Tanzfestival am Staatstheater Mainz

Eine Choreografie, die Hoffnung macht: Sasha Waltz kooperiert für ihr Meisterwerk „In C“ mit dem Ensemble Tanzmainz

Stand

Von Autor/in Natali Kurth

Beim Tanzfestival des Staatstheaters Mainz trifft die bekannte Choreografin Sasha Waltz mit ihrer Compagnie auf das Ensemble „tanzmainz“. Zusammen studieren die Tänzerinnen und Tänzer das Erfolgsstück „In C“ von Sasha Waltz ein – eine meisterhafte Mischung aus Improvisation und perfekt ausgeklügelter tranceartiger Choreografie, die Hoffnung ausstrahlt.

Revolutionäre Komposition von Terry Riley

Der Bühnenhintergrund ist knallrot beleuchtet, im Laufe des Stücks wird er seine Farbe wechseln, wird gelb oder grün. Ein Dutzend Tänzer und Tänzerinnen in ebenso farbenfroher Kleidung - Ensemblemitglieder von tanzmainz und Sasha Waltz&Guests - sammeln sich zu kleinen Gruppen, bilden Paare, schweifen dynamisch wieder auseinander, um sich neu zu finden.

Mehr als nur Choreografie Sasha Waltz – Alles beginnt mit dem Raum

Sasha Waltz ist eine Künstlerin, die nicht nur choreografiert, sondern die Gesellschaft in Bewegung bringen will: Sie ist Tänzerin, Opernregisseurin und bekannt für ihre Arbeit mit Räumen.

Auch acht Orchestermusiker sind unter ihnen - das wird aber erst klar, als diese auf der Bühne Platz an ihren Instrumenten nehmen. Entlang der revolutionären Komposition „In C” von Terry Riley aus dem Jahr 1964, die den Beginn der Minimalmusik markiert, hat Sasha Waltz in der Coronazeit eine Choreografie geschaffen, indem sie die aus vielen musikalischen Figuren bestehende Partitur in Tanz übertragen hat.

Die Choreografie ist nicht festgelegt

Es gehe um Mitbestimmung und Autonomie: „Es gibt den Tänzern unheimlich viel Freiheit, während dem Stück Entscheidungen zu fällen“, sagt Sasha Waltz.

„Man hat 53 Figuren, die man linear hintereinander tanzt. Aber wie oft man es tanzt, ist nicht festgelegt und auch die räumliche Situation ist nicht festgelegt. Du musst also immer auf deine Partner reagieren.“ 

Am Ende muss alles zusammenpassen

Die rhythmischen Muster der Komposition schieben sich zu einem komplexen Klanggebilde ineinander. Arme pendeln oder spreizen sich wie zu Flügeln, leichtfüßig überqueren Tänzer emsig die Diagonalen.

tanzmainz meets Sasha Waltz
Arme pendeln oder spreizen sich wie zu Flügeln. Jeder darf selbst entscheiden, aber am Ende muss alles zusammen passen.

Jeder darf selbst entscheiden, aber am Ende muss alles zusammen passen. Auch damit keiner den anderen umrennt. Die Choreografie „In C” ist so angelegt, dass sie von vielen verschiedenen Ensembles getanzt werden kann.

„Bei diesem Live Stück habe ich vielleicht zum ersten Mal eine Verbindung von Improvisation und Choreographie vollbracht“, sagt Sasha Waltz. „Ich bin sehr glücklich, weil es ein modulares System ist. Man kann es auch mit 30 Tänzern machen. Es kann wachsen, es gibt keine Rollen.“

Die Tanzenden müssen als Gemeinschaft agieren

In Mainz hat Michel Mualem, langjähriges Mitglied von Sasha Waltz&Guests „In C” mit tanzmainz und Mitgliedern des Ensembles aus Berlin einstudiert: „Es ist immer wieder aufregend, neue Tänzer kennenzulernen, die diese neue Sprache lernen. Und durch diese Sprache kommunizieren wir mit ihnen. Zuerst lernen sie die Schritte, die Konturen und die Richtung. Sie lernen sich durch den Tanz und durch die Bewegung kennen.“

Die Hauptaufgabe der Tänzer und Tänzerinnen bestehe darin, als Gemeinschaft zu agieren, jeder sei in diesem demokratischen Stück gleichberechtigt, sagt Michal Mualem.

Kooperation ist ein Coup für Mainz

Tanzdirektor Honne Dohrmann hat die Kooperation mit Sasha Waltz an Land gezogen. Ein Coup, der tanzmainz neue Möglichkeiten eröffnet.

„'In C' ist ein besonderes Stück, denn es ist ein Stück, dass es schon gibt und trotzdem entsteht der Abend jedes Mal neu“, sagt Dohrmann. „Andererseits ist es für uns auch eine gute Gelegenheit nach Berlin zu gehen. Dort auf der Bühne zu stehen. Das ist fast so schwer wie nach Paris zu gehen.“ 

Ein Stück wie gemacht für unsere Zeit

„In C“ ist eine meisterhafte Mischung aus Improvisation und perfekt ausgeklügelter tranceartiger Choreografie, die Hoffnung ausstrahlt.

Das Erfolgstück von Sasha Waltz passe perfekt in unsere schwierige Zeit, sagt Honne Dohrmann: „Unserer Arbeit wohnt inne, dass wir Signale senden wollen, hoffnungsvoll, positiv sein wollen. Dass wir Gemeinschaft leben wollen und das drückt sich in diesem Stück auf ganz wunderbare Weise aus.“

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