Es ist eines der politischen Themen der 74. Berlinale: die Rückgabe kolonialer Raubgüter an afrikanische Staaten. Im Wettbewerb zeigt Mati Diop ihre Doku „Dahomey“ über die Rückführung von Artefakten an das Königreich Benin. Eine weitere Doku, „Das leere Grab“, läuft in der Sektion „Berlinale Special“. Beide Filme machen klar: Vor Europa und Afrika liegt noch ein sehr langer Weg.
Seit über 100 Jahren Trauer
Der Besuch am Grab der Vorfahren ist ein wichtiges Ritual in Tansania. Doch statt der traditionellen 40 Tage trauert die Familie Mbano schon seit über hundert Jahren um ihren Urgroßvater Nduna Songea Mbano. 1906 ermordeten ihn die deutschen Kolonialherren im Zuge des Majimaji-Aufstands im damaligen Deutsch-Ostafrika. Seinen Schädel nahmen sie mit nach Deutschland. Ein Fall unter tausenden in Tansania, sagt Cece Mlay, Regisseurin der Kinodoku „Das leere Grab“.
Europäische Museen werden dialogbereiter
Für den Film hat das deutsch-tansanische Regie-Duo Cece Mlay und Agnes Lisa Wegner zwei Familien aus Tansania auf der Suche nach den sterblichen Überresten ihrer Vorfahren begleitet. Auch heute noch lagern kistenweise Gebeine aus Afrika in den Kellern der ethnologischen Museen Europas.
Lange wurde darüber schamvoll geschwiegen. Doch seit einigen Jahren zeigten sich die Museen dialogbereiter, so Agnes Lisa Wegner. Und auch im Umgang mit den menschlichen Gebeinen seien sie inzwischen sensibler.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier entschuldigte sich
Im Lauf der Recherche hat das Projekt viel an politischer Aufmerksamkeit gewonnen. Sogar Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte das Grab von Nduna Songea Mbano und entschuldigte sich für die deutschen Gewalttaten. Dennoch fühlen sich die tansanischen Familien von der Politik nicht gehört.
Geraubte Kunstwerke kehren zurück in ihre Heimat
Welche Fragen auftauchen, wenn die Rückgabe von kolonialem Raubgut tatsächlich vollzogen wird, beobachtet die senegalesisch-französische Regisseurin Mati Diop in ihrer Wettbewerbsdoku „Dahomey“. Sie begleitet 26 geraubte Kunstwerke aus einem Pariser Museum auf dem Weg zurück ins Königreich Benin, ehemals Dahomey. Als sie dort ankommen, feiern die Menschen in traditionellen Gewändern am Straßenrand.
Diese Kunst hat eine enorme Wichtigkeit, das wird vom ersten Moment an klar. Aber auch, dass das nur ein Anfang sein kann. In einer Szene diskutieren Studierende heftig darüber, ob Benin dankbar dafür sein muss, dass Frankreich nun 26 von geschätzt 7.000 geraubten Artefakten restituiert hat.
Lücken im kulturellen Gedächtnis Afrikas
Zwei Filme, die, aus afrikanischer Perspektive erzählt, klar machen, was diese gewaltsam gerissenen Lücken im kulturellen Gedächtnis eines Landes bedeuten: dass den ehemaligen Kolonien mit den Objekten zugleich ihre Geschichte, ihr Stolz und ihr Selbstverständnis als Nationen geraubt wurde.
Afrika kann nicht frei sein, bevor nicht all seine Objekte aus Europa befreit sind, heißt es an einer Stelle in „Dahomey“. Klingt, als liege vor beiden Kontinenten noch ein sehr langer Weg.
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