedemann Vogel
Roman Novitzky hat als ehemaliger Solotänzer des Stuttgarter Balletts den Blick für den richtigen Moment: Hier ein Foto seines Kollegen Friedemann Vogel.

Vor dem Auftritt noch schnell ein Foto

„Ich war einfach schon immer der Typ, der die Kamera dabeihat“, sagt er selbst. Und dabei steht seine fast schon scheue Bescheidenheit in erstaunlichem Kontrast zu seiner durch und durch athletischen Statur. Viele Jahre war er beides: Fotograf und Solotänzer. Oft schoss er in der Bühnengasse schnell noch ein paar Bilder, legte die Kamera beiseite, um eilig aufzutreten.

Charakterstarke Rollen mit viel darstellerischer Freiheit waren seine Spezialität. Seine „Carabosse“, die teuflisch böse Fee in Marcia Haydées „Dornröschen“: legendär. Seine Bereitschaft, in modernen Stücken, wie Marco Goeckes „Lucid Dream“, das Äußerste zu geben: bei Choreografen sehr beliebt.

ARD Mediathek SWR Kultur Doku: Das zweite Leben des Roman Novitzky

Gerade noch steht Roman Novitzky als Star des Stuttgarter Balletts im Rampenlicht. Aber er hofft er auf ein neues Leben als Fotograf mit besonderem Blick.

Karriereende mit 38 Jahren

Die Entscheidung, mit dem Tanzen aufzuhören und sich ganz aufs Bildermachen zu verlegen, fiel ihm deshalb alles andere als leicht. Mit 38 Jahren war er zwar ein echter „Senior“ im Ballett, aber von dem Gefühl, dass „nichts mehr geht“ , noch weit entfernt. Erste Erfolge als Choreograf eigener Stücke feierte er dazu fast nebenbei.

Eine schwere Knieverletzung, die nur sehr schleppend heilte, ließ ihn nachdenklich werden. Das Angebot seines Ballettdirektors Tamas Detrich, ihn als Fotograf zu engagieren, ihn quasi zu „übernehmen“, brachte schließlich die Entscheidung: Roman Novitzky griff zu, feierte als Tänzer seinen Bühnenabschied und sein Debüt als „Artist in Residence“ des Stuttgarter Balletts.

Mehr Zeit für die Familie

Ein Glücksfall für den Familienvater, denn Ehefrau Miriam Kacerova – ebenfalls Solotänzerin am Stuttgarter Ballett – erwartet gerade ihr zweites Kind. Beide stammen sie aus Bratislava, wo sie am Ballettkonservatorium dieselbe Klasse besuchten, sich schließlich aus den Augen verloren – und sich am Stuttgarter Theater wiedertrafen.

Beethoven-Ballette
Miriam Kacerova und Roman Novitzky (ganz links) tanzen 2021 gemeinsam in Hans van Manens „Adagio Hammerklavier“ (weitere Tänzer*innen sind Anna Osadcenko, David Moore, Elisa Badenes und Jason Reilly).

Balletttänzerinnen und -tänzer leben immer mit dem Wissen, dass ihre Karriere genau dann enden wird, wenn andere in ihren „besten Jahren“ stehen. Alle müssen Abschied nehmen, von der Bühne, von Applaus und Rampenlicht. Die Krise ist ebenso absehbar wie unvermeidlich. Manche sind besser darauf vorbereitet, manche schlechter. Alle müssen sich neu erfinden.

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Niko Vialkowitsch