Das politische Berlin war wenig begeistert über die Bilder
Der politische Untergang begann im Pool: Dort ging die Karriere des Rudolf Scharping baden, als die Klatschzeitschrift „Bunte“ am 23. August 2001 titelte: „Total verliebt auf Mallorca.“
Vier Fotos auf dem Cover zeigten den damaligen Bundesverteidigungsminister, wie er mit einer Frau im Pool planscht, er sie an den Hüften packt, hochhebt und sie von sich weg ins Wasser stößt.
Das politische Berlin war not amused und es wurde sofort vom „Badeunfall“ Scharpings gesprochen oder gewitzelt: „Rudi bin Baden“. Der damalige Chefreporter der „Bunten“ Paul Sahner erinnert sich: „Wir hatten damals die Geschichte gemacht; er im Pool mit seiner Gräfin Pilati. Das war kurz vor der Hochzeit. Und er ist unglaublich ironisch. Er ist für mich sogar einer der ironischsten deutschen Spitzenpolitiker je.“
Ein Paradebeispiel für misslungene PR
Die Öffentlichkeit hatte den Sozialdemokraten weniger ironisch in Erinnerung. Allerdings musste er damals nicht überredet werden, im Pool zu planschen.
Die bunten Bilder gelten als Paradebeispiel für misslungene PR. Eigentlich sollten die Fotos und die Homestory helfen, Scharpings Image aufzupolieren, denn der gebürtige Westerwälder galt als spröde und hölzern. Statt Imagepolitur brach eine Welle der Empörung über Scharping ein.
Deutsche Soldaten standen kurz vor einem gefährlichen Balkan-Einsatz in Mazedonien und hatten eine Urlaubssperre verordnet bekommen. Ihr Verteidigungsminister dagegen planschte im Pool.
Die Homestory entwickelte sich zur Affäre Scharping
Scharping musste zwar seinen Urlaub für zwei Tage unterbrechen, um an der Parlamentsabstimmung in Berlin teilzunehmen. Danach gings wieder zurück nach Mallorca. Das empörte die Opposition.
Kanzler Schröder hielt zu Scharping und ließ seinen damaligen Regierungssprecher Heye erklären: „Es geht hier darum, dass hier auf der einen Seite zwei erwachsene Menschen ihre Beziehung leben und leben können und leben müssen und auch leben können müssen sollen.“
Die Poolbilder als Sturm im Wasserglas. Von wegen. Die als harmlose Homestory gedachte Geschichte entwickelte sich zur Affäre Scharping, zumal plötzlich immer mehr Eigentümlichkeiten ans Licht kamen.
Im Juli 2002 war Schluss für Scharping
Das Verteidigungsministerium bestätigte, dass Scharping innerhalb weniger Monate im Jahr 2001 die Flugbereitschaft der Luftwaffe 50 Mal benutzt hatte, um von Berlin schnell nach Frankfurt zu Kristina Gräfin Pilati-Broggreve zu kommen.
Dabei stand Scharping bereits ein Jahr zuvor schon einmal wegen einer Flugaffäre unter Druck, weil er Dienstflugzeuge genutzt haben soll, um zu seiner Verlobten Gräfin Pilati nach Mallorca zu fliegen.
Noch fast ein Jahr konnte sich Scharping als Verteidigungsminister halten. Dann geriet der SPD-Politiker wegen eines umstrittenen Beratervertrages mit dem PR-Agenten Hunzinger unter Beschuss. Am 18. Juli 2002 war dann Schluss.
Die Ehe wurde 2018 geschieden
Kanzler Schröder feuerte seinen Genossen: „Meine Damen und Herren, ich werde den Herrn Bundespräsidenten bitten, Rudolf Scharping aus dem Amt des Bundesverteidigungsministers zu entlassen. Die notwendige Basis für eine gemeinsame Arbeit in der Bundesregierung ist nach meiner Auffassung nicht mehr gegeben.“
Im April 2003 heirateten Gräfin Pilati und Rudolf Scharping heimlich in Frankfurt. Das Glück währte 13 Jahre. 2016 gaben beide ihre Trennung bekannt. Rudolf Scharping und seine Gräfin ließen sich im April 2018 scheiden.
Erste Urwahl in der SPD: Scharping wird Parteichef
14.6.1993 | Eine Urwahl soll entscheiden, wer den SPD-Vorsitz übernimmt. Zur Wahl stehen: der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Rudolf Scharping, sein Amtskollege aus Niedersachsen, Gerhard Schröder – später wird er Bundeskanzler – und die hessische Bundestagsabgeordnete Heidemarie Wieczorek-Zeul. Die meisten, nämlich 40 Prozent der Stimmen, bekommt am 14.6.1993 Rudolf Scharping.
1994 wird Rudolf Scharping Kanzlerkandidat der SPD, doch ohne Erfolg. Die SPD verliert die Bundestagswahl 1994. Die Stimmung kippt, die Unzufriedenheit mit Scharping wächst. 1995 tritt Oskar Lafontaine auf dem legendären Parteitag in Mannheim gegen ihn an und löst Scharping als SPD-Chef ab.
16.11.1995 Lafontaine tritt gegen Scharping an und gewinnt
16.11.1995 | Erst eine charismatische flammende Rede halten, dann gegen den amtierenden Parteichef kandidieren – so hat Oskar Lafontaine innerhalb eines Parteitags Rudolf Scharping vom SPD-Vorsitz verdrängt. Zwei Jahre lang hat Scharping die SPD geführt, und er war ja von der Basis in einer Urwahl gewählt worden! Doch inzwischen ist die Unzufriedenheit ist groß. Und so kommt es in Mannheim zu einer für Rudolf Scharping schmerzhaften Sensation.