Das Eröffnungs-Stück „Aurora Negra“ war nicht nur ein beeindruckender Auftakt des diesjährigen „Adelante“-Festivals, sondern auch eine starke inhaltliche Setzung. Bis zum 10. Februar sind hier zwölf Gastspiele zu sehen, die spannende Einblicke in die Theaterszenen Lateinamerikas und Portugals bieten.
Drei junge Frauen erzählen ihre Geschichte
Die leere Bühne ist in dunkelblaues Licht getaucht, Nebelschwaden verhüllen den Raum. Im Bühnenhintergrund erkennt man langsam ein überdimensionales weibliches Gesicht. Drei Frauen treten auf und stimmen ein Gebet an, bitten eine Mutter um Halt, Kraft und Zuversicht.
Mit dieser eindrucksvollen Zeremonie beginnt das Theaterstück „Aurora Negra“, zu deutsch: „Schwarze Morgenröte“, eine Produktion aus Portugal.
Drei junge Frauen erzählen ihre Geschichte: von der Flucht aus Afrika, ihrem Ankommen in der neuen Heimat Portugal, ihren Wünschen, ihren täglichen Kämpfen – der Suche nach ihrer Identität, nach einer Verbindung zu den Wurzeln ihrer Vorfahren in Afrika.
Der Rassismus raubt den Atem
Doch mitten in ihrer Erzählung werden sie unterbrochen, von einer Stimme aus dem Off, einer Art Regisseurin.
Sie erklärt den jungen Frau, dass sie ihre Geschichte anders erzählen sollen, dramatischer, emotionaler und dass sie doch bitte schön tanzen sollen – wild und animalisch und dabei solche urtümlichen Kriegsgesänge anstimmen sollen – wie sie das eben „zu Hause“ so machen würden.
Erst wird im Publikum noch gelacht, dann nimmt diese Übergriffigkeit und der krasse Rassismus allen im Saal den Atem.
Standing Ovations vom Publikum
Die jungen Frauen sind erst fassungslos, dann wütend und sie erobern sich die Bühne zurück.
Und ernten dafür vom Publikum begeisterte Standing Ovations!
„Aurora Negra“ war ein beeindruckender Auftakt des „Adelante“-Festivals in Heidelberg und eine starke inhaltliche Setzung. Denn damit wurde von Anfang an klargestellt, dass es bei dem Iberoamerikanischen Gastspielen eben nicht darum geht, scheinbar „Exotisches“ zu präsentieren.
Vielfältiges Programm
Bei der Auswahl der Gastspiele werden im Vorhinein keine festen Kriterien bestimmt. Man will offen sein, für das, was man vor Ort in den unterschiedlichen Ländern Lateinamerikas sieht und findet und nichts Spezielles für das deutsche Publikum suchen.
Doch es kristallisieren sich immer wieder Themenschwerpunkte heraus, erklärt Ilóna Goyenétsche vom Goethe-Institut Mexiko, die als Kuratorin für das Adelante-Festival arbeitet.
So kann man auf dem Festival von der Performance, über Dokumentartheater bis hin zu Klassikeradaptionen alles erleben und dabei interessante Einblicke in die aktuellen Theaterszenen von Chile bis Mexiko bekommen. Eine gute Gelegenheit, den eigenen Blick zu erweitern und neue Perspektiven einzunehmen.
¡Adelante! - Iberoamerikanisches Theaterfestival vom 3. bis 10. Februar 2024 in Heidelberg