Orchester der Kultserie „Babylon Berlin“

Nikko Weidemann vom Moka Efti Orchestra: Hot Jazz der 1920er war wie Techno heute

Stand
Das Interview führte
Bernd Lechler
Interview mit
Nikko Weidemann

Die Bigband-Musik der 1920er-Jahre sei die moderne Popmusik jener Zeit gewesen, sagt Nikko Weidmann. Der musikalische „Supervisor“ der erfolgreichen Fernsehserie Babylon Berlin leitet das Moka Efti Orchestra, das eigens für die Serie gegründet wurde. Derzeit ist das Orchester mit Schauspieler Benno Führmann auf Konzert-Lese-Reise.

Biographische Bezüge erklären die Faszination von Babylon-Berlin

Die Faszination für den Babylon-Berlin-Kosmos erklärt sich Weidemann mit dem biographischen Bezug vieler deutscher Familien zur NS-Zeit. „Es ist ein Symptom dafür, dass wir als Gesellschaft das Monströse, was in der Nazizeit passiert ist, gar nicht packen können und ein Stück weit verdrängen müssen. Es ist einfach zu viel fürs menschliche Fassungsvermögen“, sagt der Musiker im Gespräch mit SWR Kultur.

Regisseur Tom Tywker
Regisseur Tom Tykwer sagte Nikko Weidemann zur Musik von Babylon Musik: „Stell Dir vor, wie „Relax“ von Frankie goes to Hollywood 1928 geklungen hätte!“

Für Tom Tykwer ist die Zeit vor der Machtergreifung untererzählt

Über die Zeit zwischen 1933 und 1945 werde viel gesprochen, zum Beispiel im Schulunterricht. Tom Tykwer, der Regisseur von Babylon Berlin, finde aber, dass die Zeit vor der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten untererzählt sei. Dabei sei die besonders spannend: Deutschland, vor allem Berlin sei ein Zentrum für fortschrittliche Wissenschaft und Kunst gewesen.

Es war eine zugespitzte Zeit, die anders hätte ausgehen können: das Licht war ganz nah am Schatten.

Das alles erinnere uns auch ein Stück weit an die Gegenwart, obwohl er das nicht überstrapazieren wolle. „Dennoch hoffe ich, dass unsere Demokratie diesmal stärker ist“.

Bigband-Musik der 20er-Jahre

Die musikalische Umsetzung der Live-Musik in Babylon Berlin mit dem Moka Efti Orchester beschreibt Weidemann als spannende Aufgabe. Die Bigband-Musik der 1920er-Jahre sei ein Stiefkind der symphonischen Musik, aber eben auch die moderne Popmusik dieser Zeit gewesen: „Der Hot Jazz war in den 20er-Jahren das gleiche wie Techno oder House heute“.

Tom Tykwer habe ihm damals gesagt, man sollte in der Serie eine Musik erahnen lassen, wie sie hätte sein können, wenn die Nazis nicht gewonnen hätten. „Er sagte: stell Dir vor wie „Relax“ von Frankie goes to Hollywood 1928 geklungen hätte!“

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Bernd Lechler
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Nikko Weidemann