„Wir schon wieder. 16 jüdische Erzählungen“ – so heißt ein Band, den Dana von Suffrin gerade im Rowohlt Verlag herausgegeben hat. Die Herausgeberin stellt sich vor, wie ihre 16 Autorinnen und Autoren in einem Hinterzimmer sitzen und sich streiten.
Alle 16 Autoren und Autorinnen sind sie jüdisch sozialisiert. Mit dabei sind unter anderem Elfriede Jelinek, Dana Vowinckel, Eva Menasse und Maxim Biller.
Einer der Schreibenden ist Journalist und Autor Dmitrij Kapitelman. In seinen Romanen „Eine Formalie in Kiew“ oder „Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters“ setzt er sich mit seiner jüdisch-ukrainisch-ostdeutschen Herkunft auseinander. In der Anthologie „Wir schon wieder“ schreibt er über 13 tote Nachbarinnen, denen er sich langsam angenähert hat.
13 tote Nachbarinnen im Berliner Scheunenviertel
In seinem Text begegnet Kapitelman dem Mahnmal mit einem Witz. Symbolisch als eine jüdische Überlebensstrategie, meint der Autor im Gespräch. Außerdem spricht der Schriftsteller mit Kristine Harthauer über den Krieg in Israel und Gaza, über Dana von Suffrins Text im Band, Kaffeesahne, die Aiwanger-Affäre, Ostdeutschland, die Ukraine und sein nächstes Buch, das im Februar erscheint.
SWR2 lesenswert Kritik Dmitrij Kapitelman: Eine Formalie in Kiew
Dmitrij Kapitelman erzählt humorvoll und zärtlich von seinem Versuch in seiner Heimatstadt Kiew ein Deutscher zu werden und sich dabei mit seinen Eltern auszusöhnen.
Hanser Verlag Berlin, 176 Seiten, 20 Euro
ISBN 978-3-446-26937-8
Zeitgenossen Dmitrij Kapitelman: „Ich bin Demokratiedeutscher“.
„Slawisches Mandarin“, so nennt Dmitrij Kapitelman in seinem Roman „Eine Formalie in Kiew“ die ukrainische Sprache. Er ist in Kiew geboren, träumt und spricht auf Russisch und Deutsch. Kapitelmans Geburtsstadt Kiew, die er im Roman als widersprüchliche und pulsierende Metropole beschreibt, ist plötzlich der Ort seiner Alpträume. Er fürchtet er um das Leben seiner Kindheitsfreunde.
Buchkritik Eva Menasse – Dunkelblum
Ein bitterironischer Provinzroman: „Dunkelblum“ erzählt von einer fiktiven Kleinstadt an der österreichisch-ungarischen Grenze, die im Wendejahr 1989 in den Strudel der Ereignisse gerät. Doch die Einwohner des Ortes sind vor allem mit sich selbst beschäftigt – und mit der Wiederkehr verdrängter NS-Geschichte. Geschickt und stilsicher erzählt bietet „Dunkelblum“ tiefe Einblicke in die labile Psyche des provinziellen Österreich.
Rezension von Jörg Magenau.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 528 Seiten, 25 Euro
ISBN: 978-3-462-04790-5
Buchkritik Maxim Biller – Mama Odessa
Maxim Biller, streitbarer Kolumnist und überaus produktiver Erzähler, hat eine Mutter-Sohn-Geschichte geschrieben, die ein Jahrhundert umfasst: „Mama Odessa“. Eine Geschichte zwischen sowjetischer Vergangenheit und bundesrepublikanischer Gegenwart. Wird dieser Roman wirklich Billers letzter sein, wie es angekündigt hat?
Kiepenheuer & Witsch, 240 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-462-00486-1
Buchkritik Maxim Biller – Der falsche Gruß
Ein Schriftsteller macht den Hitlergruß, er weiß selbst nicht genau warum. Die Suche nach den Ursachen führt tief in die deutsche Seele – Maxim Billers schmale Erzählung hat das Zeug, unser historisches Selbstverständnis gründlich durcheinanderzuwirbeln.
Rezension von Philipp Theisohn.
Kiepenheuer & Witsch Verlag, 128 Seiten, 20 Euro
ISBN: 978-3-462-00082-5
Platz 6 (37 Punkte) Dana Vowinckel: Gewässer im Ziplock
Margarita ist 15 Jahre alt. Sie wächst in Berlin auf; ihr Vater Avi leitet die Gebete in der Synagoge. Marsha, die Mutter, hat die Familie verlassen und lebt nun in Israel. Eine moderne, kosmopolitische Familiengeschichte.
Buchkritik Yevgeniy Breyger – Mitten im Krieg. Zwischen Frieden und Frieden. Eine poetische Bestandsaufnahme
Yevgeniy Breyger wohnt in Frankfurt und stammt aus Charkiw in der Ukraine. In seinem neuen Gedichtband „Frieden ohne Krieg“ spannt er den Bogen vom 2.Weltkrieg zum russischen Überfall der Gegenwart. Die Schriftstellerin Marjana Gaponenko meint: „Breygers Poesie ist in vollem Bewusstsein ihrer Verwundbarkeit. Außer ihrer unfassbaren Coolness, Aktualität und Anmut ist das eine ihrer Stärken.“
kookbooks Verlag, 80 Seiten, 24 Euro
ISBN 978-3-948336-18-9
Zur ganzen Sendung
lesenswert Magazin Alte Wunden und neue Erkenntnisse: Bücher, die aus der Vergangenheit lernen. Neue Bücher von Tommy Orange, Katja Oskamp, Roman Ehrlich u.a.
Reisen in die USA zum Ende des Vietnamkrieges, zu indigenen Stämmen, in eine Videothek der 90ern und mit Gesprächen zu jüdischen Erzählungen und der Büchergilde Gutenberg