Keine Sonderstellung, sondern Gleichbehandlung
Die Darsteller*innen mit und ohne Beeinträchtigung erwarten zum Beispiel professionelle Berichterstattung und korrekte Kritiken – wie alle anderen Kulturschaffenden auch.
Jonas Sippel, Schauspieler mit Down-Syndrom, im Gespräch bei SWR2:
Das sei lange nicht selbstverständlich gewesen, sagt Festivalleiter Andreas Meder: „Wenn ein Theater wie das RambaZamba eingeladen wurde zum Festival des Politischen Theaters, dann wurde gleich ein Sonderpreis geschaffen, um sie auszeichnen zu können, aber gleichzeitig nicht die eigenen Regularien in Frage zu stellen.“
Theater wird insgesamt diverser
Mittlerweile sind Inszenierungen mit Menschen mit Beeinträchtigung mehr zur Normalität geworden. Im Ensemble des Theaters Reutlingen beispielsweise gibt es mehrere Darsteller*innen mit Behinderung.
Am Pfalztheater Kaiserslautern entstehen Tanz-Produktionen von und mit Hörbehinderten. Die rheinland-pfälzische Landesmusikakademie fördert ein inklusives Musizierensemble.
Die TanzKompanie in Esslingen bringt Tänzer*innen mit und ohne Beeinträchtigung zusammen. Die „tanzbar_bremen“ hat als deutschlandweit erste Kompanie Arbeitsplätze für ein inklusives Team geschaffen.
Grenzen verschwinden
Aber auch das klassische Theater habe sich weiterentwickelt, sagt Andreas Meder. Zum Beispiel dank der Arbeit von „Rimini Protokoll“. Die Performance-Gruppe hat es sich zur Aufgabe gemacht, so genannte Experten des Alltags auf die Bühne zu bringen, etwa Menschen mit Tourette-Syndrom.
Oder – wie in der aktuellen Inszenierung „Der kaukasische Kreidekreis“ – Darsteller*innen mit geistiger Beeinträchtigung. Solch ein Theaterabend locke laut Andreas Meder auch das durchschnittliche Abo-Publikum zu „Grenzenlos Kultur“.
Ähnlich ist es bei einer Inszenierung von Star-Regisseur Leander Haußmann. Er hat gemeinsam mit dem Berliner Theater RambaZamba „Einer flog übers Kuckucksnest“ erarbeitet.
„Bei diesen Inszenierungen ist mittlerweile auch das Publikum vielfältiger“, stellt Andreas Meder fest. Aufführungen ohne klangvolle Namen würden aber nach wie vor hauptsächlich von denjenigen besucht, die ohnehin Berührungspunkte mit beeinträchtigten Menschen haben.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Mittlerweile können Menschen mit Beeinträchtigung in künstlerischen Berufen Geld verdienen. Dies war lange undenkbar.
Überflüssig gemacht, so der ursprüngliche Plan, habe sich ein Festival wie „Grenzenlos Kultur“ aber noch nicht, sagt Andreas Meder: „Inklusives Theater hat einen Eigenwert und sollte nicht einfach aufgehen in der großen Kulturlandschaft. Gleichzeitig wünsche ich mir, dass Inszenierungen mit behinderten Menschen noch selbstverständlicher werden.“
Inklusives Theater habe eine ganz eigene Kraft, so Andreas Meder. Die müsse erhalten und noch weiter verbreitet werden.