Am 24. Februar 2024 jährt sich der Überfall Russlands auf die Ukraine zum zweiten Mal – doch die Ukraine befindet sich schon sehr viel länger im Krieg: Seit vor über zehn Jahren die Menschen auf dem Maidan für eine unabhängige Ukraine und eine Neuausrichtung Richtung Europa demonstrierten und Russland daraufhin Truppen entsandte. Die ARD-Korrespondenten Birgit Virnich und Vassili Golod blicken in der Dokumentation „10 Jahre Krieg – Wie die Ukraine für die Freiheit kämpft“ zurück.
Einzelschicksale illustrieren das große Ganze
Co-Autor Vassili Golod berichtet im SWR2-Interview von Begegnungen mit Menschen in der Ukraine, etwa mit einem Rapper, der damals auf dem Maidan den Rücktritt der Regierung forderte, mit einem Chefarzt, der angesichts des ständigen Leidens und Sterbens selbst an Depressionen erkrankte, oder mit der Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwitschuk, die fordert, dass Regierung und politische Elite in Russland zur Verantwortung gezogen werden müssen.
Sie alle eine, so Golod „ihre Überzeugung, dass sie in Freiheit, in einer Demokratie und selbstbestimmt leben wollen. Sie alle eint die Überzeugung, dass sie sich nicht dem Druck einer imperialistischen Diktatur beugen wollen.“
Unterschiedliche Lasten, gemeinsames Ziel
Zugleich zeigt Golods Dokumentation auch, welche Spannungen der Krieg in der ukrainischen Gesellschaft auslöst. Etwa in der Frage der Wehrgerechtigkeit: „Es gibt Soldaten, die seit mehr als 700 Tagen kämpfen, und andere, die bisher den Wehrdienst umgangen sind.“
Das, so der ARD-Journalist, führe zu Diskussion darüber, wie sich die Belastungen durch den Krieg gerechter verteilen ließen, oder wie gewährleistet werden könne, dass die Kämpfer vor einem Fronteinsatz eine fundierte militärische Ausbildung erhielten.
Zehn Jahre nach Kriegsbeginn zeigen Golod und seine Co–Autorin Virnich, „wie sehr dieser Krieg ins Leben aller Menschen eingedrungen ist und wie sehr den Menschen auch wichtig ist, Gerechtigkeit wieder herzustellen“.
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