Das Kino von Marco Bellocchio ist eine kritische Reflexion über Macht und Mächtige. In seinem neuen Film geht es um die katholische Kirche und die wahre Geschichte eines Kinderraubs 1857 in Bologna. Ein kleiner jüdischer Junge wird aus seiner Familie entführt und einer Gehirnwäsche unterzogen – eine unfassbare, aber wahre Geschichte.
Kindesentführung im Namen der katholischen Kirche
Ein grausames Verbrechen: Ein kleiner Junge wird entführt und der Familie für alle Zeiten weggenommen. Unglaublich aber wahr, und ganz im Einklang mit den formalen Prinzipien der scholastischen Kirchenjustiz des 19. Jahrhundert.
Alles beginnt im Jahr 1857. Die Universitätsstadt Bologna in Nordostitalien gehört zum damals noch unabhängigen Kirchenstaat und wird von Papst Pius IX. regiert. „Die Bologna-Verschwörung“ spielt zwischen der Zeit der absoluten Macht des Papstes und seinem Niedergang und Tod im Jahr 1878.
Jahrelange gewaltsame Gehirnwäsche
Der italienische Meisterregisseur Marco Bellocchio hat sich in seinem neuen Film ein denkwürdiges Kapitel der katholischen Kirche vorgenommen: Die wahre Geschichte der Entführung des jüdischen Jungen Edgardo Mortaras. Der formale Vorwand dafür war, dass das Kind von seiner Amme getauft wurde, um nicht in der Vorhölle der Gerechten zu landen, wo die Unbekehrten schmoren müssen. Der Junge wird vom Vatikan einer jahrelangen gewaltsamen Gehirnwäsche unterzogen.
Am Ende ist er als Erwachsener ein fundamentalistischer katholischer Priester – und weist seine Familie zurück, als diese ihn zu seinen jüdischen Wurzeln zurückkehren lassen will. Es geht also um den Wahn, der ein Teil jeder Religion ist und die Brutalität des Glaubens im Alltag zeigt.
In einem wichtigen Moment des Films wird das Kind Edgardo vom Papst gezwungen, mit seiner Zunge drei Kreuze auf den Boden einer Kirche zu malen. Bellocchio stellt die Frage, ob man das Bewusstsein eines Kindes neu programmieren kann.
Spannender und beklemmender Film
Das ist, wie das Thema Antisemitismus, höchst aktuell. Bellocchio verfilmt seine Geschichte mit großer visueller und dramatischer Kraft, als ob die dunkle Seite der alten inquisitorischen Machthebel innerhalb der Kirche ans Licht gebracht werden müsste.
Das Ergebnis ist ein vernichtendes kritisches Portrait der fundamentalistischen Barbarei innerhalb der katholischen Kirche. Bellochio erzählt von einem Stockholm-Syndrom im 19. Jahrhundert, in dem ein Opfer die Moral seiner Unterdrücker übernimmt. Ein spannender, beklemmender Film.
Trailer „Die Bologna-Entführung“, ab 16.11. im Kino
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