Das Lesen befindet sich unter den Top 10 der beliebtesten Hobbys in Deutschland. Ob zuhause auf dem Sofa, in der Bahn oder im Café – gelesen wird meistens allein. Aktuelle Trends zeigen jedoch, dass sich das Leseverhalten der Buchbegeisterten ändert.
Immer mehr Buchclubs, Lese-Cafés oder Picknick-Lesetreffen werden gegründet. Online gibt es mittlerweile zahlreiche sogenannte Social-Reading-Plattformen, deren User-Zahlen immer weiter steigen und das Lesen zu einem neuen Erlebnis machen.
Analoge vs. digitale Lesekreise
Die Idee analoger Lesekreise sieht oftmals so aus: Menschen lesen ein Buch, das vorher ausgewählt wurde. Sie treffen sich anschließend an einem Ort und reden über das Gelesene. Oder aber es wird sich getroffen, zum Beispiel in einem Café, um nebeneinander zu lesen – zwar nicht ganz einsam, dafür aber doch wieder jede*r für sich.
Dem Austausch im Netz sind dagegen keine Grenzen gesetzt. Überall, wo Kommunikation stattfindet, kann über Literatur gesprochen und geschrieben werden. Mittlerweile gibt es einige Plattformen, die speziell auf Literatur-Inhalte ausgerichtet sind. Sei es als Inspirationsquelle, als Tracking-Methode des eigenen Leseverhaltens oder im Sinne der Nachhaltigkeit – wir stellen verschiedene Plattformen vor, auf denen das Teilen der gemeinsamen Leseleidenschaft im Vordergrund stehen.
Goodreads – Social Media für Bücherliebende
Was Strawa für Läuferinnen und Letterboxd für Kino-Besucher darstellt, ist Goodreads wahrscheinlich für viele Lesende. Die Plattform gilt mit mehr als 150 Millionen Mitgliedern weltweit (Stand 2023) als die größte englischsprachige in diesem Bereich.
Auf Goodreads können Benutzende nicht nur das eigene Leseverhalten und die Fortschritte tracken, ein virtuelles Bücherregal erstellen oder sich Lese-Challenges setzen. Auch der Community-Aspekt spielt eine sehr große Rolle: Sehen, was Freund*innen lesen, Autor*innen folgen, sich über Neuerscheinungen austauschen und durch die News-Seite browsen.
Einen mindestens genauso großen Anteil der Plattform machen die Bewertungen und Rezensionen der Bücher aus. Seit Goodreads im Jahr 2013 von Amazon gekauft wurde, hat das Unternehmen durch die hohe Anzahl an Rezensionen fast schon eine Monopolstellung in diesem Bereich inne und somit – zusätzlich mit den Unmengen an Daten, die das Unternehmen über das Leseverhalten seiner User sammelt – großen Einfluss auf den Online-Buchhandel.
The StoryGraph – Unabhängige Alternative zu Goodreads
Doch die Kritik an Goodreads wird größer, zum Beispiel beim Thema Datenschutz. Deshalb erlebt die konzernunabhängige Plattform The StoryGraph einen ersichtlichen Aufschwung. 2019 wurde die „Black Woman-Founded Reading Platform“ („von einer Schwarzen Frau gegründete Leseplattform“) gelauncht und zählte Ende 2023 ca. 2 Millionen User. Während Goodreads, LovelyBooks, TikTok und Co. sich über personalisierte Werbeanzeigen finanzieren, bietet The StoryGraph Premium-Mitgliedschaften an.
Die Funktionen sind ähnlich. Im Vergleich zu Goodreads setzt The StoryGraph jedoch weniger auf den Vernetzungs-Aspekt, dafür aber mehr auf grafische und statistische Darstellungen zum eigenen Leseverhalten. So lässt sich zum Beispiel in einem Tortendiagramm sehen, unter welchen Genres sich die gelesenen Bücher befinden und welche Stimmungen oder Themen am häufigsten durch die eigenen Lektüren abgebildet werden.
LovelyBooks – Deutsches Pendant zu Goodreads
LovelyBooks gilt mit 1,9 Millionen monatlichen Usern als deutsches Pendant zu Goodreads und ist vergleichbar aufgebaut. Neuerscheinungen, Bücher in bestimmten Themen-Kategorien oder Charts sind übersichtlich aufgelistet. Der Vernetzungsgedanke spielt bei LovelyBooks eine große Rolle. In beigetretenen Communities kann sich ausgetauscht und an Live-Veranstaltungen teilgenommen werden. Auch diese Plattform steht unter dem Dach eines Konzerns, nämlich des Buchhandlungsriesen Hugendubel.
Viele deutsche Verlage, Autorinnen und Autoren nutzen dieses soziale Netzwerk für Buchliebhabende, um Communities mit ihren Neuerscheinungen zu erreichen. Die Verlage schicken einzelnen ausgewählten Mitgliedern Leseexemplare zu und erhoffen sich dadurch positive Rezensionen und eine Verbreitung über LovelyBooks hinaus.
BookTok – Abtauchen in Bücherwelten
Es mag manchen bereits aufgefallen sein: Einige Buchhandlungen schmücken sich neuerdings mit eigenen BookTok-Regalen oder -tischen, auf denen die meistbesprochenen Bücher von TikTok zu finden sind. Sogar eigene BookTok-Bestsellerlisten werden erstellt und seit letztem Jahr die TikTok Book Awards im Rahmen der Frankfurter Buchmesse verliehen.
Es ist also nicht schwer zu erkennen, welchen Einfluss dieses soziale Medium aktuell auf den Buchhandel hat und welchen großen Platz dieser Bereich auf der Plattform TikTok selbst einnimmt.
BookTok-Phänomen Colleen Hoover – Romantische Bestseller für Millionen
BookTok dient im Vergleich zu den zuvor genannten Plattformen zwar weniger als virtuelles Bücherregal, stellt dafür aber eine große Inspirationsquelle dar. BookToker halten ein Buch in die Kamera, über das sie ausführlicher sprechen, stellen alle Bücher, die sie innerhalb eines Monats gelesen haben vor oder geben beispielsweise zehn Buchempfehlungen, um in Herbststimmung zu kommen. Buch-Besprechungen auf TikTok können ganz unterschiedlich aussehen – Hauptsache kreativ und kurzweilig.
Besonders junge Lesende, die sich für die Genre New Adult und Fantasy interessieren, werden auf BookTok angesprochen. TikTok ist zudem für seinen überaus gut funktionierenden Algorithmus bekannt.
Das bedeutet, einmal ein Video bis zum Ende angeschaut, werden kurz darauf zahlreiche ähnliche Videos angespült und es lässt sich wunderbar in einer ganzen Welt abtauchen. Das bedeutet auch, dass Bücher, die bisher wenig Aufmerksamkeit erhalten haben, durch BooktTok schnell verbreitet und zu einem Hype werden können.
Buchbaum – Nachhaltigkeit und Teilen im Vordergrund
Einen ganz anderen Ansatz verfolgt hingegen die Plattform Buchbaum. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit und des Teilens geht es hier nicht darum, den Buchhandel anzutreiben (wie das zum Beispiel bei Goodreads oder Booktok der Fall ist), sondern gelesene, gebrauchte Bücher weiterzugeben oder zu tauschen.
Bücher, die man nicht mehr besitzen möchte, können auf Buchbaum hinzugefügt und schließlich von anderen angefragt und bestellt werden. Wurde das Buch anschließend verschickt, gibt es Punkte, mit denen man sich im Gegenzug selbst ein anderes Buch bestellen kann. So werden nicht nur Ressourcen geschont, sondern es entsteht ein Kreislauf des Buch-Tauschs, ein Geben und Nehmen zwischen Buchliebhaber*innen.
Oldschool Variante: Bücherschrank
Ganz klassisch lassen sich natürlich nach wie vor die vielen Bücherschränke nutzen, die in Städten, Parks oder an Bushaltestellen zu finden sind. Von Ballast befreien oder einen unverhofften Schatz finden – Bücherschränke sind sowohl eine nachhaltige und soziale Möglichkeit und können einige Überraschungen bereithalten.
Wer weiß, vielleicht verstecken sich in dem einen oder anderen Exemplar auch hinterlassene Botschaften – eine Möglichkeit, um Leseerfahrungen ganz anonym zu teilen.