Am Schauspiel Stuttgart probt derzeit der ukrainische Regisseur Stas Zhyrkov mit dem Ensemble ein Stück über einen Nuklearschlag und seine Auswirkungen. Zhyrkov gilt als eine der wichtigsten künstlerischen ukrainischen Stimmen.
Seit Kriegsbeginn in der Ukraine inszeniert er vor allem im deutschsprachigen Raum. Zhyrkov befürchtet eine Kriegsgefahr für Europa. Für den 38jährigen bestimmen derzeit skrupellose Dealmaker die Weltgeschichte. Allen voran Donald Trump, den er für einen Diktator im noch demokratischen Amerika hält. Und der den russischen Präsidenten Putin in seiner Unberechenbarkeit völlig unterschätze.

Eine apokalyptische Vorstellung
Vor der Probebühne des Schauspiels Stuttgart sitzt das Ensemble um einen großen Tisch versammelt. Der ukrainische Regisseur Stas Zhyrkov versucht, deutlich zu machen, mit welcher Haltung die Gruppe spielen soll. Hauptsache überleben, alles andere sei egal, sie sollten durchdrehen, erst danach komme das Mitgefühl und alles weitere, erklärt Stas Zhyrkov den Schauspielerinnen und Schauspielern.
Sie proben für das Stück „Willkommen am Ende der Welt“, das Marina Smilianets, die ukrainische Hausautorin, am Schauspiel Stuttgart geschrieben hat. Darin geht es um einen bevorstehenden Nuklearschlag. Jeder versucht noch schnell wichtige Dinge zu erledigen. Dann finden sich alle in einem Bunker wieder. Eine apokalyptische Vorstellung.
Stas Zhyrkov sieht eine Kriegsgefahr für ganz Europa
„Es geht um die Geschichte der Menschheit“, erklärt Stas Zyhrkov. „Es ist nicht die erste Apokalypse auf der Erde. Es ist, als ob alles zurückkommt und sich im Kreis dreht. Es wird sehr intensiv sein. Außerdem möchte ich eine wirklich gute Brücke zum Publikum bauen. Ich habe die Schauspieler gebeten, wirklich hart daran zu arbeiten, dass das Publikum ein Teil dieser Aufführung wird. Schließlich werden wir alle in diesem Bunker sein.“
Stas Zhyrkov sieht sogar eine Kriegsgefahr für ganz Europa, in einer Welt, in der immer Populisten die Demokratie in Gefahr bringen. Seit der 38-Jährige sein Land verlassen hat, beschäftigt er sich auf der Bühne vor allem mit dem Schicksal seiner Heimat.
„Theater kann die Welt nicht verändern“, sagt Stas Zhyrkov. Er hofft, mit seinen aufwühlenden, aber oft auch humorvollen Inszenierungen trotzdem etwas zu bewirken: „Diese Idee, dass vielleicht drei, fünf, zehn Leute nach der Vorstellung etwas in ihren Köpfen verändert haben, das gibt mir die Möglichkeit, Theater zu machen.“
„In 10 oder 20 Jahren werden wir an eine völlig andere Welt glauben“
Für Stas Zhyrkov bestimmen derzeit skrupellose Dealmaker die Weltgeschichte. Allen voran Donald Trump, den er für einen Diktator im noch demokratischen Amerika hält und der den russischen Präsidenten Putin in seiner Unberechenbarkeit völlig unterschätze.
„Ich denke, in den nächsten 10, 20 Jahren werden wir an eine völlig andere Welt glauben“, sagt Zhyrkov, „mit völlig anderen Vorstellungen von Moral. Es ist eine schwierige Zeit. Und jetzt ist die Frage für die starken Länder in Europa, was sie damit anfangen sollen.“
Hoffen auf Frieden, um wieder träumen zu können
Das Schicksal der Ukraine solle Europa aufrütteln, so Stas Zhyrkov, der im März 2022 aus seiner Heimat floh, weil seine Wohnung von einer Bombe zerstört wurde. Damals leitete er das Left Bank Theatre in Kiew – eine der innovativsten Bühnen im Land. Schon früh knüpfte er Kontakte zu deutschen Theatern, die ihn daraufhin einluden.
Vom zuständigen Ministerium bekam er die Genehmigung, auszureisen. Seither gilt er als wichtige künstlerische Stimme aus der Ukraine an deutschsprachigen Bühnen. Für sein Land sieht er nur Hoffnung, wenn es in eine starke europäische Verteidigungsarchitektur gegenüber Russland eingebunden werde. Derzeit lebe er nur im hier und jetzt, sagt er, – und hoffe auf Frieden, um wieder träumen zu können.
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